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Neuer Umweltminister

Heiner Kiesel31. Mai 2012

Seit zehn Tagen ist Peter Altmaier Bundesumweltminister. Energiewende, Atommüll und Klimaschutz sind nur einige der großen Themen, die er nun bewältigen muss. In Berlin hat er jetzt erklärt, wie er sich das vorstellt.

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Germany's new Environment Minister Peter Altmaier speaks during a news conference to outline his policy plans for his term in office in Berlin, May 31, 2012. REUTERS/Thomas Peter (GERMANY - Tags: POLITICS)
Umweltminister Peter Altmaier will keine Revolution, sondern schrittweise FortschritteBild: Reuters

Gegen Ende seines Statements vor der Hauptstadtpresse schielt Peter Altmaier auf sein Mobiltelefon. Ein kurzes Zusammenpressen der Lippen. Eine Notiz über den Kurznachrichtendienst Twitter hat den neuen Bundesumweltminister erreicht. Er habe eben bei der Würdigung der früheren Minister auf seinem Posten – von Walter Wallmann 1986 bis heute – ausgerechnet seinen geschassten Amtsvorgänger Norbert Röttgen vergessen. ”Das war keine Absicht”, korrigiert er sich mit einem entschuldigenden Lachen. Wahrscheinlich hat ihn seine Kommunikationsfreude und Begeisterung für die neuen Medien vor Dutzenden hämischer Bemerkungen bewahrt.

Peter Altmaiers ausgeprägte Bereitschaft zum Gespräch soll ihm auch als neuer Bundesumweltminister helfen. Eifrig für Kommunikation sorgen und Akteure miteinander ins Gespräch bringen ist Altmaiers Strategie als oberster Umweltschützer. Konkretes hat er nach zehn Tagen im Amt noch nicht dabei. Das kommt noch: Bis zur Sommerpause will er ein Zehn-Punkte-Programm vorlegen, in dem steht, was er bis zum Ende der Legislaturperiode im nächsten Jahr noch erledigen will. Die einzelnen Posten dürften sich mit der Energiewende, der Atommüllbeseitigung und seiner ”Herzensangelegenheit” Klimaschutz beschäftigen.

Energiewende mit Hindernissen

Altmaier bekräftigte die Forderung der Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einer sicheren, umweltfreundlichen aber auch bezahlbaren Umgestaltung der Energieversorgung in Deutschland. Es sei ein langer und etappenreicher Weg für Deutschland, der aber gelingen könne. Altmaier zeigte sich überzeugt von der Wende, will aber nicht zu viel versprechen, deshalb das ”kann”. Der Minister kündigte an, alle 16 Bundesländern zu bereisen, um dort für eine koordinierte Vorgehensweise bei der Energiewende zu werben. Hier gibt es noch unterschiedliche Vorstellungen darüber, wo künftig Strom hergestellt wird und wie er zum Verbraucher gebracht werden könne.

Zahlreiche Windkrafträder drehen sich am 22.9.2003 bei stürmischen Winden am Deich bei Niebüll. Die Windbranche in Deutschland steht nach Ansicht des Vizepräsidenten des Bundesverbandes Windenergie (BWE), Albers, am Scheideweg. "Die zentrale Frage ist, ob die zu erwartenden Umsatzrückgänge durch den Export kompensiert werden können", sagte Albers der dpa am 23.9. am Rande der Messe "HUSUMwind 2003". Die zunächst von einem Boom verwöhnte Windindustrie muss erstmals in diesem Jahr einen deutlichen Rückgang der Umsätze hinnehmen, den der BWE-Experte auf bisher knapp 25 Prozent bezifferte. Dieser Trend werde sich fortsetzen, wenn die Politik nicht gegensteuere. Als Gründe nannte Albers, dass die Finanzierungswirtschaft, also die Banken, mit eigenen wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen habe.
Altmaier setzt auf den Markt, um die günstigste Form der Energieerzeugung zu ermittelnBild: picture-alliance/dpa

Das Gespräch sucht der Umweltminister auch mit seinem Kollegen im Wirtschaftsministerium, Philipp Rösler. Zwischen beiden Ministerien hatte es in der Vergangenheit Blockaden gegeben, beispielsweise wegen der Solarförderung und der Vorgaben für die Energieeffizienz. ”Ich möchte Ihnen und uns wochenlange Diskussionen ersparen, welcher Minister sich durchsetzt”, sagte Altmaier.

Die Energiewende als größtes Infrastrukturprojekt seit der Wiedervereinigung betrifft viele Ministerien und steht ganz oben auf der Agenda der Bundeskanzlerin. Umweltverbände haben Merkel dazu aufgefordert, die Energiewende zur Chefsache zu machen. Altmaier sieht dafür keine Notwendigkeit. Auf die Frage, wer denn der Chef bei der Energiewende sei – er oder die Kanzlerin, antwortete Altmaier: ”Wir sind ja nicht so autoritär, dass wir immer jemanden brauchen, der die Kappe aufhat, das ist ein gesamtgesellschaftliches Projekt.” Unmissverständlich äußerte er sich zum Abschied von der Kernenergie. Dieser sei ”definitiv und endgültig”.

Wunden in der Natur

Noch am Freitag will sich Altmaier in dem maroden Atommülllager Asse umsehen. Das Bundesamt für Strahlenschutz hatte kürzlich einen Termin im Jahr 2036 genannt, bis zu dem eine Räumung frühestens erfolgen könne. Das ist Altmaier zu spät. ”Ich will alles unternehmen, was eine Beschleunigung der Zeitpläne beinhaltet”, sagte er. In der Asse – sie liegt bei Wolfenbüttel in Niedersachsen - lagern in einem Salzstock über 126.000 Fässer mit radioaktiven Abfällen. Ein Wasserzustrom von bis zu 12.000 Liter täglich bedroht die Stabilität der Anlage. Altmaier will vor Ort mit Vertretern aller Parteien aus dem niedersächsischen Landtag darüber reden, wie dieses Problem gelöst werden kann. ”Wenn wir Umweltschutz und Umweltpolitik ernst nehmen, dann dürfen wir solche offenen Wunden in der Natur nicht einfach hinnehmen.”

Altmaier sieht in seinem Einsatz in der Asse auch einen Test für den Anspruch, transparente Politik zu betreiben. Er möchte sein Ministerium als offenes Haus aufstellen, in dem alle miteinander Gespräche führen, die in seinem Bereich arbeiten. Trotz abnehmender Wahlbeteiligung habe das Interesse an Politik insgesamt zugenommen, sagte Altmaier – insbesondere bei der Umweltpolitik, bei der es viele Initiativen und NGOs gebe. ”Es wäre sträflich, wenn es den Idealismus und die Bereitschaft zur Mitarbeit, die es in diesem Bereich gibt, nicht nutzen würden, um auch zu guten Ergebnissen zu kommen.” Altmaier wird inzwischen über Twitter erfahren haben, ob sein Gesprächsangebot da draußen angekommen ist.