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Musik

"Eine Welt ohne Beethoven?" DW-Doku gewinnt Musikpreis

Maria John Sánchez
21. April 2022

Der Film "Eine Welt ohne Beethoven?" der DW geht den Einflüssen des Komponisten auf die Popkultur nach. Dafür wird er mit dem International Classical Music Award ausgezeichnet.

https://p.dw.com/p/4ABrT
Zeichnung von Beethoven mit E-Gitarre
Beethoven, der Rocker? Das Anfangsmotiv seiner 5. Sinfonie und heutige Rock-Riffs sind ähnlicher, als man vermuten würdeBild: DW

Wie anders wäre die Musikgeschichte verlaufen, wenn es Ludwig van Beethoven nie gegeben hätte? Der Frage nach dem Einfluss des berühmten deutschen Komponisten geht die 2020 veröffentlichte Dokumentation "Eine Welt ohne Beethoven?" der Deutschen Welle nach.

Um sie zu beantworten, ging Sarah Willis, prominente Hornistin der Berliner Philharmoniker, auf musikalische Spurensuche in Deutschland und der ganzen Welt. In sieben Kapiteln beleuchtet die Musikdokumentation, wie Beethovens Innovationen die folgenden Jahrhunderte geprägt haben - weit über die Grenzen der klassischen Musik hinaus. Wie veränderte Beethoven das Bild des Musikers und das Konzertwesen? Und was hat seine 5. Sinfonie mit Rock-Riffs zu tun?

Große Gala in der Philharmonie Luxembourg

Am Donnerstag (21.04.2022) erhält der Film als beste Video-Dokumentation den International Classical Music Award. Die Doku unter der Regie von Martin Roddewig sei "witzig und höchst unterhaltsam", urteilte die Jury. Eine Welt ohne Beethoven sei "einfach unvorstellbar". Der Preis wird im Rahmen einer Gala in der Philharmonie Luxembourg verliehen, die per Live-Stream auf Facebook und dem DW-YouTube Kanal DW Classical Music übertragen wird.

Von links nach rechts: Martin Roddewig, Susanne-Lenz-Gleißner, Rolf Rische (/alle DW), Bernhard Fleischer (Firma BMFI), Anastassia Boutsko (DW) und Michaela Noa (BMFI) .
Das Team der DW freut sich über den Preis Bild: Susanne Lenz-Gleißner/DW

Über 3000 Werke werden von der Jury, in der auch die DW vertreten ist, im Schnitt pro Jahr gesichtet, gehört und bewertet. Am Ende werden die International Classical Music Awards (ICMA) in 17 Kategorien vergeben: Von Kammermusik und Oper bis hin zur zeitgenössischen Musik.

Dazu kommen neun Sonderpreise wie die Auszeichnung für das Lebenswerk, die in diesem Jahr an den ungarischen Dirigenten Ádám Fischer geht. Mit dem Preis für besondere Leistungen wird der Pianist Michael Korstick geehrt, der sämtliche Klaviersonaten von Beethoven eingespielt hat. Dem 24-jährigen italienischen Violinisten Gennaro Cardaropoli wird der Preis in der Kategorie "Junger Künstler des Jahres" verliehen.

Sarah Willis: Auszeichnung ist große Ehre

"Wir sind eine freie Arbeitsgemeinschaft von 19 unabhängigen Medien aus 14 europäischen Ländern, die im Bereich Print, Rundfunk, Online und TV tätig sind", sagt der Jury-Präsident der ICMA und Musikkritiker Remy Frank im DW-Gespräch. "Unser Ziel ist es, den immer größer werdenden Musikmarkt zu erkunden, um nicht nur anerkannten, sondern auch jungen Künstlern und Labels eine größere Sichtbarkeit und auch mediale Präsenz zu verleihen. Die Künstler schätzen die Unabhängigkeit und die Internationalität von ICMA".

