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Polens Verfassungsgerichtschef unter Druck

18. August 2016

Der Streit um die Unabhängigkeit des polnischen Verfassungsgerichts geht in eine neue Runde. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen den Vorsitzenden des Tribunals eingeleitet.

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Andrzej Rzeplinski Präsident Verfassungsgericht in Polen
Bild: picture-alliance/AP Photo/A. Keplicz

Der Vorsitzenden des polnischen Verfassungsgerichts, Andrzej Rzeplinski, wird vorgeworfen, seine Befugnisse überschritten zu haben, wie die polnische Staatsanwaltschaft meldete. Anlass der Ermittlungen sei die Strafanzeige eines von drei Verfassungsrichtern, die von der rechtskonservativen Mehrheit des Parlament ernannt worden waren. Rzeplinski hatte sie jedoch mit der Begründung von den Sitzungen fern gehalten, ihre Nominierung sei nicht verfassungskonform.

Abweisung von Gesetzen

Die polnische Nachrichtenagentur PAP zitierte Rzeplinski mit den Worten: "Wenn ich es richtig verstehe, handelt es sich um den unbeholfenen Versuch, sich in die Unabhängigkeit der Judikative einzumischen." Vergangene Woche hatte das Verfassungsgericht die meisten von der Regierung vorgelegten Gesetzesregelungen zur Arbeitsweise des obersten Gerichts zurückgewiesen. Das Gesetz greife unter anderem in die Ernennung der Richter ein, könne die Arbeit des Gerichts blockieren und mache Vorgaben bei der Terminplanung, sagte Rzeplinski.

Im Streit um die Beschneidung der Befugnisse des Verfassungsgerichts hatte die EU-Kommission Warschau Ende Juli ein Ultimatum gestellt. Die polnische Regierung hat demnach drei Monate Zeit, um die von ihr erlassenen Regelungen für das Verfassungsgericht zu ändern. Andernfalls sind Strafmaßnahmen möglich, die bis zum Entzug von Stimmrechten reichen können. Die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Jaroslaw Kaczynski sieht das Verfassungsgericht als Hort der liberalen Opposition an.

Streit mit der EU

Die EU-Kommission hatte im Falle Polens Mitte Januar erstmals überhaupt eine Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in einem Mitgliedstaat eingeleitet. Brüssel wirft der Warschauer Regierung vor, rechtswidrig die Ernennung mehrerer Verfassungsrichter rückgängig gemacht, die Unabhängigkeit des Gerichts eingeschränkt und seine Beschlüsse missachtet zu haben.

cr/stu (dpa, afp)