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China - ein Vielvölkerstaat mit Problemen

22. Oktober 2009

In Chinas muslimisch geprägter Region Xinjiang kam es in diesem Jahr zu brutalen Auseinandersetzungen zwischen Han-Chinesen und Uiguren. Viele Volksgruppen leben in China unter schwierigen Umständen.

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Muslimische Uiguren im Vielvölkerstaat ChinaBild: AP

China ist nur auf den ersten Blick ein ethnisch homogenes Land. Offiziell werden 56 Nationalitäten gezählt. Die Han-Chinesen sind dabei klar dominant: Sie machen mit 1, 1 Milliarden Menschen über 90 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Deshalb gelten die übrigen Völker auch als „nationale Minderheiten“.

Die größte Minderheit sind die südchinesischen Zhuang mit über 16 Millionen Menschen, die kleinste die in Tibet lebenden Lhoba mit knapp 3000. Die im Ausland heute bekanntesten sind die Tibeter mit gut fünf Millionen, die Uiguren mit über acht Millionen und die Mongolen mit fast sechs Millionen Menschen.

Ein traditionaler Tanz der nationalen Minderheit
Chinas Minderheiten laufen Gefahr, dass ihre Kulturen nur noch folkloristisch verkitscht wahrgenommen werdenBild: Xiao Xu

Die von sämtlichen Minderheiten bewohnten Gebiete machen fast zwei Drittel der Gesamtfläche des Landes aus. Meist bilden inzwischen aber auch dort die Han-Chinesen die Mehrheit der Bevölkerung. Womit auch schon ein Problem der Nationalitätenpolitik in China benannt ist: Die Überfremdung durch Massenansiedlung von Han. Traditionell haben die Han-Chinesen die sie umgebenden Nomaden und Jägervölker als rückständige „Barbaren“ verachtet. Auch unter Mao wurde die Assimilation der Minderheiten gefördert, wurden ihr Brauchtum und ihre Schriften verboten und jede Äußerung von Eigenständigkeit gewaltsam unterdrückt.

In den 1980er Jahren wurden die Minderheiten formal gestärkt: Durch eine Verfassungsänderung 1982 und das „Autonomiegesetz“ von 1984. Zwar wurden den Nationalitäten die weit reichendsten Rechte seit Gründung der Volksrepublik zugestanden. Aber die Partei ist den autonomen Verwaltungsinstitutionen - wie überall in China - übergeordnet. Und die Parteichefs sind immer Chinesen. Mangels eines Verfassungsgerichts gibt es keine Möglichkeit, die angeblich garantierten Rechte einzuklagen. Vor allem aber sieht das Autonomiegesetz auch in wichtigen Fragen keine Mitspracherechte vor.

Allerdings genießen die Minderheiten auch Sonderrechte: Zum Beispiel sind sie nicht an die Ein-Kind-Politik gebunden – was den Neid vieler Han-Chinesen zur Folge hat.

China Volkskongress 2006 Volkskongress tagt - Hilfe für Bauern
Besonders die Minderheiten in China sind von Armut betroffenBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Die Minderheitengebiete sind überwiegend arm. Ende der 1990er Jahre lebten 80 Prozent der Menschen unterhalb der Armutsgrenze in Minderheitengebieten. Der weit verbreitete Eindruck wirtschaftlicher Marginalisierung hat hier seine reale Grundlage. Die Arbeitslosigkeit unter den Angehörigen der Minderheiten ist wesentlich höher. Sie werden als letzte eingestellt und als erste gefeuert.

Bestrebungen nach mehr Autonomie gibt es vor allem unter Tibetern und Uiguren, in geringerem Maße auch unter den Mongolen. Vor allem unter den muslimischen Uiguren gibt es mehrere Gruppen, die für die Loslösung von China und einen eigenen Staat eintreten. China hatte in den vergangen Jahren versucht, jegliches Aufbegehren in einen islamistischen und terroristischen Zusammenhang zu rücken.

Autor: Mathias von Hein

Redaktion: Silke Ballweg