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Deutsche Bank vor Führungswechsel

8. April 2018

Nach knapp drei Jahren geht die Zeit von John Cryan als Chef der Deutschen Bank zu Ende. Sein designierter Nachfolger kommt aus den eigenen Reihen. Am Abend will der Aufsichtsrat die Personalie absegnen.

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John Cryan
Dürfte in der Deutschen Bank keine Zukunft mehr haben: John CryanBild: picture-alliance/dpa/S. Prautsch

Die Deutsche Bank tauscht wohl nach noch nicht einmal drei Jahren ihren Chef aus. Der Leiter der Privatkundensparte, Christian Sewing, soll als Nachfolger von John Cryan an die Spitze des Geldhauses rücken, berichten am Sonntag übereinstimmend mehrere deutsche Medien und Nachrichtenagenturen.

Der Aufsichtsrat soll die Personalie bei einer Telefonkonferenz am Sonntagabend absegnen. Dabei werde Aufsichtsratschef Paul Achleitner der Form halber zwei Kandidaten vorschlagen: Sewing und einen externen Kandidaten, wie zu hören war. Der 1970 geborene Sewing soll zur Hauptversammlung am 24. Mai den Spitzenposten übernehmen. Die Deutsche Bank hatte am späten Samstagabend mitgeteilt, dass sich der Aufsichtsrat am Sonntag mit dem Vorstandsvorsitz beschäftigen werde.

Sewing war im vergangenen Jahr zusammen mit Marcus Schenck zum Co-Vorstandsvorsitzenden der Bank berufen worden. Schenck, der ebenfalls als Kandidat für den Vorstandsvorsitz galt, steht allerdings vor dem Absprung, wie in Finanzkreisen weiter zu hören war. Er ist derzeit für das Firmenkundengeschäft und das Investmentbanking zuständig. Vorstandsmitglied Garth Ritchie, der zusammen mit Schenck die Sparte leitet, soll aber bleiben.

Christian Sewing
Soll in den Startlöchern für den Top-Job stehen: Christian SewingBild: Imago/H. Förster

Keine Rückendeckung mehr für Cryan

Der 57-jährige Brite John Cryan, dessen Vertrag noch bis 2020 läuft, war zuletzt nach einer Gewinnwarnung und einem massiven Absturz des Aktienkurses immer mehr unter Druck geraten. Höhepunkt waren dann vor Ostern Berichte, wonach Aufsichtsratschef Achleitner nach einem Nachfolger für Cryan sucht. Dieser hatte danach zwar bekräftigt, er wolle bleiben. Rückendeckung aus dem Kontrollgremium oder von Achleitner persönlich hatte er jedoch nicht bekommen.

Mit Sewing soll erstmals seit langem ein Manager aus dem Privatkundengeschäft das Ruder bei Deutschlands größtem Geldhaus übernehmen. Der 47-jährige ist ein Eigengewächs der Deutschen Bank, für die er seit rund drei Jahrzehnten arbeitet. Nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann in der Bielefelder Filiale arbeitete er vor allem in der Risikokontrolle der Bank. 2015 stieg er in den Vorstand auf, im vergangenen Jahr wurde er zusammen mit Schenck zum Co-Vorstandschef ernannt.

Zahlreiche Baustellen bleiben

Einige Großaktionäre hatten an einer internen Lösung immer wieder Zweifel geäußert, das Duo aus Sewing und Schenck sei noch nicht reif für den Chefsessel. Trotz dieser Bedenken befinde sich Sewing auf dem ersten Platz von Achleitners Kandidatenliste, sagte der Insider. Denn der Westfale sei bei der Umsetzung seiner Aufgaben gut vorangekommen, wie beispielsweise der Schließung von Deutsche-Bank-Filialen und der Integration der Postbank. Zudem habe er in seinen früheren Funktionen im Risikomanagement auch Einblick ins Investmentbanking gehabt.

Nach drei Verlustjahren in Folge muss der neue Mann an der Spitze zahlreiche Baustellen in Angriff nehmen, wie etwa das schwächelnde Investmentbanking in den Griff zu bekommen und die Postbank weiter in den Gesamtkonzern zu integrieren. Er erbt von Cryan eine verunsicherte Bank, deren Mitarbeiter und Aktionäre verlustreiche Jahre und mehrere Strategiewechsel hinter sich haben. Im Vergleich zur Konkurrenz steht die einstige Vorzeigebank in vielen Bereichen schwächer da als vor der Finanzkrise. Die großen Wall-Street-Häuser etwa sind dem Institut im prestige- und gewinnträchtigen Investmentbanking weit enteilt. Die IT, heutzutage von besonderer Bedeutung für die Leistungsfähigkeit eines modernen Kreditinstituts, gilt nach jahrelangen Sparrunden in diesem Bereich als überaltert und sanierungsbedürftig.

hb/fab (rtr,dpa)