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Mexikos New Orleans

5. November 2007

Der Regen hat zwar aufgehört, doch die Gefahr bleibt: Im mexikanischen Bundesstaat Tabasco stehen 80 Prozent des Landes unter Wasser, 800.000 Menschen sind obdachlos. Die Angst vor Plünderungen und Seuchen wächst.

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Helfer retten Bewohner von Villahermosa in Mexico (4.11.2007, Quelle: AP)
Noch immer versuchen Helfer, hunderte Mexikaner aus den Fluten zu rettenBild: AP

Die Lage im mexikanischen Katastrophengebiet bleibt trotz sinkender Wasserstände dramatisch. Nach tagelangem Regen in dem mexikanischen Bundesstaat sind nach offiziellen Angaben 850 Städte von Wassermassen überflutet. Die Behörden sprachen bislang von fünf Toten, in anderen Meldungen ist von acht Opfern die Rede.

Angesichts der schwierigen Lage bat Präsident Felipe Calderón die internationale Gemeinschaft eindringlich um Unterstützung. Er rufe "die gesamte Welt" zur Hilfe auf, sagte er am Sonntag (4.11.2007) bei einem Besuch in Villahermosa, der Hauptstadt des Bundesstaates Tabasco. In der Stadt waren am Sonntag rund 80.000 Menschen weiterhin von den Wassermassen eingeschlossen. Wegen der sinkenden Pegel wurden die Zufahrtsstraßen wieder geöffnet, die Versorgung blieb aber schwierig.

Wegen fehlender Medikamente und Lebensmittel sind nach Rundfunkberichten tausende Menschen in die Nachbarbundesstaaten Veracruz und Campeche geflüchtet.

Hunger und Seuchen

Neben der Angst vor Seuchen wächst in Tabasco vor allem eins: der Hunger. Im Überschwemmungsgebiet treibt der Mangel an Lebensmitteln viele Menschen zu Plünderungen. Am Samstag hatten hunderte Menschen ein Einkaufszentrum gestürmt, auch am Sonntag wurden verlassene Häuser und Geschäfte in Villahermosa geplündert. "Die Menschen sind hungrig, wir wissen das", sagte Tabascos Gouverneur Andres Granier nach dem Vorfall im mexikanischen Fernsehen. "Aber hungrig zu sein, rechtfertigt solch ein Verhalten und offene Angriffe nicht", fügte er hinzu.

Den Behörden zufolge wurden 44 Menschen verhaftet, auch am Sonntag gingen die Plünderungen weiter. 7500 Sicherheitskräfte in der Hauptstadt Villahermosa schreckten die Plünderer nicht davon ab, in verlassene Häuser und Einkaufsläden einzusteigen.

Überflutete Häuser in Villahermosa, Mexico (4.11.2007, Quelle: AP)
80 Prozent des mexikanischen Bundesstaates Tabasco sind überflutetBild: AP

Krokodile in der Stadt

Inzwischen wuchs Medienberichten zufolge zudem die Angst vor Krokodilen. Nach einem Bericht der Zeitung "El Universal" fingen Hilfsmannschaften in einem Außenbezirk von Villahermosa ein drei Meter langes Krokodil. Es wird befürchtet, dass weitere Krokodile, die sonst an den Flussufern leben, in die Ortschaften kommen.

Bei den Gesundheitsbehörden wuchs unterdessen die Besorgnis, durch offene Abwasserkanäle und die Ausbreitung krankheitserregender Moskitos könnten Durchfall, Cholera und Denguefieber ausbrechen. In der Nacht zum Montag teilte ein Sprecher der Gesundheitsbehörde mit, dass es bislang jedoch keine Anzeichen für einen Ausbruch von Epidemien und gebe. 300 Spezialärzte hätten eine breit angelegte Impfaktion begonnen.

Hilfspaket angekündigt

Präsident Calderón kündigte ein umfangreiches Hilfspaket für Tabasco an. Den Unternehmen und Bürgern sollen vorübergehend Stromrechnungen und Steuerzahlungen erlassen werden. Außerdem versprach der Präsident ein Programm zum Wiederaufbau der verwüsteten Städte und Gemeinden.

Trotz der weiterhin kritischen Lage bemühen sich die Behörden, in den nächsten Tagen den Schulunterricht in einigen Gebieten in Notunterkünften wieder aufzunehmen. Nach Angaben eines Sprechers der Kommunikations- und Transportbehörde sind inzwischen auch einige zerstörte Straßen nach Reparatur wieder befahrbar. Das Telefonfestnetz soll vollständig wieder in Betrieb sein.

Hilfe aus dem Ausland

Die mexikanische Regierung teilte mit, sie habe Spendenkonten in den USA eröffnet. Das Auswärtige Amt in Berlin kündigte am Montag in Berlin eine Soforthilfe von 250.000 Euro an. Die Sprecherin der US-Botschaft in Mexiko kündigte eine erste Hilfszahlung von 300.000 Dollar an. Auch die benachbarten Bundesstaaten sprangen ein, um den Einwohner von Tabasco zu helfen. Präsident Calderón bezeichnte die Überschwemmungen als "schwerste Naturkatastrophe in der Geschichte des Landes", fügte aber hinzu, dass das Schlimmste voraussichtlich überstanden sei. (mg)