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Politik

Corona: Kriminalität in Indien explodiert

Murali Krishnan ml
20. Juli 2020

Die Corona-Pandemie hat die indische Wirtschaft schwer getroffen. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit ist besorgniserregend. Immer mehr Menschen wissen nicht mehr aus noch ein - und greifen zu kriminellen Methoden.

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Indien Symbolbild Polizei Kontrolle Lockdown
Bild: AFP/A. Sankar

Janaki Devi machte gerade einen Morgenspaziergang in der Nähe eines Parks im Süden von Neu-Delhi, als es passierte. Zwei junge Männer auf einem Motorrad knatterten heran, stoppten kurz und entrissen ihr die goldene Halskette. "Alles ging so schnell. Die Männer waren schon weg, als ich reagieren konnte", berichtet die 50-jährige Hausfrau der DW. Sie hatte Glück. Mit Hilfe von Aufnahmen aus Videoüberwachungskameras konnte die Polizei die Diebe festnehmen: zwei Studenten, keine Vorstrafen bislang.

Die Straßenkriminalität hat in Indien spürbar zugenommen, seit die Behörden im vergangenen Monat begonnen haben, die Maßnahmen zum Schutz vor dem Coronavirus zu lockern.

Die Frau eines pensionierten Beamten des Außenministeriums wurde vergangenen Monat bei einem Raubüberfall erstochen. Nach Angaben der Polizei verübten das Verbrechen der Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes und seine Kollegen.

Wachsende Arbeitslosigkeit verschärft die Not

Experten sagen, dass der Anstieg der Arbeitslosigkeit in der Corona-Krise viele Menschen zu kriminellen Taten treibt, insbesondere die Jugend. So wurden in einem Fall zwei ehemalige Restaurantmanager und der Verkäufer aus einem Eisenwarengeschäft des Diebstahls von Mobiltelefonen und Schmuck in der Hauptstadt für schuldig befunden.

Indien: geschlossene Geschäfte wegen des Coronavirus, Siliguiri, 17.07.2020
Wirtschaft am Boden: Geschlossene Geschäfte in Shiliguri im Westen Indiens, Juli 2020 Bild: Getty Images/AFP/D. Dutta

"Gerade erst haben sie hier einen Essensboten ausgeraubt", sagt der Polizeifunktionär R.P. Meena im Gespräch mit der DW. "In vielen Fällen wurden als Täter gut ausgebildete Leute verurteilt, die nicht vorbestraft waren. Im Verhör sagen sie dann, dass sie keine Arbeit hätte. Sie kommen nicht über die Runden."

Indien hat fast eine Million registrierte Coronavirus-Infektionen. Fast 25.000 Menschen sind an oder mit dem Virus gestorben. Nach den USA und Brasilien ist Indien inzwischen das Land, in dem die Infektionsrate am stärksten ansteigt. Die Pandemie hat auch die Wirtschaft des asiatischen Landes schwer getroffen. Viele Unternehmen haben Personal entlassen, auch der informelle Sektor steckt in der Krise.

"Die Arbeitslosenquote wird aufgrund der Pandemie wahrscheinlich weiter ansteigen", sagt die Wissenschaftlerin Pradyumna Uppal gegenüber der DW.

Cyber-Betrug häuft sich

Die Behörden berichten, dass seit Beginn der Pandemie auch die Cyberkriminalität zunimmt. Allein im Bundesstaat Maharashtra hat die Polizei 400 Fälle registriert - Hassreden im Internet zu Beispiel. "Wir haben die Kontrollbehörden angewiesen, solche Beiträge aus dem Netz zu entfernen", sagt Balsing Rajput, bei der Polizei von Maharashtra für Cyber-Kriminalität zuständig.

Indien Neu Delhi | Coronavirus | Essensversorgung
Menschen in Neu-Delhi stehen für Essen an - viele wissen nicht, wie sie über die Runden kommen sollenBild: DW/S. Chabba

Es häuften sich auch die Fälle, in denen Menschen bei Online-Überweisungen betrogen wurden. "Wir haben ermittelt, dass Cyber-Betrüger gefälschte Webseiten erstellt haben, die etwa Lieferdiensten ähneln, um arglose Kunden zu Online-Transaktionen zu verleiten", beschreibt ein Beamter die Masche.

Mit angeblichen Sex-Fotos erpresst

Nach Behördenangaben haben solche Betrügereien seit der Lockerung der Schutzmaßnahmen zugenommen: gefälschte Kreditkarten-Transaktionen, dubiose Online-Buchungen, angeblich kostenlose Corona-Tests, verlockende Stellenangebote aus dem Ausland. "In anderen Fällen geht es um Lotterien, um zinslose Darlehen oder um Versicherungspolicen", sagt der Polizeibeamte Pratam Singh gegenüber der DW.

Cyberkriminelle manipulieren ebenfalls Fotos von Frauen, um sie damit zu erpressen. "Wir haben viele Beschwerden bekommen, die von der Veröffentlichung obszöner Bilder bis hin zu Online-Drohungen und Erpressung reichen", berichtet Akancha Srivastava, Cybersicherheitsexpertin und Gründerin der Hilfsorganisation Akancha Foundation.

Und die Regierung? Sie mahnt immerhin zur Vorsicht vor gefälschten Textnachrichten oder E-Mails. Und sie ruft dazu auf, Fälle von Online-Betrug, Cyber-Bedrohungen oder Erpressung den Behörden zu melden.