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Wandel im Himalaya

Priya Palsule-Desai 23. November 2006

Das südasiatische Königreich Bhutan bereitet sich auf die Demokratie vor. 2008 sollen die ersten Parlamentswahlen stattfinden. Doch bis dahin hat das Land noch einige Hürden zu nehmen.

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Mönche in einem Kloster in der Nähe der Hauptstadt Thimphu
Mönche in einem Kloster in der Nähe der Hauptstadt ThimphuBild: AP

Politische Parteien, Parlamentswahlen und Gewaltenteilung - was in südasiatischen Staaten wie Indien und Sri Lanka selbstverständlich ist, muss im Königreich Bhutan noch gelernt werden. Das Land, das zwischen Indien und der Region Tibet liegt, bereitet sich auf die Demokratie vor. Genauer: Den Wechsel von der absolutistischen Monarchie in eine demokratische konstitutionelle Monarchie. Seit über 34 Jahren regiert König Jigme Singye Wangchuck. Er ist der vierte Monarch des Landes und der erste, der die Demokratie einführt.

Selbstlosigkeit ist es nicht, was den König zu diesem Schritt bewegt hat. Miriam Weiberg, Politikwissenschaftlerin an der Universität Rostock sieht darin eine späte Reaktion auf außenpolitische Ereignisse im regionalen Umfeld Bhutans: Die Unabhängigkeit Indiens, die Gründung der Volksrepublik China und die Flucht des Dalai Lama. "Es wurde einfach relativ deutlich, dass die Phase der Jahrhunderte langen selbst gewählten Isolation Bhutans beendet werden muss." Zudem wolle der König seine Position damit dauerhaft sichern und Ruhe im Land gewährleisten.

Angst vor Invasoren

Die Bewahrung der buddhistischen Kultur stand lange im Vordergrund von Bhutans Politik. In den 1950-er Jahren schreckte jedoch die Einverleibung der benachbarten Königreiche Sikkim und Tibet durch Indien und China die Eliten auf - es begann ein Umdenken und die langsame Öffnung nach außen. Die Gründung einer Nationalversammlung und die Ernennung eines Kabinetts sind Meilensteine dieser Zeit. Mit dem 25-jährigen Thronjubiläum des Königs im Jahr 1999 gab es eine weitere Neuerung: Das Fernsehen erhielt Einzug in die Stuben Bhutans.

Jigme Singye Wangchuck
Jigme Singye WangchuckBild: AP

Vor fünf Jahren setzte der Monarch eine Kommission ein, die eine Verfassung erarbeiten sollte. Sie wird Grundlage für die erste demokratische Wahl 2008. Der letzte Entwurf liegt seit März 2005 vor. In einem Volksreferendum soll über die Verfassung entschieden werden. Ein Zeitplan liegt allerdings noch nicht vor. Ein Punkt der Verfassung ist die Amtzeit des Königs: Er soll fortan mit Erreichen des 65. Lebensjahres abdanken und das Amt an den Kronprinzen abtreten. Das wird gleichzeitig mit der Wahl 2008 geschehen. Danach wird Bhutan von einer demokratisch gewählten Volkskammer und einem Nationalrat regiert. Der Nationalrat wird sich aus 20 gewählten und fünf durch den König ernannten Mitgliedern zusammensetzen.

Königstreues Volk

Nach Ansicht der Politologin Weiberg steht die Bevölkerung dem Systemwechsel noch skeptisch gegenüber. "Es hat einen langen Vorlauf gegeben, Gesprächsrunden in allen Distrikten", sagt sie. "In denen ist deutlich geworden, dass der König viel mehr Demokratie als die Bevölkerung will, die eigentlich lieber am alten System festhalten würde." In dem System der gebremsten Modernisierung, das der Vater des Königs in den 1960-er Jahren eingeführt hatte, gehe es der Bevölkerung insgesamt sehr gut.

Trotz aller Skepsis in der Bevölkerung glaubt Manfred Kulessa, deutscher Honorarkonsul von Bhutan, an ein positives Referendum. "Die Leute sind auch gehorsam und sie haben großes Vertrauen in den Monarchen. Und deswegen werden sie wahrscheinlich in dem Referendum zustimmen", meint Kulessa. "Die Skepsis muss man verstehen. Die Erfahrungen in Demokratie sind ja nicht in allen Ländern Asiens so positiv gewesen."

95 Prozent dürfen nicht kandidieren

Das passive Wahlrecht soll in Bhutan stark eingeschränkt werden: Nur Universitätsabsolventen dürfen sich zur Wahl stellen. Kulessa hält diese Einschränkung, die für großes Erstaunen in Bhutan gesorgt hatte, für nicht haltbar: Schließlich seien nur 3000 der 670.000 Bhutaner Universitätsabsolventen. "Das wird sicher weiter diskutiert", glaubt der Konsul. "Und da wird man eine vernünftige Lösung finden."

Doch neben dem passiven Wahlrecht enthält der Verfassungsentwurf noch weitere undemokratische Elemente: Auch wer mit einem Ausländer verheiratet ist, darf nicht kandidieren. Der Honorarkonsul ist sich sicher, dass hier das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Schließlich gibt es noch das Parlament und hoffentlich bald auch Parteien im Land: "Das wichtigste ist, dass sich die Parteien jetzt formieren und bekannt werden. Und die Politiker sitzen natürlich schon in den Startlöchern, um Parteien zu gründen."