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Bundespräsident fordert neue Arbeitsplätze

Monika Lohmüller, Berlin20. November 2001

Die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland ist nach Ansicht von Bundespräsident Johannes Rau bedrückend. Gewerkschaften und Arbeitgeber sollten daher gemeinsam handeln

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Die nach wie vor hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland ist nach Ansicht von Bundespräsident Johannes Rau bedrückend. Daher müssten Arbeitgeber und Gewerkschaften alles dafür tun, um dieses - so Rau auf dem Arbeitgebertag in Berlin wörtlich - 'drängendste Problem' gemeinsam anzugehen. Die Politik schaffe keine Arbeitsplätze, sondern nur die Rahmenbedingungen: "Arbeitgeber und Gewerkschaften müssen aus gesellschaftlicher Verantwortung gleicherweise daran interssiert sein, für Menschen ohne Arbeit neue Arbeitsplätze zu schaffen und bestehende zu sichern. Über die unterschiedlichen Konzepte muss man streiten. Aber der gemeinsame Wille sollte nicht infrage gestellt werden. Jedenfalls sollten Arbeitgeber und Gewerkschaften in dieser Frage an einem Strang ziehen, möglichst oft in die gleiche Richtung."

Der Bundespräsident wandte sich gegen die vielfach zu hörende Meinung, daß das Anspruchsdenken der Bürger an den Staat in den letzten Jahren ins Unermessliche gewachsen sei. Rau lehnte es ab, von der "sozialen Hängematte" zu sprechen. Vorwürfe wegen Steuerhinterziehung und sozialem Mißbrauch dürften nicht verallgemeinert werden. Er halte zwar auch die Absenkung der Lohnnebenkosten für notwendig, betonte Rau, aber sie alleine schüfen niemals Millionen Arbeitsplätze. Der Bundespräsident wandte sich auch gegen "Lohndumping".

Deutschland spiele in der wirtschaftlichen Spitzenliga mit und sollte nicht versuchen, mit Niedriglöhnen zu konkurrieren: "Wir können technologische Spitzenleistung bringen und wir können diejenigen, die am Rande unserer Gesellschaft stehen, in die Mitte holen, darauf sollten wir unsere Kraft und Energie richten. Und nicht darauf, die einen gegen die anderen auszuspielen. Wenn wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt nicht stärken, dann sind wir auf Dauer auch wirtschaftlichen nicht erfolgreich."

Unzufrieden mit der Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung zeigte sich Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt. Deutschland stecke derzeit in einer schweren Konjunkturkrise, befinde sich in einem "schweren Abschwung". In dieser Zeit die Steuern zu erhöhen, wie dies die Bundesregierung mit der Erhöhung der Tabaksteuer und der zum 1. Januar geplanten erneuten Steigerung der Ökosteuer tue, sei geradezu "lehrbuchhaft falsch". Hundt mahnte grundlegende Reformen der Sozialsysteme an und kritisierte, dass die auch von den Arbeitgebern getragenen Beitragssätze nicht wie von der Bundesregierung angekündigt, abgesenkt, sondern steigen würden: "Perspektive im nächsten Jahr: Alles steigend. Wo ist hier die Verantwortung unserer Sozialpolitiker für die nächste Generation?"

Deregulierung des deutschen Arbeitsmarktes, moderate und längerfristige Tarifabschlüsse sind nach Ansichts Hundts ebenfalls Voraussetzungen dafür, dass neue Arbeitsplätze entstehen wie die Schaffung von Anreizen, nach beispielsweise langer Arbeitslosigkeit wieder eine Tätigkeit aufzunehmen: "Es sind die falschen Anreize, wenn sich Arbeislosenhilfebezieher durch Arbeitsaufnahme wirtschaftlich verschlechtern. Es sind die falschen Anreize, wenn Sozialhilfebezieher nahezu jede hinzuverdiente Mark an das Sozialamt abführen müssen. Dieses ist kein Anreiz für legale Arbeit, sondern dieses sind Anreize für zusätzliche Schwarzarbeit."

Darüber hinaus forderte Hundt die Verabschiedung des geplanten Zuwanderungsgesetzes. Er wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der deutschen Wirtschaft trotz "green-card"-Regelung nach wie vor Fachkräfte fehlten. CDU-Chefin Angela Merkel bezeichnete in ihrer Rede auf dem Arbeitgebertag die schwache Konjunktur und die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland als "hausgemacht". Sie kündigte bei einem Wahlsieg im nächsten Jahr eine umfassende Reform der Arbeitsmarktpolitik an.