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Der Kampf der EU gegen Geldwäsche

20. Juli 2021

Jährlich werden gewaltige Geldsummen illegalen Ursprungs in die reguläre Wirtschaft geschleust. Mit einer umfassenden Reform will die Europäische Union die Geldwäsche intensiver bekämpfen. Bernd Riegert aus Brüssel.

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Geldwäsche - Euro Scheine hängen an einer Wäscheleine
Im Kampf gegen Geldwäsche soll ein Barzahlungslimit herBild: Iris Kaczmarczyk/chromorange/picture-alliance

"Unsere Regeln gegen Geldwäsche sind mit die Härtesten in der Welt", sagte der Vizepräsident der EU-Kommission Valdis Dombrovskis. "Aber sie müssen jetzt auch konsequent angewendet werden". Daran hat es in den letzten Jahren gemangelt. Viele Mitgliedsstaaten der EU setzen die Regeln nicht in die Praxis umoder sind bei der Aufsicht und Überprüfung von verdächtigen Finanztransaktionen zu lax. Deshalb schlägt die EU-Kommission jetzt offiziell vor, was seit Monaten in Brüssel vorbereitet wurde: Eine neue Aufsichtsbehörde der EU soll den Mitgliedsstaaten auf die Finger schauen soll und große grenzüberschreitende Finanzinstitutionen, von denen Risiken ausgehen, selbst überwachen und prüfen.

Diese zukünftig mächtige Behörde soll allerdings erst in drei Jahren arbeitsfähig sein und erst in fünf Jahren ihre volle Wirkung entfalten. Die EU-Mitgliedsstaaten haben der Einrichtung dieser zentralen Aufsicht, wie es sie für Banken bereits gibt, im Prinzip zugestimmt. Sie streiten allerdings darum, wo die Behörde ihren physischen Sitz haben soll.

Belgien Brüssel | Pressekonferenz | EU-Kommissar Valdis Dombrovskis hinter einem Rednerpult
EU-Kommissar Dombrovskis: Jeder Geldwäsche-Skandal ist einer zu vielBild: picture-alliance/AP Photo/V. Mayo

Erheblicher "schmutziger" Umsatz

"Geldwäsche ist eine klare Bedrohung für Bürgerinnen und Bürger, demokratische Institutionen und das Finanz-System", räumte die EU-Kommissarin für Finanzdienstleistungen, Mairead McGuinness, bei der Vorstellung der neuen Gesetzesvorschläge ein. Etwa 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in der EU - das sind 133 Milliarden Euro - entfallen auf Geschäfte mit "schmutzigem" Geld. "Die Größe des Problems kann man gar nicht unterschätzen. Die Schlupflöcher, die Kriminelle ausnutzen können, müssen geschlossen werden", forderte die EU-Kommissarin. Um das zu schaffen, will die EU-Kommission die Regeln gegen Geldwäsche, also das Inverkehrbringen von "schmutzigen" Geldern aus kriminellen Aktivitäten in den normalen "sauberen" Zahlungsverkehr, europaweit einheitlicher machen. In allen Mitgliedsstaaten müsste transparent gemacht werden, wem welche Firmen oder Finanzdienstleister tatsächlich gehören oder wer Immobilien besitzt. Anonyme Firmen, Treuhänder und Strohleute soll es in der EU bald nicht mehr geben. Die Verzeichnisse von Konten und deren Inhabern sollen EU-weit zusammengeführt werden.

Infografik - Verdachtsmeldungen von Geldwäsche in einer Grafik dargestellt

Richtlinie Nummer sechs

Durch das ständige Aufteilen von Vermögen in kleinere Einheiten, das Verschachteln von Firmenkonstruktionen und elektronische Transaktionen über viele ausländische Konten, werde es sehr schwer, der Spur des Geldes zu folgen, das aus Drogenhandel, illegaler Prostitution, illegalem Glücksspiel, Menschenhandel und ähnlichen Verbrechen stammt, heißt es von der EU-Kommission.

Eine neue Richtlinie gegen Geldwäsche, mittlerweile Nummer sechs, soll dem Organisierten Verbrechen und Finanziers von Terroristen die Geschäfte erschweren. Die Regeln werden gegenüber der bisher geltenden fünften Richtlinie noch einmal verschärft. Es werden auch Kryptowährungen ins Visier genommen, also privat kreierte elektronische Währungen wie "Bitcoin", die sich nach Ansicht der EU für anonyme Geschäfte eigenen. In Zukunft sollen die Anbieter von Kryptowährungen die Inhaber von Konten offenlegen müssen.

Geldwäsche-Skandal bei Großbanken

Bargeld auf 10 000 Euro begrenzen

Umstritten unter den Mitgliedsstaaten ist ein Vorschlag, den EU-Kommissar Valdis Dombrovskis heute ebenfalls auf den Tisch gelegt hat. Zahlungen mit Bargeld sollten, so Dombrovskis, auf höchstens 10.000 Euro begrenzt werden. Bargeld sei ein leichtes Einfallstor für das Waschen von Geld. Bare Einnahmen eines Drogenhändlers würden etwa über den aufgeblähten Umsatz einer Pizzeria, die den Kriminellen gehört, in den Kreislauf eingespeist. Immobilien würden mit Koffern voller Bargeld bezahlt.

In einigen Mitgliedsstaaten der EU ist die Zahlung mit Bargeld bereits limitiert, etwa in Griechenland auf nur 500 Euro. In anderen Staaten, wie Deutschland oder Österreich, ist sie überhaupt nicht begrenzt. Etwa 70 Prozent aller Zahlungsgeschäfte von Endkunden werden in der EU mit Bargeld erledigt.

Der österreichische Finanzminister Gernot Blümel unterstützt zwar den Kampf gegen Geldwäsche, doch es sei eine Illusion zu glauben, dass Kriminelle nur Bargeld nutzten. "Wir sehen, dass Wirtschaftsverbrecher zunehmend auf den digitalen Raum ausweichen und hier braucht es in Zukunft stärkere Anstrengungen. Das halte ich für zielführender als willkürliche Obergrenzen, die die bisherige Tendenz zur Abschaffung des Bargeldes verstärken", sagte Blümel vergangene Woche in Wien. Bargeld müsse als Zahlungsmittel, für das man kein technisches Hilfsmittel brauche, erhalten bleiben.

FinCEN Files Gebäude der Danske Bank inTallinn
Dänemark und Estland: Der Geldwäsche-Skandal der Danske Bank - die FinCEN Files - flog nach Jahren aufBild: Imago Images/Scanpix/M. Maripuu

Valdis Dombrovskis, der Vizepräsident der EU-Kommission, macht sich vor allem Sorgen um den Ruf und die Stabilität des Finanzplatzes EU. "Jeder Skandal um Geldwäsche ist einer zu viel", sagte Dombrovskis.

Im letzten September wurde durch die sogenannten "FinCEN-Files" klar, dass auch renommierte europäische Großbanken die EU-Regeln gegen Geldwäsche unterlaufen. 2018 war aufgeflogen, dass eine dänische Bank jahrelang Gelder über eine kleine Filiale in Estland gewaschen hatte - bis zu 200 Milliarden Euro. Der Skandal um die "Danske Bank" war der Anlass für die neuen Anti-Geldwäsche-Initiativen der EU-Kommission, die jetzt noch vom EU-Parlament und den 27 Mitgliedsstaaten gebilligt werden müssen.

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union