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Pakistanischer "Wirtschaftskorridor"

Hans Spross11. Juli 2013

China will sich mit ehrgeizigen Infrastrukturprojekten in Pakistan engagieren, trotz der angespannten Sicherheitslage dort. Peking sucht neue Wege für Energieimporte und Unterstützung an der Anti-Terrorfront.

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Pakistans Premier Minister Nawaz Sharif bei Xi Jinping (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

An der üblichen Rhetorik ließ es der pakistanische Ministerpräsident Nawaz Sharif (im Artikelbild links) anlässlich seines Antrittsbesuchs beim traditionellen Partner China nicht fehlen. So hätten er und Präsident Xi Jinping einander zugesagt, die "Allwetterfreundschaft" beider Länder "zu neuen Höhen zu führen".

Zu diesem Zweck wurden mehrere Kooperationsabkommen geschlossen. Unter anderem wollen die beiden direkt benachbarten Länder in den Bau eines sogenannten Wirtschaftskorridors investieren, der vom nordwest-chinesischen Kashgar zum pakistanischen Hafen Gwadar am Ausgang des Golfs von Oman führen soll. Konkret geht es dabei um eine Straßen- und Eisenbahnverbindung von über 2.000 Kilometern Länge zwischen den beiden Endpunkten.

Sicherheitslage als Hürde

Ein Projekt, dem nicht nur gewaltige geographische Hindernisse im Wege stehen, sondern auch die Terrorbedrohung durch diverse extremistische Gruppen in Pakistan, vor allem in der Provinz Belutschistan. "Die Erfolgsaussichten dieses Vorhabens werden in hohem Maße von der Sicherheitslage in Pakistan abhängen", sagt Südasien-Experte Christian Wagner von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Wir haben in den letzten Wochen und Monaten immer wieder Anschläge auf chinesische Experten und Fachkräfte in Pakistan gesehen."

Karakorum Highway zwischen Pakistan und China
Es gibt viel zu tun im Bereich Infrastruktur, wie hier am Karakorum-HighwayBild: Getty Images

Liu Xiaoxue vom Asien-Pazifik-Institut der Chinesischen Akademie für Gesellschaftswissenschaften (CASS) bestätigt, dass Entführungen und bewaffnete Angriffe auf Chinesen nicht selten seien. Aber China habe keine andere Wahl, als dieses Risiko einzugehen, denn es sei größter Auftragnehmer bei Ausschreibungen in Pakistan und wolle diese Rolle ausbauen. "China hofft, dass durch Investitionen, die in Pakistan sehr willkommen sind, die Wirtschaft dort auf die Beine kommt", sagt die Expertin im DW-Interview. "Und davon profitiert langfristig auch China."

"Langfristig" ist hier wohl das entscheidende Wort. Peking ist wegen der Sicherheitslage in Pakistan besorgt, aber nicht nur deswegen. Der pakistanische Journalist Absaar Alam hat Sharif bei der China-Reise begleitet: "Die pakistanische Regierung erscheint als nicht wirklich interessiert. Sie bringt ihren Teil bei vereinbarten Projekten nicht ein", so die chinesische Wahrnehmung laut Alam.

Alternativroute für Chinas Ölimporte

Es gibt noch ein naheliegendes Interesse Chinas an einem Wirtschaftskorridor durch Pakistan, wie Liu Xiaoxue von der CASS erläutert: China träume seit längerem davon, einen neuen Weg für seine Ölimporte zu finden, um die bei Singapur verlaufende Seestraße von Malakka zu umgehen. "Der geplante Wirtschaftskorridor verläuft vom Hafen Gwadar bis nach Kashgar, also vom Arabischen Meer nach Xinjiang, und kann für den Erdöltransport von Westasien nach China dienen. Aber seine Verwirklichung wird ein langer Prozess", räumt Liu Xiaoxue ein.

Bauarbeiten am Tiefseehafen Gwadar (Foto: AFP/Getty Images)
Nach jahrelangem Stillstand soll der Tiefseehafen Gwadar mit chinesischer Hilfe in die operative Phase gehenBild: BEHRAM BALOCH/AFP/Getty Images

Mit einer Umsetzung innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre rechnet auch Christian Wagner nicht, dafür seien die Bedingungen in Pakistan zu schwierig. Wenn aber der Ausbau der Kooperation mit China einen kleinen Beitrag dazu leiste, dass sich "die wirtschaftliche Lage in Pakistan, die Infrastruktur und vor allem die Energieversorgung im Land verbessern“, sei schon einiges gewonnen.

Pakistanische Experten sind da pessimistischer: "Angesichts einer Stromdiebstahlquote von 30 bis 40 Prozent und eines seit über 40 Jahren nicht mehr modernisierten Stromnetzes kann keine Macht der Welt uns helfen", sagt der Wirtschaftswissenschaftler Farrukh Saleem der Deutschen Welle. Dennoch twitterte Premier Sharif nach seiner China-Reise unverdrossen: "Eine von Respekt geprägte Beziehung und strategische Allianz werden Pakistan bei der Stabilisierung der Wirtschaft helfen."

Thema grenzüberschreitender Extremismus

Eher am Rande der Sharif-Visite wurde die Kooperation bei der Terrorismusbekämpfung erwähnt. Sie brennt vor allem China unter den Nägeln, wie Christian Wagner erläutert: "Es gibt immer wieder Hinweise darauf, dass Gruppen der [muslimischen, in Westchina lebenden, Anm.d.Red.] Uighuren Ausbildungslager in Pakistan haben. Und natürlich hat die chinesische Regierung kein Interesse daran, dass sich islamistische Gruppen in ihrer Westprovinz in Pakistan ausbilden lassen und von dort aus militärisch und logistisch unterstützt werden."

Chinesische Polizisten in Urumqi (Foto: Kyodo)
Pakistan soll Verbindungen von Extremisten nach Xinjiang (hier chinesische Polizisten in der Hauptstadt Urumqi) unterbindenBild: picture-alliance/dpa