Audi der Zukunft
7. März 2012Er kommt durch einen Seiteneingang und begutachtet aufmerksam den Stand. Audi-Chef Rupert Stadler macht wenig Aufheben um seine Person. Aber seine Autos, die sollen glänzen. Automobile, die die Audi-Ingenieure in Ingolstadt oder Neckarsulm entwickelt haben und die der Chef schon anderthalb Jahre vor der Markteinführung Probe gefahren hat. Jetzt werden sie hier auf dem Genfer Automobilsalon ausgestellt: der neue Audi A 3 1.6 TDI, der nur noch 3,6 Liter auf 100 Kilometer verbraucht oder der Audi A1 quattro, von dem nur 330 Wagen produziert wurden. Ein Sammlerstück: Denn ein kleines, sehr sportliches Auto, das rund 60.000 Euro kostet, ist kein Massenmodell. Audi wollte nur zeigen, was möglich ist; gewissermaßen ein Spielzeug der Ingenieure. Herausragende Technik ist das eine beim Auto, das andere ist das Design. "Der Bauch funkt sofort zurück, ob es gefällt oder nicht. Mit einer Designsprache bewegt man die Herzen und den emotionalen Bereich der Gehirnhälfte", erzählt Stadler im DW-Interview und wird dabei selbst ganz emotional. "Eine starke Marke braucht ein starkes Design und natürlich emotionalisiert ein Audi R8 ganz anders als ein A3."
Den hohen Benzinpreisen zum Trotz
Für Stadler ist das Auto kein Auslaufmodell - trotz 'stop and go'-Verkehr und hohen Benzinpreisen. "Es ist der Wunsch des Kunden mobil zu sein, das ist für ihn Freiheit", gibt er sich überzeugt. Allerdings sieht er die Automobilindustrie in der Pflicht, diese individuelle Mobilität mit neuen umweltfreundlichen und energiesparenden Technologien zu gewährleisten. Plötzlich redet der Automacher wie ein Wissenschaftler: "Wir haben bei Audi Projekte, wo wir aus Windkraft die überschüssige Energie nutzen, um über den Zwischenschritt Methangas dann Erdgas zu erzeugen, womit unsere Fahrzeuge dann fahren können." Doch muss er zugeben, dass diese Autos relativ teuer sind, fügt aber beschwichtigend hinzu: "Es gibt immer 'Early Adapters', die bereit sind, einen Mehrpreis für moderne Technologie zu bezahlen. Später wird diese Technologie dann hoffentlich ein Konsumgut für die Massen." Stadler erzählt voller Stolz von der "Audi Urban Initiative", bei der Architekten, Stadtplaner, Infrastrukturanbieter und Audi-Ingenieure Szenarien entwickeln, wie Menschen mobil bleiben können - trotz wachsender Weltbevölkerung und zunehmender Verstädterung. Die Planer gehen auf eine Zeitreise.
Mehr als ein Transportmittel
Das Auto der Zukunft soll nicht nur dazu da sein, um von A nach B zu fahren. Im Premiumbereich träume der Kunde davon, dass die Zeit, die er im Auto verbringt, wertvoll ist, erklärt der Audi-Chef: "Intelligente Fahrassistenzsysteme, Sensortechnologie, Google Earth-Zugang, Wireless Lan - das Auto vernetzt sich mit seiner Umwelt. Es ist gewissermaßen ein Cocoon." Wer dann in Tokio oder Shanghai im Stau stehe, müsse sich auch gar nicht mehr aufs Fahren konzentrieren, denn das Auto fahre auf Wunsch auch alleine. Der Insasse könne die Zeit nutzen, um E-Mails zu bearbeiten, Vorträge zu erstellen oder einfach nur beim Schauen eines Films entspannen. Am Wochenende nehme der Premiumkunde dann seinen sportlichen Zweitwagen und brause umweltfreundlich durch die Landschaft – soweit die Theorie.
China ist der Wachstumsmarkt
Im Auto der Zukunft soll man die Modernität spüren. Doch die Realität hat heute noch viel mit Benzin oder Diesel und Verbrennungsmotoren zu tun. A6, A4, Q5, Q3 – so heißen die Modelle, die Audi heute auch in China verkauft. "China könnte schon bald der stärkste Einzelmarkt werden", sagt Stadler und setzt darauf, dass sich gerade der Westen Chinas als Absatzmarkt entwickelt. "Dort gibt es große Metropolen mit zehn Millionen Einwohnern, in denen wir noch gar nicht vertreten sind", sagt Stadler und will das schnell ändern. "In drei Jahren wollen wir dort 700.000 Einheiten produzieren, zusammen mit unserem Partner First Automotive Works." Allein 2011 konnte Audi in China um 37 Prozent wachsen. Vieles wird lokal gefertigt, aber jeder Audi stehe für "deutsches Engineering." Vom Boom im Reich der Mitte würden auch die deutschen Standorte profitieren. "Wenn es in China gut läuft, dann wachsen auch Ingolstadt und Neckarsulm", betont Stadler und macht sich auf den Weg, um sich den Audi-Stand in Genf noch einmal genau anzuschauen. Vielleicht ist ja doch noch ein Auto ausgestellt, das er noch nicht gefahren hat.
Autorin: Manuela Kasper-Claridge, z.Zt. in Genf
Redaktion: Henrik Böhme