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Deutsche Firmen und Chinas Krise

Klaus Ulrich14. August 2015

China ist seit langem das gelobte Land für deutsche Unternehmen. Doch die Talfahrt des Yuan und vor allem die Schwäche der Konjunktur bereiten Sorgen für die Zukunft. Wie groß sind die Probleme?

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VW in China (Foto: Getty Images)
Bild: Getty Images/AFP/P.Parks

Kein Land der Eurozone exportiert mehr nach China als Deutschland. Innerhalb der letzten zehn Jahre stieg der Warenwert der Exporte von rund 21 Milliarden Euro auf mehr als 74 Milliarden. Deutsche Unternehmen machen im Durchschnitt mittlerweile rund sieben Prozent ihrer Umsätze im Reich der Mitte, bei vielen liegt der Anteil jedoch sehr viel höher, beispielsweise in der Automobilindustrie - kein Wunder, ist China doch der größte Automobilmarkt der Welt.

"Der Volkswagen-Konzern ist dort gemeinsam mit General Motors Marktführer. 37 Prozent aller weltweiten Verkäufe in den ersten sechs Monaten 2015 gingen vom VW-Konzern nach China - bei der Marke VW sogar noch mehr", sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer im Gespräch mit der DW. "Das ist eine extreme Abhängigkeit des VW-Konzerns von China." Bei BMW sind es immerhin um die 20 Prozent, bei Mercedes derzeit etwas weniger.

Wachstumsschwäche und Börsenbeben

China hat seit einiger Zeit Wachstumsprobleme. Bereits seit elf Quartalen ist des Bruttoinlandsprodukt (BIP) rückläufig. Außerdem wurde in den letzten Wochen sehr viel Geld an den chinesischen Börsen verbrannt - meist von Kleinanlegern. Die Folge: Viele Konsumenten halten sich bei den Ausgaben zurück.

Das betrifft natürlich auch die Autohersteller mit den Premium-Marken. Wenn die Stimmung im Lande kippt oder der große Optimismus verloren geht, stellt sich bei den Konsumenten schon die Frage, ob sie sich ein teures Auto leisten wollen oder so einen Kauf erst mal verschieben und abwarten, wie sich die Situation entwickelt. "Das schlägt sofort auf die deutsche Autoindustrie und damit auf einen großen Teil unserer Wirtschaft zurück", sagt Anton Börner, Präsident des Außenhandelsverbands (BGA) im DW-Gespräch.

Schlüsselindustrien Auto – und Maschinenbau

Der nächste große Bereich im Handel zwischen Deutschland und China ist der Maschinenbau. Der wird kurzfristig wahrscheinlich aber nicht betroffen sein, weil Aufträge für Maschinen eine sehr lange Vorlauf- und Planungszeit haben. Das könne man nicht so schnell stoppen, meint Börner. "Aber wenn sich die Situation nicht schnell entspannt - was ich nicht glaube - dann wird das auch den Maschinenbau treffen", glaubt der Verbandschef. "Beide wichtigen Bereiche werden sich dann natürlich schon in den deutschen Außenhandelszahlen bemerkbar machen - vielleicht noch nicht 2015, aber die Aussichten für 2016 sehe ich schon deutlich getrübt", so Börner.

"Zunächst ist zu beachten, dass der China-Boom schon länger vorbei ist", schreiben die Konjunktur-Experten von Commerzbank Economic Research in einem Kommentar zur Konjunktur-Entwicklung in Deutschland. Sie kommen zu dem Schluss: "Irgendwann schlägt China durch". Bislang konnten die deutschen Unternehmen den nachlassenden Schub aus China nach Meinung der Commerzbank-Experten dadurch ausgleichen, dass sich die Nachfrage aus den USA eher belebt und Westeuropa die Rezession überwunden habe.

"Irgendwann schlägt China durch"

Hinzu kam der stärkere private Verbrauch in Deutschland, der in diesem Jahr preisbereinigt um stolze 2,2 Prozent zulegen sollte. Aber eine weitere, deutliche Beschleunigung des Wachstums in diesen Bereichen sei eher unwahrscheinlich. Es werde für die deutschen Unternehmen zunehmend schwierig, das "sicher weiter nachlassende China-Geschäft vollständig durch Erfolge auf anderen Märkten zu kompensieren".

Treibt die nachlassende Konjunktur in China den Experten Sorgenfalten auf die Stirn, bleiben sie im Hinblick auf die jüngsten Währungsturbulenzen des Yuan gelassen.

So haben praktisch alle Autohersteller und die Zulieferindustrie eigene Produktionsstandorte in China, weil anders dort sowieso keine Geschäfte zu machen wären. Denn der Einfuhrzoll auf importierte Fahrzeuge betrage satte 25 Prozent, weiß Ferdinand Dudenhöffer: "Das heißt, 80 bis 90 Prozent der Fahrzeuge, die die deutschen Autobauer dort verkaufen, werden auch dort produziert, sind also vom Wechselkurs unabhängig."

Unabsehbare Spätfolgen der Abwertung

Auch BGA-Chef Anton Börner glaubt, dass die chinesische Konjunkturschwäche für die deutschen Unternehmen schwerer wiegt als die Abwertung der chinesischen Währung. Denn die Europäische Zentralbank betreibe ebenfalls eine Politik des billigen Geldes und versuche damit den Euro möglichst schwach zu halten. Deshalb könne es zwischen dem Yuan und dem Euro eine Art Parallelentwicklung geben, "so dass das für uns nicht so dramatisch wird", so Börner.

"Für die Amerikaner sehe ich das etwas schwieriger. Durch die Vernetzung der Weltwirtschaft kommen wir zur Frage der Zweit- und Drittrunden-Effekte", sagt der Export-Fachmann im Hinblick auf längerfristige Folgen der chinesischen Abwertungsbemühungen. Werden die Amerikaner wieder mehr Probleme bekommen, weil sie von billigen chinesischen Waren überflutet werden und selber weniger exportieren können? Trifft das in der Folge auch den deutschen Export nach Amerika? Das wäre dann der Drittrundeneffekt. Womöglich kommt sogar eine Spirale nach unten in Gang, die die gesamte Weltwirtschaft abbremst. Börner fürchtet: "Vielleicht kommt dazu noch eine Art Währungskrieg. Das Ganze ist sehr verwirrend und komplex, aber auf jeden Fall nicht positiv."