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"Desert Dash" - Fahrradstaffel durch die Wüste

Olaf Jansen
27. November 2019

370 Kilometer durch Gebirge und Wüste: Eine deutsch-namibische Schülerstaffel startet in Namibia beim "Desert Dash" - einem der härtesten Eintages-Mountainbike-Rennen der Welt. Die Schüler haben ein wichtiges Anliegen.

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Namibia Desert Dash Mountainbike-Rennen
Bild: Desert Dash

Langeweile kommt bei Diego Turo in diesen Tagen ganz bestimmt nicht auf. Wenn der 18-Jährige nachmittags aus der Schule kommt, nimmt er sich allenfalls noch die Zeit, rasch etwas zu essen. Dann aber heißt es: Trikot an und so schnell wie möglich aufs Rad. Training ist angesagt. Denn der junge Kölner hat Anfang Dezember ein großes Abenteuer vor: Gemeinsam mit seinem Kumpel Jacques Mecky nimmt er am legendären "Desert Dash" in Namibia teil.

Der "Dash" ist ein Mountainbike-Rennen quer durch die Wüste - mit seinen 370 Kilometern von der Hauptstadt Windhoek im Landesinneren nach Swakopmund an der Atlantikküste gilt er als eines der härtesten Eintagesrennen der Welt. Die Hitze am Tag, die Kälte in der Nacht, der ewige Staub, die unbarmherzigen Schotterpisten und der teils tiefe Sand - unter Radsportlern genießen die Finisher dieses legendären Rennens allerhöchsten Respekt.

Klar ist: Die Starter müssen außergewöhnlich fit sein - körperlich wie mental. Auch wenn sie die 370 Kilometer nicht komplett, sondern nur in Teilstücken absolvieren. Wie Diego und Jacques das tun werden. Denn die beiden Kölner Schüler starten in einer Viererstaffel gemeinsam mit zwei gleichaltrigen Jungs aus Namibia. Teils fahren die vier gemeinsam, teils Einzeletappen - jeder wird so am Ende auf eine Strecke von 130 Kilometern kommen.

Gemeinsam viel erreichen

Das ist die Idee des deutsch-namibischen Hilfsvereins "Pro Namibian Children (PNC)", der in dem südwestlichen Land Afrikas eine Schule für Waisenkinder unterhält. "Wir möchten mit dieser Aktion aufzeigen, dass man viel erreichen kann, wenn man etwas gemeinsam macht", sagt PNC-Vorstandsmitglied Merle Elsner. Die zwei namibischen Starter fand der Verein in der namibischen Schule. Um die Staffel mit zwei deutschen Jugendlichen zu vervollständigen, nahm man in Köln Kontakt zum Radsportverein "Scuderia Südstadt" auf. Diego und Jacques waren gleich begeistert: "Es ist eine tolle radsportliche Herausforderung. Und weil man damit auch noch eine gute Sache unterstützen kann, fiel die Entscheidung teilzunehmen leicht", sagt Jacques.

Desert Dash Mountainbike-Rennen durch Wüste in Namibia
Gespannt auf das Abenteurer in der afrikanischen Wildnis: Jaques Mecky (l.) und Diego Turo (r.)Bild: DW/Olaf Jansen

Die Kontraste könnten größer kaum sein: Hier Jacques und Diego, zwei junge Männer aus Deutschland, wohlbehütet aufgewachsen. Dort mit Samuel Alfons and Chris Nero zwei gleichaltrige Waisen aus Namibia, deren Leben einem ständigen Existenzkampf gleicht. "Wir wollen aufzeigen, dass die Herkunft der Menschen nichts über deren Fähigkeiten aussagt. Die vier werden bei dem Rennen Seite an Seite und völlig gleichberechtigt um das gleiche Ziel kämpfen: ankommen", beschreibt Elsner.

Training per WhatsApp und E-Mail

Damit das funktioniert, trainieren alle vier seit gut einem halben Jahr intensiv. Chris und Samuel in Namibia, Diego und Jacques in Köln und Umgebung. Persönlich kennengelernt haben sie sich noch nicht, über eine gemeinsame WhatsApp-Gruppe und E-Mails tauschen sie sich aber regelmäßig aus. "Ich war noch nie in Afrika und bin natürlich unheimlich gespannt", sagt Diego, der seine fehlende Kenntnis über Afrika unumwunden zugibt: "Ich wusste bisher nicht allzu viel über den Kontinent, Eigentlich nur das, was man gelegentlich im TV sieht: Hungersnöte und Elend und so."

Desert Dash Mountainbike-Rennen durch Wüste in Namibia
Samuel (l.) und Chris (r.) aus Namibia vervollständigen die namibisch-deutsche SchülerstaffelBild: DW/Olaf Jansen

Unter den nur rund zwei Millionen Einwohnern des größtenteils aus Wüste bestehenden Schwellenlandes Namibia liegt die Arbeitslosenquote bei etwa 30 Prozent. Die Einkommen sind ungleich verteilt, die reichen Bodenschätze - in der Hauptsache Diamanten und Uran - sind zum Großteil an ausländische Unternehmen verkauft.

Leben unterhalb der Armutsgrenze

Ein Großteil der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze, es gibt eine enorm hohe Zahl von Waisenkindern. Diesen widmet sich die Organisation PNC. Mit Hilfe von Spenden aus Deutschland wird am Rande der Kalahari-Wüste eine Schule für aktuell 130 Waisenkinder unterhalten.

Von dort stammen auch die beiden Radler Samuel und Chris, die bis vor einem Jahr noch nie zuvor auf einem Mountainbike gesessen hatten. Jetzt trainieren sie täglich hart, um zu beweisen, dass sie das extreme Rennen durchhalten können. Gemeinsam mit den beiden Deutschen Diego und Jacques wollen sie aber auch auf ihre Sorgen und Nöte aufmerksam machen.

Namibia Desert Dash Mountainbike-Rennen
Auf breiten Schotterpisten führt die Strecke des "Desert Dash" durch die Namib-WüsteBild: Desert Dash

Momentan zum Beispiel wird an der Schule dringend Unterstützung gebraucht, um einen neuen Trinkwasserbrunnen bohren zu können. "Weil es so lange nicht geregnet hat, ist der Grundwasserspiegel auf unter 30 Meter abgesackt", erklärt Merle Elsner. Als Konsequenz ist der alte Brunnen kürzlich versiegt - eine echte Existenzbedrohung für die Einrichtung. "Das sind Probleme - die waren mir vorher nicht bewusst", sagt Diego.

Wenn er im Dezember für eine Woche von seiner Schule freigestellt wird, um zum Rennen nach Namibia zu reisen, wird er sich erstmals ein Bild vor Ort machen können. Von der Lebensweise der Menschen dort, von ihren Sorgen und Nöten. Die beiden Schüler aus Köln werden in der Woche vor dem Rennen gemeinsam mit ihren namibischen Partnern trainieren und auch deren Schule besuchen. "Ich bin schon sehr gespannt darauf zu sehen, unter welchen Bedingungen die beiden in Namibia leben", sagt Diego. Möglicherweise werden die Eindrücke, die er vom Wohnort seiner Teamkollegen mit nach Hause nimmt, sogar einprägsamer sein als die von der Radstrecke.