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"Der Visa-Ausschuss war eine Farce"

Judith Hartl16. Juli 2005

In einem einzigartigen Sitzungsmarathon von 15-stündiger Länge hat der Visa-Untersuchungsausschuss Innenminister Schily vernommen. Schily wies jede persönliche Verantwortung für den massenhaften Visa-Missbrauch zurück.

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Judith Hartl

Man könnte es so sagen - viel Gerede um nichts. Fünf endlose Stunden nahm Innenminister Otto Schily Stellung zur Visa-Affäre oder besser gesagt - er dozierte, was er, das muss man ihm lassen, besonders gut kann. Vom Willen der Aufklärung - keine Spur. Dafür strapazierte er die Nerven der Mitglieder des Visa-Ausschusses, ebenso der Zuschauer, die live im Fernsehen verfolgen konnten, wie Schily langatmig und selbstgerecht einige Versäumnisse einräumte. Eine Mitschuld am Visa-Skandal aber wies er von sich - das Auswärtige Amt und ein paar inkompetente oder übereifrige Beamte seien Schuld. Er sei viel zu spät und nur sporadisch über den umstrittenen Volmer- Erlass informiert worden. Keiner reagierte auf seine Warnungen und seine Briefe, die er dem Außenminister geschickt hatte.

15 Stunden für wenig Erkenntnisse

Soweit so gut. Das wussten wir schon. Die Verantwortlichkeiten waren kein Geheimnis und dass die Liberalisierung der Visa-Vergabe zu Missbrauch führte, war bekannt. Und auch die zehnstündige Befragung, die sich Schilys Vortrag anschloss, brachte nichts Neues ans Licht. Keiner der Obmänner schaffte es, Schily ernsthaft in die Mangel zu nehmen, jede noch so gut gemeinte schärfere Frage prallte an ihm ab wie an einer Teflon-Pfanne.

Insgesamt 15 Stunden dauerte das Ganze. Und wofür? Schlauer als vorher sind wir nicht. Zumindest wissen wir noch immer nicht, wie es zu den Visa-Schlampereien im Auswärtigen Amt und in den Botschaften kommen konnte und weshalb, trotz Warnungen und Hinweisen, so lange nichts dagegen unternommen wurde.

Unwürdiges Schauspiel

Der Visa-Untersuchungsausschuss ist zu Ende. Letztendlich war er eine Farce. Denn was hat er gebracht? Im besten Falle wohl, dass ähnliches hoffentlich nicht mehr passiert. Durch die angekündigten Neuwahlen hat der Untersuchungsausschuss ohnehin an Brisanz verloren. Es ist wohl so, wie SPD-Obmann Olaf Scholz schon nach der Vernehmung von Außenminister Joschka Fischer verkündete: "Die Affäre ist zu Ende." Nach dem unwürdigen Schauspiel vom Freitag kann man nur sagen: Hoffentlich.