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Polen schwächt Gesetz zu Verfassungsgericht ab

8. Juli 2016

Das polnische Parlament hat ein neues Gesetz verabschiedet, mit dem der Streit mit der EU über eine umstrittene Justizreform entschärft werden soll. Für Regierungsgegner sind die Änderungen kaum mehr als Kosmetik.

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Das Parlament in Warschau (Foto: Picture-alliance)
Bild: picture-alliance/NurPhoto/M. Wlodarczyk

Die rechtskonservative Regierungspartei PiS hatte das neue Gesetz zum Verfassungsgericht ins Unterhaus eingebracht. Es soll eine Regelung ersetzen, die das Parlament im Dezember beschlossen hatte und die das Verfassungsgericht erheblich schwächt. Für die Nachbesserung stimmten nun nach stürmischer Debatte 238 Abgeordnete bei 173 Gegenstimmen. Mit ihrer absoluten Mehrheit schmetterte die Fraktion der PiS die mehr als 40 Änderungsvorschläge der Opposition allesamt ab. Die Vorlage muss noch vom Senat, in dem die PiS ebenfalls dominiert, und vom Präsidenten bestätigt werden.

Die nationalkonservative Regierung in Warschau möchte mit der Neufassung den Konflikt mit der EU-Kommission entschärfen. Wegen der Justizreform und einer Medienreform, mit der sich die polnische Regierung die Kontrolle über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sicherte, hatte die EU im Januar ein Verfahren zur Prüfung der Rechtsstaatlichkeit in Polen eingeleitet. Zudem hatte es Demonstrationen gegen den Vorstoß gegeben.

Obama trifft Duda

Es dürfte auch kein Zufall sein, dass das Parlament das neue Gesetz kurz vor dem wichtigen NATO-Gipfel in Warschau beschlossen hat. An diesem Freitag will US-Präsident Barack Obama am Rande des Gipfels mit seinem polnischen Kollegen Andrzej Duda zusammenkommen. Dabei wird er nach Ansicht von Beobachtern auch die Justizreform ansprechen.

Das neue Gesetz sieht unter anderem einen Verzicht auf eine Zweidrittelmehrheit für gültige Gerichtsbeschlüsse vor. Künftig soll dazu eine einfache Mehrheit genügen. Zudem wird nun die Zahl der Richter, die bei Beschlüssen anwesend sein müssen, von 13 auf elf reduziert. Ferner wurde festgelegt, dass alle vor dem Gericht derzeit anhängigen Verfahren nach dem Inkrafttreten des Gesetzes neu begonnen werden müssen.

Gericht gezielt gedrosselt?

Kritiker und die Opposition sehen die Arbeit des Gerichts dennoch weiter als gelähmt an. Sie kritisieren vor allem, dass es in diesem Zuschnitt keine wirksame Machtkontrolle ausüben könne. So muss das Gericht die Verfahren wie in der ersten Fassung chronologisch abarbeiten statt nach ihrer Wichtigkeit. Bis es die umstrittenen Reformen der PiS beraten kann, könnten daher noch Jahre vergehen.

Die liberalkonservative Bürgerplattform kündigte an, beim Verfassungsgericht Beschwerde gegen das Gesetz einlegen zu wollen, falls es in dieser Form auch von der Senatskammer verabschiedet und vom Präsidenten verabschiedet wird. Die oppositionelle Abgeordnete Kamila Gasiuk-Pihowicz sagte: "Wir befassen uns mit dem Ende der Demokratie. Die Polen müssen vor ihrem Staat Angst haben." Menschenrechtsgruppen hatten die Novelle bereits vor der Abstimmung kritisiert. "Nach diesem Gesetz sind wir eher näher an Weißrussland und Kasachstan", sagte Adam Bodnar, der Ombudsmann für Bürgerrechte.

kle/qu (afp, dpa, rtre, ape)