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Ein-Mann-Wahl als Tor zu mehr Demokratie im Jemen

21. Februar 2012

Nach dem Abgang des Langzeitherrschers Salih soll sein bisheriger Vize Hadi als Übergangspäsident das arabische Land in eine lichtere Zukunft führen. Doch die Abstimmung über ihn wurde von Gewaltakten überschattet.

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Anhänger des Präsidentschaftskandidat Hadi jubeln diesem in Sanaa zu (Foto: AP)
Anhänger des Präsidentschaftskandidat Hadi jubeln diesem in Sanaa zuBild: AP

Nach dem Abgang von Langzeitherrscher Ali Abdullah Salih haben die Menschen im Jemen einen Übergangspräsidenten gewählt. Die Abstimmung ist faktisch ein Referendum, denn Vizepräsident Abed Rabbo Mansur Hadi ist der einzige Kandidat. Er soll nur zwei Jahre im Amt bleiben und das geschwächte Land in dieser Zeit zu mehr Demokratie führen. Danach wird erneut gewählt. So sieht es eine Vereinbarung vor, die alle großen politischen Parteien des Landes unterzeichnet haben. Stimmberechtigt sind rund zwölf Millionen Menschen.

Mindestens vier Tote bei Gewalt im Süden

Überschattet wurde die Wahl am Dienstag von mehreren Gewaltakten. Bei einem Schusswechsel zwischen Separatisten und Sicherheitskräften in der Stadt Aden wurde laut Anwohnern ein zehn Jahre altes Kind von einer Kugel tödlich verletzt. Ebenfalls in Aden, der größten Stadt im Süden des Jemen, wurde ein Polizist bei einem Schusswechsel getötet, wie aus Sicherheitskreisen verlautete. Bewaffnete Separatisten attackierten demnach mehrere Wahlbüros und setzten Wahlurnen in Brand.

Aufbruchstimmung im Jemen

Bei einem Angriff von Separatisten auf ein Stimmlokal in der Stadt Mukalla starb Militärangaben zufolge ein Soldat. In der Stadt Lahadsch wurde in der Nähe eines Wahlbüros ein Demonstrant von einer Kugel getroffen, als sich Separatisten und Soldaten beschossen. Vor allem im Süden des Landes hatte es Boykottaufrufe gegeben. Die dortige Bewegung ist für eine Unabhängigkeit des Landesteils, der bereits bis 1990 ein eigener Staat gewesen war.

Insgesamt blieben in den südlichen Provinzen Agenturberichten zufolge 50 bis 70 Prozent der Wahllokale geschlossen. In der Hauptstadt Sanaa sowie in den Provinzen Marib und Tais dagegen reihten sich die Menschen friedlich in die langen Warteschlangen vor den Stimmlokalen ein. Die Wahlbeteiligung gilt jedoch als wichtiger Maßstab für die Legitimität des neuen Präsidenten. Ein Vertreter der Wahlkommission schätzte sie auf 80 Prozent. Das genaue Ergebnis soll erst in einigen Tagen feststehen.

Hadi gilt als Vertreter des alten Systems

Mit der Wahl endet offiziell die letzte Amtszeit von Präsident Salih. Er hatte seit 1978 an der Spitze des Staates im Süden der Arabischen Halbinsel gestanden. Nach monatelangen Protesten und bürgerkriegsähnlichen Ausschreitungen mit hunderten Toten reiste er im Januar in die USA aus. Dort lässt er die Verbrennungen medizinisch behandeln, die er bei einem Anschlag im Juni erlitten hat. Mit Saleh hat bereits der vierte arabische Autokrat innerhalb eines Jahres die Macht abgegeben. Wie in Tunesien, Ägypten und Libyen protestierten viele Jemeniten gegen den Staatschef, der das Land 33 Jahre mit harter Hand geführt hatte.

Yemeni men queue outside a polling center waiting to cast their votes during presidential elections in Sanaa, Yemen, Tuesday, Feb. 21, 2012. Yemenis are voting to rubber-stamp their U.S.-backed vice president as the new head of state tasked with steering the country out of a crisis that followed the year-old anti-government uprising. The vote can hardly be called an election since Abed Rabbo Mansour Hadi is the only candidate. (Foto:Hani Mohammed/AP/dapd).
Massenansturm auf Stimmlokale in der Hauptstadt SanaaBild: AP

Grundsätzlich erhoffen sich sowohl Regierungs- als auch Oppositionskräfte von Hadi eine Stabilisierung des armen arabischen Landes. Eine Beruhigung der Lage soll der neuen Regierung auch wieder Spielraum bieten, um gegen den wachsenden Einfluss des Terrornetzwerks Al Kaida vorgehen zu können. Allerdings weisen Kritiker darauf hin, dass mit dem derzeitigen Vizepräsidenten letztlich die alte Elite an der Macht bleibe. Hadi sei ein Teil des alten Systems.

sti/qu/kle (dpa, dapd, afp, rtr)