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Deutscher Strahlensensor auf dem Mars-Rover

Frank Grotelüschen8. August 2013

Curiosity soll auf dem Mars nach Spuren von Leben suchen und eine bemannte Mission vorbereiten. Mit an Bord ist auch ein Strahlenmessgerät aus Deutschland.

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Der Radiation Assessment Detector (RAD) vor dem Einbau in den Rover “Curiosity” (Bild: NASA/JPL-Caltech) Foto zum Herunterladen: www.uni-kiel.de/download/pm/2013/2013-149-1.jpg
Bild: NASA/JPL-Caltech

Als Curiosity am 6. August 2012 sanft auf dem Marsboden aufsetzte, tobten und schrien die NASA-Experten in ihrem Kontrollraum im kalifornischen Pasadena nahezu hemmungslos – so groß war die Erleichterung darüber, dass das riskante Landemanöver geklappt hatte. Erst hatten Fallschirme die Landeeinheit in der dünnen Marsatmosphäre abgebremst, danach war der Rover behutsam von einer raketenbetriebenen Plattform abgeseilt worden. Seitdem funktioniert Curiosity wie geplant. Brav rollt der Rover über die Marsoberfläche, seine Sensoren analysieren Gesteinsproben, vermessen die Atmosphäre und beobachten das Marswetter – immer auf der Suche nach Spuren, die auf Wasser und womöglich früheres Leben auf unserem planetaren Nachbarn hindeuten könnten.

Auch in Deutschland war man froh ob der geglückten Landung. Nervös hatten Physiker der Universität Kiel das Manöver verfolgt, denn sie haben einen der Sensoren an Bord von Curiosity gebaut. Es ist ein Strahlungs-Detektor, eine Art Geigerzähler. "Auf dem Mars gibt viele verschiedene Arten von radioaktiver Strahlung", erläutert Jan Köhler, einer der Kieler Physiker. "Unser Detektor hat die Aufgabe, möglichst viele davon zu messen und daraus die Gefährlichkeit dieser Strahlung für Menschen oder für mögliches Leben auf dem Mars zu berechnen."

Curiosity auf der Fahrt auf dem Mars (Bild: dpa)
Auf seiner Fahrt über den Mars wird Curiosity vom deutschen "Radiation Assessment Detector" begleitetBild: picture-alliance/dpa

Klein und leicht wie eine Coladose

In seinem Labor öffnet Köhler einen Koffer und holt einen Metallzylinder heraus, kaum größer als eine Coladose. Es ist ein baugleicher Zwilling jenes Strahlen-Sensors, der auf den Mars-Rover montiert ist. Die Forscher mussten ihn so klein und leicht wie möglich bauen – jedes Gramm zuviel, das per Raumschiff zum Mars befördert werden muss, hätte die 2,5-Milliarden-Dollar-Mission noch teurer gemacht. Eine weitere Herausforderung: Der Detektor sollte möglichst wenig Strom verbrauchen – Elektrizität ist knapp an Bord von Curiosity.

Im Wesentlichen misst der Kieler Sensor die im Weltraum allgegenwärtige kosmische Strahlung. Das sind Kernteilchen, die nahezu lichtschnell durchs All rasen, aber auch Röntgenblitze. Außerdem erfasst der büchsenförmige Sensor Sonneneruptionen – jene sporadischen aber gewaltigen Ausbrüche, bei denen unser Mutterstern enorme Mengen an Materie ins All schleudert. Die Messdaten werden auf dem Rover zwischengespeichert und dann via Satellit zur Erde geschickt.

Köhler und seine Leute hatten ihren Sensor aber nicht erst nach der Landung des Mars-Rovers aktiviert, sondern bereits während des fast neunmonatigen Flugs von der Erde zum Mars. "Auf diese Weise", so Köhler, "konnten wir abschätzen, wie viel Strahlung ein Astronaut während eines Fluges zum Mars abbekommen würde."

Blick auf einen Marshügel
Keine eigenen Atmosphäre, viel kosmische Strahlung - unwirtliche Bedingungen auf dem MarsBild: Reuters

Ein Leben auf dem Mars im Schatten der Berge?

Um das Jahr 2030 will die NASA Menschen zum Roten Planeten schicken. Nach den Messungen der Kieler Forscher würden sie pro Tag mit einer Strahlendosis von 1,8 Millisievert belastet. Das ist fast so viel, wie der durchschnittliche Bundesbürger pro Jahr an natürlicher Strahlenbelastung abbekommt. Für den Mars-Astronauten wäre das mehr als nach den derzeitigen Grenzwerten zumutbar: Bereits auf dem Hinflug wäre er jener Dosis ausgesetzt, die er in seinem gesamten Berufsleben abbekommen dürfte. Ein Rückflug zu Erde wäre – zumindest aus Strahlenschutz-Gründen – nicht mehr drin.

Die Folge: Ein bemanntes Raumschiff müsst man viel besser schützen als ein unbemanntes – etwa durch dickere Wände, welche die Strahlung besser abschirmen würden. Ergänzend dazu könnte man auch eine kürzere Flugroute wählen. Sie würde die Reisezeit auf vier Monate halbieren, wäre allerdings teurer, weil mehr Treibstoff benötigt wird.

"Happy Birthday" auf dem Mars

Aber auch am Ziel wird es nicht ungefährlich für die Astronauten werden. Das können die Kieler Forscher schon recht gut abschätzen. Denn der Mars-Rover Curiosity hat nun schon ein Jahr lang die Strahlenbelastung auf der Planetenoberfläche gemessen. Das Ergebnis: "Auf dem Mars ist die Strahlung etwa halb so groß wie die im Weltraum", so Köhler, "und das ist deutlich höher als bei uns auf der Erde."

Der Grund: Der Mars besitzt weder ein Magnetfeld noch eine dichte Atmosphäre. Deshalb kann die kosmische Strahlung quasi ungebremst zur Oberfläche des Planeten vordringen. Schlechte Voraussetzungen für lange Aufenthalte oder eine bemannte Marsstation – es sei denn, man greift zu einem Trick. "Man könnte eine Marsstation in der Nähe eines Berghangs errichten", meint Jan Köhler. "Der würde die Strahlung aus dem All merklich abschatten." Eine andere Möglichkeit wäre eine Station tief im Marsboden. Zwar müssten die Bewohner auf Fenster verzichten, wären aber vor der Strahlung sicher.

Mindestens ein Jahr lang soll Curiosity noch über den Mars rollen und dessen Oberfläche erkunden. Jan Köhler und seine Leute hoffen, dass auch ihr Sensor in dieser Zeit noch viele Messdaten sammelt.