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Deutschland will Grenzen dicht machen

13. September 2015

Kehrtwende in der deutschen Flüchtlingspolitik: Laut Medienberichten sollen wieder Kontrollen an deutschen Grenzen eingeführt werden. Der Zugverkehr von und nach Österreich ist bereits gestoppt worden.

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Deutsche Bundespolizei wartet auf Züge aus Österreich (Foto: AP Photo/Matthias Schrader)
Bild: picture-alliance/AP/M. Schrader

Als Reaktion auf den anhaltenden Flüchtlingsstrom nach Deutschland will die Bundesregierung nach Informationen von mehreren deutschen und österreichischen Medien wieder Kontrollen an seinen südlichen Landesgrenzen einführen und somit das Schengen-Abkommen vorübergehend außer Kraft setzen. Das soll Innenminister Thomas de Maizière noch heute verkünden. Eine Sprecherin der österreichsichen Regierung erklärte dazu, Bundeskanzler Werner Faymann habe mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefoniert. Deutschland wolle zur "Normalität zurückkehren."

Alle Bundespolizisten seien bereits in Alarmbereitschaft versetzt worden. Die Bundespolizei schicke alle verfügbaren Polizisten nach Bayern, um die Grenzen zu schließen. Bereits gestoppt ist der Zugverkehr aus Österreich. Alle Züge aus Österreich könnten nicht mehr nach Deutschland einfahren, sagte eine Sprecherin der österreichischen Bahn. Die Lage für den Verkehr in die Gegenrichtung sei unklar.

Gabriel: Deutschland am Rande seienr Möglichkeiten

Am Münchner Hauptbahnhof waren zuvor an einem Tag mehr als 13.000 neue Flüchtlinge angekommen. Insgesamt hat die bayerische Landeshauptstadt seit Ende August rund 63.000 Neuankömmlinge aufgenommen und versorgt - weit mehr als das Bundesland Bayern im gesamten Jahr 2014. In Anbetracht des wachsenden Flüchtlingsansturm hatte Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) erklärt, Deutschland komme "an den Rand seiner Möglichkeiten." Innenminister de Maizière (CDU) verlangte, das Aufnahmetempo zu drosseln. "Wir müssen jetzt schnell wieder zu den geregelten Verfahren zurückkehren", sagte er dem "Tagesspiegel".

Die Innenminister der Bundesländer warnten parteiübergreifend vor Chaos bei der Unterbringung von Flüchtlingen. Die Länder seien völlig überrascht worden von der Einreiserlaubnis für Flüchtlinge aus Ungarn und bei der Unterbringung der Menschen am Limit, sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Roger Lewentz (SPD), der "Welt am Sonntag". "Wir hätten Zeit für Vorbereitungen gebraucht. Und wir hätten vorher davon wissen müssen."

Nach Gabriels Worten macht Ländern und Kommunen vor allem die Geschwindigkeit zu schaffen, in der Flüchtlinge nach Deutschland strömen. Eine Einschätzung die der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Lewentz, bestätigte: "Wir können die Geschwindigkeit des Zustroms nicht mehr lange allein bewältigen." Nötig sei noch mehr direkte Unterstützung des Bundes.

Bundesregierung fordert erneut meher europäische Solidarität

Flüchtlinge am Hauptbahnhof in München (Foto: Michael Westermann)
Am Hauptbahnhof in München kamen am Samstag mehr als 13.000 neue Flüchtlinge anBild: imago/M. Westermann

Gabriel forderte europäische Solidarität ein. Beim Treffen der EU-Innenminister am Montag in Brüssel müsse durch die von der EU-Kommission vorgeschlagene Verteilung von 160.000 Flüchtlingen Druck von der Bundesrepublik genommen werden, sagte der SPD-Chef dem Berliner "Tagesspiegel". "Dies ist nicht nur eine Verantwortung Deutschlands, sondern aller Mitgliedstaaten der EU“, betonte erneut auch Bundeskanzlerin Merkel.

Innenminister de Maizière will sich am Montag in Brüssel dafür einsetzen, dass in Sachen Flüchtlingsverteilung "endlich etwas passiert". Komme es nicht zu einer gerechten Verteilung per Quote, wäre dies für das europäische Projekt ein herber Rückschlag, sagte er dem "Tagesspiegel". EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) machte sich in der "Welt am Sonntag" ebenfalls für die auch von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker favorisierte, verpflichtende Quote bei der Aufnahme von Asylbewerbern stark. Widersand gegen entsprechende Pläne kommt unter anderem von Polen, Tschechien und der Slowakei.

Sicherheistbedenken wachsen

Innenpolitisch setzt de Maizière auch auf Hilfe der Kirchen. So berichtete der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, der Bundesinnenminister habe ihn angerufen und die Kirchen erneut um Hilfe gebeten. Der Bamberger katholische Erzbischof Ludwig Schick rief dazu auf, die dauerhaft in Deutschland bleibenden Flüchtlinge rasch in die Gesellschaft zu integrieren. Ähnlich äußerte sich auch der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki: "Es muss darum gehen, eine Kultur der Integration zu schaffen."

Sorge bereitet den Bundesländern in Anbetracht täglich tausender neuer Flüchtlinge aber auch Sicherheitsrisiken. Nach Informationen der "WamS" gab es eine entsprechende Warnung der Landesinnenminister an Vertreter des Bundes Potenzielle Terroristen könnten einreisen, ohne registriert zu werden. Das Bundeskriminalamt (BKA) habe Hinweise, dass unter den Flüchtlingen auch Kämpfer terroristischer Organisationen sein könnten. Konkrete Anhaltspunkte dafür lägen derzeit aber nicht vor.

ww/uh (AFP, dpa, epd, Reuters)