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Politik

Darf ich bitten? Damenwahl in Herrenclubs

Sabrina Müller-Plotnikow
6. Juli 2018

Ein Blick in die exklusiven und diskreten Clubhäuser altehrwürdiger Herrenclubs offenbart elitäre Zirkel. Sie bieten imagefördernde Bühnen - vor allem für Männer. Doch die sind nicht länger unter sich: Die Frauen kommen.

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Deutschland | Villa Bonn - Sitz der Frankfurter Gesellschaft für Handel, Industrie und Wissenschaft (Foto: gemeinfrei/Karsten Ratzke)
Bild: gemeinfrei/Karsten Ratzke

Ein purpurner Teppich säumt den Weg ins Innere des großbürgerlichen Palais im noblen Frankfurter Westend: Der Herrensalon mit holzvertäfelten Wänden, Kronleuchter und Hirschgeweih scheint aus einer anderen Zeit. Über dem roten Marmorkamin hängt ein Gemälde einer alten Eiche, um die sich eine Schlange windet. "Wie die Glut zehrt von der Glut, wie der Brand sich entzündet am Brand, so lernt der Mann vom Manne im Gespräch", so lautet das Motto des hundert Jahre alten Herrenclubs "Frankfurter Gesellschaft", der sich regelmäßig in den prunkvollen Sälen der Villa Bonn trifft. Hier ist die Atmosphäre elitärer Männerbünde spürbar.

Sie sind das Who-is-Who der Frankfurter High Society und dürfen sich als exklusiv verstehen: pensionierte oder noch aktive Funktionäre und Honoratioren aus dem Bankwesen, Anwälte, Wissenschaftler, Politiker und Kulturschaffende.

Eine Einladung in den Nobelclub erhält, wer einen Spitzenposten in der Finanzmetropole erreicht hat. Christoph Franz zum Beispiel, der Lufthansa-Chef und Verwaltungsratspräsident des Schweizer Pharmakonzerns Roche. Auch Jürgen Jeske, ehemaliger Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung oder der ehemalige Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann sollen dazu gehören, heißt es. Bestätigt ist das nicht. Denn die Liste der über 600 Mitglieder ist streng geheim. Monatlich gibt es Vorträge prominenter Gäste, etwa von Katharina Wagner, der Geschäftsführerin der Bayreuther Festspiele. Sogar die Kanzlerin soll hier schon eine Rede gehalten haben.

Stopp! Nur mit Glied

Für Frauen war der Zutritt in die Frankfurter Gesellschaft für Handel, Industrie und Wissenschaft ansonsten lange verboten - außer sie kamen in Begleitung ihres erfolgreichen Gatten zu Dinners oder anderen Veranstaltungen.

In die Reihen der piekfeinen Gesellschaft hat es nur eine Frau geschafft: die frühere Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth. Als sie 1995 ihr Amt antrat, entbrannte eine leidenschaftliche Diskussion darüber, ob die Gesellschaft eine Frau aufnehmen solle, oder ob man der höchsten Vertreterin der Stadt den Zutritt nicht verweigern solle. Am Ende wurde eine Ausnahmeregelung geschaffen - und Petra Roth für ihren Ausspruch berühmt: "Ich bin hier das einzige Mitglied ohne Glied."

Traditionspflege von "anno dazumal"

Damit ist jetzt Schluss. Jahrelang diskutierten die Mitglieder über die Aufnahme von Vertreterinnen des anderen Geschlechts. Eine Abstimmung brachte im Jahre 2015 die notwendige Drei-Viertel-Mehrheit, doch die tatsächliche Öffnung wurde durch einen jahrelangen Rechtsstreit ausgebremst. Ein langjähriges Vereinsmitglied hatte den Herrenverein verklagt.

Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth
Frankfurts Oberbürgermeisterin Roth sorgte in der Männerrunde für Diskussionen. Jetzt ist sie sogar stellvertretende Präsidentin der "Frankfurter Gesellschaft"Bild: picture-alliance/dpa

Der Kunsthändler Knut Günther sah den eigentlichen Vereinszweck, das "Gespräch von Mann zu Mann", in Gefahr, sagte er im Laufe des Prozesses. Mit seiner Klage scheiterte er vor dem Landgericht; das Oberlandesgericht urteilte nun in nächster Instanz: Die Mitgliedschaft von Frauen ist grundsätzlich zulässig. Laut Satzung seien "tolerantes Denken und Verhalten" Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft. Die Diskussion um die "Öffnung des Vereins für Personen jedes Geschlechts" stelle sich deshalb laut Gericht "geradezu als Erprobung der zentralen Werte des Vereins dar". Seit der Satzungsänderung 2015 wurden bereits mehrere Frauen aus Wirtschaft, Industrie und Kultur aufgenommen; sie sind jetzt offiziell Mitglied.

Club der Ewiggestrigen

Der Rechtsstreit kratzte am Image konservativer Herrenclubs. Ähnliche Vereine haben sich in anderen Städten längst für Frauen geöffnet - wie der Übersee-Club zu Hamburg, der Industrie-Club Düsseldorf oder der Münchner Herrenclub.

Auf die Frage, warum andere Männerclubs Frauen kategorisch ausschließen, folgt oft die Antwort: aus "Traditionspflege". Die Ethnologin Gisela Völger hat bereits viele Texte zum weltweit auftauchenden Phänomen der Herrenclubs publiziert. Die pensionierte Direktorin des Kölner Rautenstrauch-Joest-Museums für Völkerkunde bringt es auf den Punkt: Grund seien das männliche Machtstreben und eine Hierarchisierung der Geschlechter.

Reine Damenwahl

Die Villa Bonn ist kein alleiniges Männerrefugium. Regelmäßig, nur zu anderen Terminen, treffen sich dort auch jetzt schon Frauen zu einer Art "Parallelveranstaltungen". Der International Women's Club, Zonta oder Cosmopolitan sind exklusive Damenveranstaltungen für erfolgreiche Chefinnen zum Netzwerken und Diskutieren. Sie sind aber auch so etwas wie eine Retourkutsche für die Men-Only-Treffen.

Der Damenclub "Zonta" habe gar nicht erst versucht, Eintritt zur exquisiten Altherrenrunde zu bekommen, erklärt Karin Tanz, die Sprecherin des Frauennetzwerks gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Stattdessen gründeten berufstätige Frauen vor knapp 50 Jahren ihren eigenen Club im Rahmen von Zonta International. Hier haben die Männer keinen Zutritt.

So unterschiedlich die Vereine scheinen, so ähnlich sind sie sich im Kern. Es geht um politische, gesellschaftliche und kulturelle Themen, es gibt eine strenge Etikette und die Mitglieder müssen die obersten Stufen ihre Karriereleiter erklommen haben. Mitglied werden sie nur, wenn sie durch Empfehlung von Clubmitgliedern vorgeschlagen werden. Das perfekte Terrain also, um ganz nebenbei wichtige Kontakte zu knüpfen.