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Das Skimärchen des Romed Baumann

11. Februar 2021

Der 35 Jahre alte gebürtige Österreicher Romed Baumann holt bei der alpinen Ski-WM in Cortina d'Ampezzo die erste Medaille für das deutsche Team - zwei Jahre, nachdem die Österreicher ihn aussortierten.

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Italien I Ski WM I Romed Baumann
Bild: Marco Tacca/AP/picture alliance

So ganz wollen die Österreicher ihn nun doch nicht loslassen. In den meisten Berichten der österreichischen Medien über das Super-G-Rennen der Männer bei der WM in Cortina d'Ampezzo wird der Sensations-Silbermedaillengewinner Romed Baumann als der "für Deutschland startende Tiroler" bezeichnet. So klingt es fast nach einem österreichischen Doppelsieg - Gold gewann der Österreicher Vincent Kriechmayer. Und da im skiverrückten Alpenstaat der oberste Platz auf dem "Stockerl" das ultimative Ziel ist, dürften die Verantwortlichen im Österreichischen Skiverband (ÖSV) wohl auch zufrieden sein. Aber möglicherweise denkt der eine oder andere beim ÖSV darüber nach, ob Romed Baumann vielleicht doch zu schnell zum alten Eisen gelegt wurde.

"Ich war ganz unten, sportlich gesehen, jetzt bin ich fast ganz oben - unglaublich", sagte der 35-Jährige nach seinem Silber-Coup im ARD-Interview und bedankte sich mit bebender Stimme bei seiner Frau Vroni und seinen beiden Töchtern. Und Baumanns Blick ging zwei Jahre zurück, in die Saison 2018/2019: "Da waren doch sehr viele, die gesagt haben, da geht nix mehr. Der ist zu alt, der traut sich nicht mehr, der attackiert nicht. Seit er Familie hat, zieht er zurück."

Doppelte Staatsbürgerschaft

Der ÖSV hatte den damals 33 Jahre alten Tiroler eiskalt aussortiert: Aus den Medien erfuhr Baumann, dass er keinen Kaderplatz mehr hatte. War es das mit seiner alpinen Skikarriere - nachdem er für Österreich 279 Weltcuprennen gefahren war, an zwei Olympischen Spielen und sieben Weltmeisterschaften teilgenommen, einmal WM-Silber (2011 im Teamwettbewerb), einmal WM-Bronze (2013 in der Super-Kombination aus Abfahrt und Super G) gewonnen hatte?

Italien I Ski WM I Romed Baumann
"Es ist heute alles so locker von der Hand gegangen", sagte Roman Baumann nach dem RennenBild: Gabriele Facciotti/AP/picture alliance

Baumann wollte sich damit nicht abfinden. Über den damaligen deutschen Skistar Felix Neureuther ließ er beim Deutschen Skiverband (DSV) anfragen, ob er nicht künftig für Deutschland fahren könne. Die bürokratischen Hürden waren schnell beseitigt. Baumann ist mit einer deutschen Frau verheiratet. Nach der Hochzeit 2019 nahm er neben der österreichischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit an. Mit seiner Familie lebt er im deutsch-österreichischen Grenzort Kiefersfelden.

"Piefke-Zebra"

Auch der österreichische Verband legte ihm keine Steine in den Weg. Offenbar traute man dem "Oldie" nichts mehr zu. Die "Kronen Zeitung", Österreichs auflagenstärkste Boulevardzeitung, nannte Baumann despektierlich das "Piefke-Zebra". Piefke ist in dem Alpenstaat eine abfällige Bezeichnung für Deutsche, das Zebra bezog sich auf den schwarz-weiß-gestreiften Rennanzug des deutschen Ski-Teams.

Im ersten Winter für den DSV schaffte es Baumann einmal unter die Top Ten eines Weltcuprennens, in diesem Winter bereits sechsmal. Doch zu einem Podestplatz hatte es bisher nicht gereicht - bis zu seinem Coup von Cortina. Und Baumanns Märchen könnte noch weitergehen. Der 35-Jährige startet am Samstag auch im Abfahrtsrennen. Zu verlieren hat er nichts, zu gewinnen alles. "Der Kurs liegt mir", sagt Romed Baumann.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter