1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Corona-Impfstoff made in Cuba

Andreas Knobloch Havanna
18. August 2020

Die Karibikinsel hat viel Erfahrung mit Impfstoffen. Jetzt arbeitet Kuba an der Entwicklung eines eigenen Impfstoffs zur Bekämpfung des Coronavirus. Russland will derweil seinen Impfstoff auf Kuba produzieren lassen.

https://p.dw.com/p/3h6yP
Kuba | Coronavirus | Menschen mit Gesichtsmaske in Havanna
Bild: pictrure-alliance/AP Photo/I. Francisco

Bisher hatte Kuba die Corona-Epidemie gut im Griff. Seit einigen Tagen vermeldet der Karibikstaat aber wieder steigende Infektionszahlen. Die Regierung verhängte daher Anfang vergangener Woche einen neuen Lockdown über Havanna. Restaurants und Bars wurden wieder geschlossen, der öffentliche Nahverkehr ausgesetzt und Strände gesperrt. Abhilfe wird wohl erst ein wirksamer Impfstoff gegen SARS-Cov-2 schaffen. Kubas Chef-Epidemiologe Francisco Durán gab am Dienstag bekannt, dass auch sein Land an einem Corona-Impfstoff arbeite. "Das Erreichen eines wirksamen Impfstoffs gegen COVID-19 hat für unser gesamtes Wissenschafts- und Innovationssystem Priorität. Heute sehen wir am Finlay-Institut, wie solide und schnelle Fortschritte in diesem Projekt erzielt wurden", ergänzte Eduardo Martínez, Präsident des kubanischen Biotechnologie-Unternehmens BioCubaFarma, via Twitter.

Kuba Corona-Pandemie | Havanna
In der Öffentlichkeit omnipräsent: der Mund-Nasen-Schutz gegen das CoronavirusBild: Imago Images/Agencia EFE/Y. Zamora

Kuba mit viel Erfahrung in Impfstoff-Entwicklung- und produktion

Das Finlay-Institut ist ein staatliches Wissenschaftszentrum in Havanna, das sich der Forschung und Herstellung von Impfstoffen widmet. Dort, am Zentrum für Molekulare Immunologie und am Zentrum für Gentechnik und Biotechnologie (CIGB) arbeiten kubanische Wissenschaftler derzeit an vier möglichen Vakzinen, von denen eine in Testversuchen weit fortgeschritten sei, so die staatliche Presse. "Angesichts der Corona-Pandemie haben wir zwei Prioritäten: die Fähigkeit zu schnellen und massiven Testungen, die eine epidemiologische Überwachung ermöglichen, und die Entwicklung spezifischer Impfstoffe, die zur Bekämpfung der Krankheit in unserem Land beitragen", erklärte Rolando Pérez, Direktor für Wissenschaft und Innovation bei BioCubaFarma, in einer Sondersendung im kubanischen TV. Einzelheiten nannte er nicht.

Die kubanische Forschung konzentriere sich auf "Impfstoffe auf Basis des Virus ähnelnder Partikel, die Vorteile hinsichtlich der Fähigkeit zur Stärkung und Aktivierung des Immunsystems haben" und eine Stärke der kubanischen Impfforschung seien, hatte Gerardo Guillén, Direktor für biomedizinische Forschung am CIGB, in einem Pressegespräch im Juni erklärt. Dazu zählten nasal verabreichte Impfstoffe. Als Beispiel nannte er einen auf Kuba entwickelten therapeutischen Impfstoff gegen chronische Hepatitis B, der weltweit der erste gegen eine chronische Infektionskrankheit war, der auf nasalem Weg verabreicht wird. "Und jetzt, da wir über eine Atemwegserkrankung [COVID-19, Anm.] sprechen, glauben wir, dass eine Immunisierungsplattform über die Schleimhäute logischerweise einen größeren Einfluss auf das Erreichen einer funktionellen, wirksamen Reaktion gegen dieses Virus haben wird." Laut Guillén gebe es gemeinse Forschungsprojekte mit der EU sowie China.

Im Gegensatz zu vielen anderen Entwicklungsländern verfügt Kuba über eine leistungsstarke Biotechnologiesparte und eigene Labors. Die Erfahrung der kubanischen Biotechnologie in der Entwicklung von Vakzinen ist für die Entwicklung von Impfstoffen gegen SARS-Cov-2 nützlich. Und sie macht das Land interessant für gemeinschaftliche Projekte. "Kuba produziert fast achtzig Prozent der Impfstoffe, die im Rahmen des Nationalen Immunisierungsprogramms verwendet werden. Dies ist die Fähigkeit des Landes, Impfstoffe herzustellen. Es gibt das Finlay-Institut und es gibt einen großen Bereich technologischer Innovationen", sagt der Kuba-Direktor der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation (PAHO), der Chilene José Moya.

Was würde wohl Ernesto "Che" Guevara sagen?
Was würde wohl Ernesto "Che" Guevara sagen? Bild: picture-alliance/dpa/R. Espinosa

"Wir müssen realistisch bleiben"

Berichten zufolge gehört Kuba zu jenen Ländern, die den von russischen Wissenschaftlern entwickelten Sputnik V-Impfstoff gemeinsam herstellen könnten. Die Ankündigung des russischen Impfstoffs hatte vergangene Woche für Aufsehen gesorgt und war auf viel Skepsis und Kritk gestoßen, da für die Zulassung Phase 3 der klinischen Erprobung überspungen wurde. Dass Kuba Zulassungsschritte überspringen könnte steht aber nicht zu erwarten. Havanna hält sich in der Regel strikt an die Vorgaben der WHO.

"Kuba verfügt über hervorragende Fähigkeiten zur Herstellung von Impfstoffen. Wir diskutieren den Produktionsstart mit mehreren kubanischen Unternehmen. Wir glauben, dass Kuba eines der wichtigsten Zentren für die Impfstoffproduktion werden kann", so Kirill Dmitriev, Direktor des russischen Staatsfonds Russian Direct Investment Fund (RDIF), der das russische Impfprojekt finanziert hat, in einer Videopressekonferenz. Laut Dmitriev könnte die Herstellung des russischen Impfstoffs auf Kuba im November beginnen, "wenn wir gut mit der kubanischen Regierung und den Unternehmen zusammenarbeiten". Noch aber sind Details zu klären.

Trotz der Ankündigung eines russischen Vakzins und aller Fortschritte bei der Forschung werde es so schnell keinen massenhaft verfügbaren, funktionieren Impfstoff geben, warnt Durán. "Wir müssen realistisch bleiben." Der einzige wirksame Schutz vor Ansteckungen derzeit sei, "eine Maske zu tragen und die Hygiene- und Abstandsregelungen einzuhalten".