Sarah Willis lächelt in die Kamera, in ihren Händen trägt sie ihr Horn
Als Hornistin spielte Sarah Willis selbst bereits unzählige Male die Werke Beethovens - und ist ein großer FanBild: DW

"Diese Auszeichnung ist eine große Ehre", sagt Sarah Willis. Sie sei glücklich und stolz auf das gesamte Team, das am Film mitgewirkt habe. "Ich persönlich habe bei dem Dreh so viel gelernt, und es war die perfekte Art, Ludwigs 250. Geburtstag zu feiern."

Die Musikdokumentation ist der letzte Teil einer Beethoven-Trilogie, die anlässlich des 250. Geburtstags des Komponisten im Jubiläumsjahr 2020 produziert wurde. Dazu gehören auch die DW-Filme "Beethovens Neunte - Symphonie für die Welt" und "Beethoven - Der Klang der Natur".

Bei Neun war Schluss: Beethovens Unvollendete

Beethoven, ein Revolutionär

Der 1770 in Bonn geborene Pianist begeisterte sich in seinen Jugendjahren nicht nur für die Ideen der französischen Revolution. Er wurde mit der Zeit selbst zum Revolutionär, jedenfalls im Bereich der Komposition.

So trug er zur Verbreitung des 1815 von Johann Nepomuk Mälzel entwickelten Metronoms bei, eines Gerätes, das ein genaues Zeitmaß ermöglicht und Musikern ein konstantes Tempo vorgibt. Beethoven war einer der ersten, der diese Tempoangaben auf seinen Kompositionen notierte - auch wenn man heute davon ausgeht, dass ihm ein Fehler in der Handhabung unterlaufen sein könnte.

Zudem war Beethoven der erste berühmte freischaffende Musiker. Anders als die meisten seiner Vorgänger hatte er nie eine Anstellung an Hof oder Kirche. Das erlaubte ihm, seine Kompositionen nach seinem Willen zu gestalten. Beethoven machte sich nicht viel aus Konventionen. Von seinen Zeitgenossen wurden seine Werke nicht immer verstanden. Seine letzte Klaviersonate, Op. 111, klingt mit den ausufernden Klavierkaskaden und Synkopen geradezu nach Jazz, sagt Sarah Willis in "Eine Welt ohne Beethoven?". 

Szene aus "Eine Welt ohne Beethoven?": Wynton Marsalis im Gespräch mit Sarah Willis
Wynton Marsalis kann die Melodien von Beethovens späten Streichquartetten aus dem Gedächtnis mitsingenBild: DW

In New York trifft sie den berühmten Jazztrompeter Wynton Marsalis, der das "House of Jazz at Lincoln Center" leitet. Er ist ein großer Beethoven-Fan, besonders hat es ihm das Streichquartett Opus 135 angetan. "Beethoven versteht das rhythmische Verhältnis von drei Schlägen in einer Zweier-Umgebung. Das ist typisch für afrikanische Musik oder Musik aus dem Nahen Osten – da hat er das wahrscheinlich her, von der türkischen Musik." 

Auf ihrer Reise spricht Willis auch mit Rockmusikern wie Ian Anderson von der Band Jethro Tull oder Scorpions-Gitarrist Rudolf Schenker. Ihnen ist gemein, dass ihre Gitarrenriffs mit nur drei bis fünf Tönen berühmt wurden - ebenso wie Beethovens  Anfangsmotiv seiner 5. Sinfonie ("Ta-ta-ta-taaaa"), das aus den wohl berühmtesten vier Noten der klassischen Musik besteht. Für Rudolf Schenker ist Beethovens Motiv die Mutter aller Rockriffs, zumindest in Europa. "Wir sind durch die Klassik so geformt, dass wir auf eine Melodie und einen gewissen Rhythmus ausgeprägt sind. Die Klassik ist in unseren Genen", sagt er im Film. 

Rudolf Schenker sitzt mit seiner Gitarre im Tonstudio
Rudolf Schenker: Was für die Amerikaner der Blues sei, war für die Deutschen die KlassikBild: DW
Maria John Sánchez Autorin