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Deutsche Parteien mit mehr Mitgliedern

Anja Fähnle31. August 2014

Seit Ende 2013 amtiert im Bund eine große Koalition aus CDU/CSU und SPD. Inwiefern das Wahljahr auch Einfluss auf Parteieneintritte hatte, hat jetzt eine Studie untersucht.

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Parteiprogramme der verschiedenen Parteien bei der Bundestagswahl 2013, Foto: Jens Kalaene, dpa
Bild: picture-alliance/ZB

Fast eine Million Mitglieder haben die beiden größten deutschen Parteien CDU und SPD zusammengenommen - beide rund 500.000. Deren Durchschnittsalter ist allerdings nicht direkt als jugendlich zu bezeichnen - 59 sind sie im Schnitt. Anders sieht es da bei Bündnis90/Die Grünen aus: "Die Grünen sind die jüngste Partei", sagt der Berliner Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer - mit einem Durchschnittsalter von 48 Jahren. Seit 2001 untersucht Niedermayer die sozialstrukturelle Zusammensetzung der Parteien und veröffentlicht dazu jährlich in der Zeitschrift für Parlamentsfragen (ZParl) eine Studie - so auch jetzt wieder.

Vor allem geht es dabei neben statistischen Daten wie zum Beispiel dem Alter der Mitglieder auch um den Zuwachs. Wie auch in anderen Wahljahren haben die Parteien 2013 relativ viele neue Mitglieder gewinnen können. "Bundestagswahlen bedeuten eine deutliche Mobilisierung der Leute über die Wahlkämpfe und über die Medienberichterstattung", so Parteienforscher Niedermayer im Interview mit der DW.

Jüngere treten in Parteien ein

Und es sind vor allem die Jüngeren unter 30, die 2013 Mitglied in einer Partei geworden sind. "Die jüngeren Wähler sind die Zukunft", sagt der Historiker Edgar Wolfrum. Allerdings sollten die Parteien den Spagat wagen und auch den demografischen Faktor im Blick halten. "Das heißt, auch auf die mittleren und älteren Wähler zu setzen", so Wolfrum im Kölner Stadt-Anzeiger.

Die mitgliederstärkste Partei war bis zum Frühjahr 2008 die SPD und sie ist es seit Ende 2013 wieder, wenn auch knapp. Sie hat 6586 Mitglieder mehr als die CDU. Erstmalig wurde übrigens auch die AfD (Alternative für Deutschland) in die Studie mit einbezogen, da auch sie, wie die FDP, bei der Bundestagswahl nur knapp an der 5 Prozent-Hürde scheiterte. Die AfD hatte am 31. Dezember 2013, zehneinhalb Monate nach ihrer Gründung, 17.687 Mitglieder.

Infografik, die die Entwicklung der Parteimitgliedschaften von 1980 bis2013 veranschaulicht, Grafik: DW
2013 gehen nicht in allen Parteien die Mitgliedszahlen zurück

Grüne mit stärkstem Zulauf

Die CSU aus Bayern hatte 2013 seit langem wieder einen Zuwachs an Parteimitgliedern zu vermelden. Sie profitierte nicht nur vom Bundestagswahlkampf, sondern auch von der Landtagswahl 2013, die für die CSU sehr gut ausgegangen war. "Die CSU konnte das erste Mal seit elf Jahren leicht zulegen", sagt Niedermayer.

Was ebenfalls 2013 neu war: Die Linke konnte ihre Mitgliederzahlen stabilisieren. Noch ein Jahr zuvor, 2012, hatte sie den größten Mitgliederverlust aller Parteien zu verkraften.

Die Grünen verzeichneten mit 2,9 Prozent 2013 den größten Mitgliederzuwachs unter den etablierten Parteien. Das habe an den sehr guten Umfragewerten in den zurückliegenden Jahren 2011 und 2012 gelegen, erklärt Niedermayer. Da sei schon diskutiert worden, "ob sich die Grünen zur neuen Volkspartei entwickeln". Und das habe 2013 zu vermehrten Parteieintritten geführt - auch, wenn es in den Umfragen derweil wieder bergab ging.

Trendwende in Sicht?

Durch die Zuwächse an Parteimitgliedern bei Grünen und CSU und der Stagnation bei den Linken stimme 2013 erstmals seit langem die allgemeine These nicht mehr, dass in allen Parteien die Mitgliedszahlen zurückgehen, so Niedermayer: "Sie gilt nur noch für die beiden großen Volksparteien CDU und SPD". Aber auch dort habe sich 2013 der seit 1990 andauernde Mitgliederschwund abgeschwächt.

Porträt von Prof. Dr. Oskar Niedermayer, Politikwissenschaftler an der FU Berlin, Foto von Johanna Schmeller, FU Berlin
"Es gibt keine Parteienverdrossenheit", so Niedermayer.Bild: Freie Universität Berlin

Es bestehe also Hoffnung, "dass dieser langfristige Trend gestoppt ist", sagt der Politologe von der FU Berlin vorsichtig optimistisch. Und das sollten die Parteien nutzen, meint der Historiker Wolfrum. Die Umfragen besagten, dass die Deutschen so zufrieden seien wie nie zuvor. "Das ist die richtige Zeit für Veränderungen", so Wolfrum. Denn auch für die Parteien gelte, dass sie Reformen in guten Zeiten angehen sollten.

"Es gibt keine Parteienverdrossenheit"

Fest steht: Heute ist die gesellschaftliche Verankerung der Parteien nicht mehr so stark wie noch in den 80er Jahren. So waren 1980 in der alten Bundesrepublik fast vier Prozent der beitrittsberechtigen Bevölkerung Mitglied in einer Partei. Ende 1989 waren es noch 3,6 Prozent, nach der Wiedervereinigung und dem Hinzukommen der Linken, damals PDS, waren es 3,7 Prozent der Bürger.

Ende 2012 (für Ende 2013 lagen bei Veröffentlichung der Studie noch keine Bevölkerungsdaten vor) waren nur noch 1,8 Prozent der beitrittsberechtigten Bürger in einer Partei, so das Ergebnis der Studie. Eine Folge der Individualisierung der Gesellschaft, meint Niedermayer. Von einer allgemeinen Parteienverdrossenheit könne nicht die Rede sein: "Die allergrößte Mehrheit der Deutschen hat eine sehr differenzierte Meinung gegenüber den Parteien", so der Politikwissenschaftler. Es komme darauf an, welche Politikangebote sie den Bürgen machten. Den Jungen wie den Alten.