Erdogan gratuliert Aserbaidschan zu "historischem Erfolg"
Veröffentlicht 25. September 2023Zuletzt aktualisiert 25. September 2023Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew zu der Eroberung Berg-Karabachs gratuliert. Der aserbaidschanischen Armee sei ein "historischer Erfolg" gelungen, sagte Erdogan bei seinem Besuch in der aserbaidschanischen Exklave Nachitschewan der Nachrichtenagentur Anadolu zufolge.
Mit der Unterstützung der Türkei leite man die regionalen Entwicklungen in die richtige Richtung, sagte Alijew. Zugleich sicherte er den Armeniern in Berg-Karabach zu, ihre Rechte zu respektieren. Er betonte: "Trotz der Ereignisse vor fünf Tagen haben wir damit begonnen, humanitäre Hilfe in die Region Karabach in Aserbaidschan zu schicken." Es seien Treibstoff, Lebensmittel und Medikamente geliefert worden", so Alijew. Auch Russland - traditioneller Unterstützer Armeniens - erklärte, dass die Rechte der Einwohner von Berg-Karabach respektiert würden.
Doch Armenien zweifelt inzwischen an der Schutzmacht aus Moskau, da die um Berg-Karabach stationierten russischen Einheiten die Aserbaidschaner zuletzt gewähren ließen. Die Vorwürfe von Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan wies der Kreml zurück: "Wir weisen Versuche kategorisch zurück, eine Verantwortung der russischen Seite und den russischen Friedenstruppen (in Berg-Karabach) zuzuweisen", erklärte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. "Armenien bleibt unser Verbündeter", betonte er. Die Gespräche mit Eriwan würden auch "in diesen schwierigen Tagen" fortgesetzt.
Massiver Anstieg der Flüchtlingszahlen aus Berg-Karabach
Vier Tage nach dem Waffenstillstand in Berg-Karabach flüchten immer mehr armenische Bewohner des aserbaidschanischen Gebiets nach Armenien. Die Führung der Armenier in Berg-Karabach rechnet mit einem Exodus der zuletzt auf 120.000 Menschen bezifferten Bevölkerung. Am Sonntagabend erklärte die Regierung Armeniens, aus Berg-Karabach seien rund 1000 Menschen geflüchtet; am Montagmittag wurde diese Zahl bereits mit fast 6650 angegeben.
Wie Reporter der Nachrichtenagentur Reuters berichten, waren an der armenischen Grenze Hunderte weitere Flüchtlinge zu sehen. In der Grenzstadt Kornidsor seien voll beladene Zivilfahrzeuge eingetroffen, weitere Autos mit Flüchtlingen würden sich von der Hauptstadt Berg-Karabachs, Stepanakert, auf den Weg über die Gebirgsstraße nach Armenien machten.
Die Situation in der Stadt hatte sich in den vergangenen Tagen zugespitzt. "Die Drohnen flogen über unsere Dächer. Unser Haus hat gewackelt", erinnert sich Nina, eine Anwohnerin. In einer Sprachnachricht an DW-Reporterin Maria Katamadze erklärte sie, dass die Situation in der Stadt "katastrophal" sei. "Wir haben fast keinen Strom, keine Verbindung zur Außenwelt. Wir wissen nicht einmal, was mit unseren Verwandten und Freunden passiert."
Armenien will Flüchtlinge bei sich aufnehmen
Die Armenier in der Region wollten nicht als Teil Aserbaidschans leben, sagte David Babajan, ein Berater der selbst ernannten Regierung von Berg-Karabach. Gegenüber Reuters sagte er, 99,9 Prozent der Armenier in der Kaukasusregion würden es vorziehen, das historische Stammland der Armenier zu verlassen. Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan hat zugesichert, sein Land werde alle ethnischen Landsleute aus Berg-Karabach aufnehmen.
Aserbaidschan hatte nach der Eroberung Berg-Karabachs zwar zugesagt, die Rechte der Armenier dort zu respektieren. Die Armenier befürchten jedoch, dass sie verfolgt werden. Paschinjan betonte in seiner Rede an die Nation, dass die Armenier in Berg-Karabach sich immer noch der Gefahr einer ethnischen Säuberung ausgesetzt sehen würden.
Armenien fordert Mission der UN
In Berg-Karabach leben überwiegend ethnische Armenier, die die Region im Südkaukasus mit Hilfe der armenischen Regierung drei Jahrzehnte lang weitgehend kontrollierten. Das Gebiet hatte sich nach dem Zerfall der Sowjetunion von Aserbaidschan losgesagt, was international aber nicht anerkannt ist. Aserbaidschan startete am Dienstag einen breit angelegten Militäreinsatz. Einen Tag später stimmten die Armenier in Bergkarabach notgedrungen einer Feuerpause zu. Bei dem aserbaidschanischen Einsatz sollen Hunderte Menschen getötet und verletzt worden sein, darunter auch Zivilisten. Die Armenier haben der Weltgemeinschaft angesichts der jüngsten Entwicklungen bereits Untätigkeit vorgeworfen.
Armenien fordert jetzt eine UN-Mission für Berg-Karabach. Die internationale Gemeinschaft solle alles für eine umgehende Entsendung von UN-Vertretern dorthin tun, sagte Außenminister Ararat Mirsojan in einer Rede vor den Vereinten Nationen. Ziel sei es, vor Ort die Einhaltung der Menschenrechte, die humanitäre Versorgung und die Sicherheit der Bevölkerung zu überwachen.
Mitarbeit: Maria Katamadze
fab/qu/bru/sti /sth (dpa, rtr, afp)