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Politik

COP26: Merkel fordert weltweiten CO2-Preis

1. November 2021

In Glasgow schwören die zahlreichen Staats- und Regierungschefs einander auf größere Anstrengungen beim Klimaschutz ein. Boris Johnson zieht einen James-Bond-Vergleich, Joe Biden entschuldigt sich für Trump.

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Klimagipfel COP26 in Glasgow | Angela Merkel
Weltrettung als finale Mission: Die COP26 ist einer der letzten großen Auftritte für die scheidende KanzlerinBild: Guido Bergmann/Bundesregierung/Getty Images

"Es ist eine Minute vor Mitternacht auf der Weltuntergangs-Uhr!", sagte der britische Regierungschef Boris Johnson als Gastgeber der Weltklimakonferenz (COP26). Je länger die Welt mit effektivem Klimaschutz warte, desto höher werde der Preis, den die Menschheit zahlen müsse. Es bestehe aber noch die Möglichkeit, die "tickende Weltuntergangs-Maschine" zu stoppen, sagte Johnson. Er warb für einen globalen Ausstieg aus der Kohle-Verstromung bis 2040 - in reichen Ländern bis 2030. "Wir fühlen uns vielleicht nicht wie James Bond und sehen vielleicht auch nicht so aus", sagte Johnson. Im Geiste des Film-Agenten müsse die Welt jedoch die reale Bedrohung der Klimakrise entschärfen.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres warnte, die Menschheit schaufle sich ihr eigenes Grab. Die Menschheit müsse aufhören, die Natur wie eine Toilette zu behandeln. Unter anderem rief Guterres die reichen Staaten auf, ihr Versprechen einzuhalten, ärmere Nationen mit jährlich 100 Milliarden US-Dollar im Kampf gegen den Klimawandel zu unterstützen. Es müsse mehr zum Schutz vulnerabler Gruppen getan werden. Vier Milliarden Menschen hätten im vergangenen Jahrzehnt mit der Klimakrise verknüpfte Katastrophen erlebt. "Diese Verwüstung wird nur noch größer", sagte Guterres.

Merkel fordert weltweiten CO2-Preis

Die scheidende Bundeskanzlerin Merkel sprach sich in ihrem ersten Redebeitrag auf der COP26 für einen weltweiten CO2-Preis aus: "Wir werden mit staatlichen Aktivitäten allein nicht vorankommen", sagte sie. Es gehe um die umfassende Transformation des Lebens und des Wirtschaftens. Ein CO2-Preis könne die Industrie dazu bringen, die technologisch besten Wege zur Klimaneutralität zu finden.

US-Präsident Joe Biden versprach, die USA seien nicht nur zurück am Tisch, sondern wollten auch eine Führungsrolle einnehmen und mit gutem Beispiel vorangehen. Die jährlichen Emissionen seines Landes sollten bis 2030 um mehr als eine Gigatonne oder 50 bis 52 Prozent reduziert werden. Damit würden die US-Klimaziele erreicht. Biden entschuldigte sich für den zeitweisen Ausstieg der USA aus dem in Paris geschlossenen Klimaabkommen unter seinem Amtsvorgänger Donald Trump.

Zwei wichtige CO2-Emittenten fehlen

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron fordert, dass die Verursacher besonders vieler Treibhausgasemissionen ihre Ambitionen steigern. Dies sei der Schlüssel für den Erfolg der Konferenz, sagte Macron in Glasgow.

Klimagipfel COP26 in Glasgow | Joe Biden
US-Präsident Biden reiste vom G20-Gipfel in Rom direkt weiter nach GlasgowBild: Yves Herman/AP Photo/picture alliance

Mit Xi Jinping und Wladimir Putin sind allerdings die Staatschefs zweier großer Treibhausgas-Emittenten ferngeblieben - China und Russland. Mit Spannung wurde erwartet, ob der indische Regierungschef Narendra Modi ehrgeizigere Klimaziele für sein Land ankündigt. Doch Indien strebt erst bis 2070 Klimaneutralität an. Dies zerstörte die Hoffnung, den Druck vor allem auf China erhöhen zu können.

Kein starkes Signal aus Rom

Am vergangenen Wochenende hatte sich die wichtige G20-Gruppe, die für einen Großteil klimaschädlicher Emissionen verantwortlich zeichnet, in Rom nur auf einen Minimalkonsens einigen können. Das Ziel, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen, wurde zwar bekräftigt. Ein Zieldatum wurde jedoch nicht genannt.

Joe Biden (l.) und Boris Johnson in Rom
Steckten in Rom die Köpfe zusammen: Joe Biden (l.) und Boris JohnsonBild: Stefan Rousseau/AP/picture alliance

Auch bei der angestrebten CO2-Neutralität konnten sich die Staaten nicht auf ein konkretes Datum verständigen. Diese soll nun "bis zur oder um die Mitte des Jahrhunderts" erreicht werden. Widerstand gab es vor allem von Schwellenländern und von Staaten mit großer Produktion fossiler Energien.

Klima-Aktivisten und Umweltverbände kritisierten die Kompromisse als unzureichend. Auch Guterres zeigte sich enttäuscht: "Ich verlasse Rom mit unerfüllten Hoffnungen - aber wenigstens sind sie nicht beerdigt", twitterte der UN-Generalsekretär. COP26-Gastgeber Johnson ergänzte: "Wenn Glasgow scheitert, dann scheitert die ganze Sache."

Deutschland möchte Brückenbauer sein

Die geschäftsführende deutsche Umweltministerin Svenja Schulze sieht Deutschland bei der Weltklimakonferenz in der Rolle eines Brückenbauers. "Wir haben die Expertise, die Erfahrung und die Vertrauensbasis, die Fortschritte auf solchen Konferenzen möglich machen", sagte Schulze der Zeitung "Rheinische Post". Deutschland könne anderen Ländern im Kampf gegen den Klimawandel helfen - finanziell, aber auch mit Erfahrungen. Sie betonte auch, Deutschland komme mit einem starken neuen und rechtsverbindlichen Klimaziel nach Glasgow: "Wir werden 2045 klimaneutral, das sind fünf Jahre früher als die EU."

UK Glasgow | Protest vor COP26
Ebenfalls nach Glasgow gereist: Klimaaktivisten mit einer klar formulierten BotschaftBild: Andrew Milligan/PA Wire/picture alliance

Zum Start der Konferenz in der schottischen Großstadt hatte UN-Klimachefin Patricia Espinosa am Sonntag gewarnt, ein Weiter-so beim Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase komme einer "Investition in unsere eigene Auslöschung" gleich. Und der britische Präsident der COP26, Alok Sharma, sagte, das Fenster, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, schließe sich. "Diese internationale Konferenz muss liefern."

Das 1,5-Grad-Ziel kann nach Ansicht von Experten nur dann erreicht werden, wenn die weltweiten CO2-Emissionen bis zum Ende dieses Jahrzehnts halbiert werden und spätestens 2050 Klimaneutralität erreicht wird. Laut Erkenntnissen der Vereinten Nationen steuert die Erde derzeit aber auf eine Erwärmung um 2,7 Grad in diesem Jahrhundert zu.

wa/ehl/sti (afp, dpa, epd)