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DVD-Tipp: 10 Filme aus 100 Jahren

Jochen Kürten
3. Mai 2010

100 Jahre deutsche Kinogeschichte - komprimiert auf zehn Filme. Die Filmredaktion der FAZ hat ausgewählt. "Momente des deutschen Films" ist eine subjektive wie manchmal überraschende Zusammenstellung geworden.

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Junge Frau hält auf einem Feld jungen liegenden Mann in den Armen - Szene aus "Bin ich schön?" (Foto: FAZ DVD)
"Bin ich schön?"Bild: FAZ DVD

Einen Überblick dürfte man kaum angestrebt haben. Auch eine "Best of" – Auswahl nicht. Bei der DVD-Edition der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" handelt es sich nicht um eine deutsche Filmgeschichte für den Hausgebrauch. Vielmehr hat man den Filmredakteuren der Zeitung offenbar freie Hand gelassen und dem fachkundigen Urteil der Beteiligten vertraut. So sind kanonisierte frühe Klassiker dabei wie "Menschen am Sonntag", der die 30er Jahre vertritt, Käutners poetischer "Unter den Brücken", einer der wenigen heute noch allseits geliebten Filme aus der Kriegszeit oder Kluges Epochenfilm "Abschied von Gestern", der 1966 mit half, "Opas Kino" zu beerdigen.

Sängerin mit Mikrophon - Szene aus "Solo Sunny" (Foto: FAZ DVD)
"Solo Sunny"Bild: FAZ DVD

Es sind aber auch Dominik Grafs Thriller "Die Katze" von 1987 und Doris Dörries melancholische Komödie "Bin ich schön" (1998) dabei, die man reflexartig nicht zu den großen bleibenden Werken der neueren deutschen Filmgeschichte zählen würde. Und Fritz Lang ist weder mit "Metropolis" noch mit seinen "Nibelungen" vertreten, sondern mit seiner Ende der 20er Jahre gedrehten Weltraumphantasie "Die Frau im Mond".

Da die Edition von der FAZ als "Staffel 1" beworben wird, darf man sich auf eine Fortsetzung freuen. Neben all den in den vergangenen Jahren auf dem Markt gespülten DVD-Zusammenstellungen mit internationalen Standardhits, zeugt der Focus auf das deutsche Kino von Mut und möglicherweise auch noch (kommenden) Entdeckerfreuden.

"Frau im Mond" (1929)

Fritz Langs Reise zum Mond steht klar im Schatten seiner monumentalen frisch restaurierten Vorgängerfilme "Metropolis" und "Die Nibelungen". Gerade deshalb lohnt ein neuer Blick auf diesen letzten Stummfilm des Deutschen. Es ist ein filmisches Triptychon mit sehr unterschiedlichen Teilen.

Drei Personen in Mondlandschaft vor Raumkapsel - Szene aus "Frau im Mond" (Foto: FAZ DVD)
Gelandet - jetzt fangen die Abenteuer erst richtig an: "Frau im Mond"Bild: FAZ DVD

Zunächst erlebt man die Vorbereitungen für einen ersten bemannten Mondflug auf der Erde, dann den Flug durch das All, schließlich die Auseinandersetzungen der Mannschaft auf dem Mond. Der Erdtrabant dient dabei oft nur als Kulisse für die menschlichen Zerwürfnisse. Bei aller Phantasie, die Lang und seine Filmtechniker in die Science Fiction-Elemente investiert haben - "Die Frau im Mond" ist reinstes irdisches Melodrama. Eine Frau zwischen zwei Männern, die Suche nach Bodenschätzen, die Bedrohung durch einen Oberschurken - nur eben ein paar Hunderttausend Kilometer von der Heimat entfernt. Wie immer bei Lang ist das straff inszeniert, sehr unterhaltsam und mit dem Mut zur Kolportage gedreht.

"Die Katze" (1987)

Mann mit Maschienengewehr vor Fenster - Szene aus "Die Karte" (Foto: FAZ DVD)
"Die Katze"Bild: FAZ DVD

Dominik Grafs Thriller ist pures Spannungskino. An amerikanische Vorbilder angelehnt (vor allem Sidney Lumets "Hundstage"), verknüpft der Regisseur hier geschickt Actionelemente mit Nervenkitzel und einer Portion Erotik. Götz George und Gudrun Landgrebe waren vor 23 Jahren noch keine klassischen und überbesetzten Fernsehgrößen. Das Gleiche gilt für den damals noch unglaublich schlanken Heinz Hoenig. Die Geschichte der drei Gangster, die eine Bank ausrauben wollen, dabei unter anderem von ihrer Vergangenheit eingeholt werden, ist dynamisch inszeniert, im wahrsten Sinne des Wortes explosiv in Szene gesetzt und bis zum Ende voller Überraschungen. Deutsches Genrekino par excellence und in der damaligen Zeit eine seltene Ausnahme.

"Bin ich schön?" (1998)

Der überraschendste Film in der FAZ-Box. Dass Doris Dörrie dabei ist, muss insofern irritieren, als dass die Regisseurin neben Filmemachern wie Lang, Klick und Graf für ein ganz anderes deutsches Kino steht. Und so sieht die Wahl von FAZ-Redakteur Andreas Kilb fast aus wie eine Ehrenrettung der Dörrie (wiewohl Kilb im Bonusmaterial seinem Gesprächspartner schnell noch etwas von "interessant gescheitert" zuraunt). Dörries Episoden aus Deutschland und Spanien sind durchtränkt von einer leisen Trauer (Dörries Lebensgefährte Helge Weindler starb damals während der Dreharbeiten), das gibt dem Filme Tiefe und Melancholie. Sie Szenen sind aber von sehr unterschiedlicher Intensität und das versammelte Starensemble (Senta Berger, Iris Berben, Dietmar Schönherr etc.) unterstützt den Eindruck einer filmischen Nummernrevue.

Frau neben mit Kaputzen verhüllten Männern eines Umzugs - Szene aus "Bin ich schön?" (Foto: FAZ DVD)
Der Tod schaut zu - Franka Potente in "Bin ich schön?"Bild: FAZ DVD

"Auge in Auge - Eine deutsche Filmgeschichte" (2007/2008)

Die Bonus-DVD "Auge in Auge - Eine deutsche Filmgeschichte" von Michael Althen und Hans Helmut Prinzler lädt zu einer überaus originellen Reise in das deutsche Kino-Jahrhundert ein. Zehn Regisseure erzählen hier über ihre zehn Lieblingsfilme, Tom Tykwer über Murnaus Vampirfilm "Nosferatu", Wim Wenders über "M" von Fritz Lang und Caroline Link über den "Heimat"-Zyklus von Edgar Reitz. Dazwischen sind thematische Gedankenexkurse über das "Deutsche" beim Deutschen Film, die DEFA-Filme, über den Heimat-Begriff montiert.

Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Momente des deutschen Films", außer den erwähnten Filmen sind auch noch Ottomar Domnicks "Jonas" dabei, "Supermarkt" von Roland Klick, Petzolds "Innere Sicherheit" sowie Konrad Wolfs "Solo Sunny". Die Filme werden jeweils von einem Gespräch mit einem der FAZ-Filmredakteure ergänzt. 11 DVDs, 150,99 Euro.

Autor: Jochen Kürten

Redaktion: Conny Paul