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Länder fordern strengeres Sexualstrafrecht

13. Mai 2016

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Reform des Sexualstrafrechts vorgelegt. Doch dem Bundesrat gehen die Vorschläge nicht weit genug, auch mit Blick auf die sexuellen Übergriffe in der Kölner Silvesternacht.

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Symbolbild Gewalt gegen Frauen (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/H. Wolfraum

In einer Stellungnahme zur geplanten Verschärfung des Vergewaltigungsparagrafen hat die Länderkammer bemängelt, mit dem Gesetzentwurf der Regierung drohten weiterhin Strafbarkeitslücken. So bleibe es weiterhin straffrei, wenn jemand ein "Nein" des Opfers ignoriert und ohne Anwendung von Nötigungsmitteln sexuelle Handlungen an ihm ausführt. Der Bundesrat forderte daher die Bundesregierung auf, das "Nein-heißt-Nein"-Prinzip zur Grundlage der entsprechenden Strafvorschriften zu machen.

Der im Bundestag kürzlich erstmals beratene Gesetzentwurf sieht Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und zehn Jahren für all jene vor, die sexuelle Handlungen an Menschen vornehmen, die zum Widerstand körperlich, psychisch oder wegen der überraschenden Begehung der Tat unfähig sind. Die Strafbarkeit soll allerdings auch künftig an bestimmte Bedingungen geknüpft werden - der Täter muss das Opfer etwa überraschen. Nicht nur im Bundestag gibt es inzwischen parteiübergreifend Bestrebungen, den Entwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) nachzubessern. Auch Maas zeigte sich offen für eine Verschärfung des Entwurfs.

Man müsse sich davon lösen, die Strafbarkeit an besondere Umstände zu knüpfen, sagte Hamburgs Justizsenator Till Steffen in der Debatte im Bundesrat. "Die Zeit für eine solche Reform wäre reif, die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für eine so umfassende Reform sind gegeben", sagte der Grünen-Politiker.

Opferwille als entscheidendes Kriterium

Der Bundesrat schlägt nun eine Formulierung vor, nach der es allein auf den erkennbaren Willen des Opfers ankommen soll - und zwar unabhängig davon, ob Betroffene diesen ausdrücklich erklären oder er aus den Umständen ersichtlich wird. Damit sollen Fälle erfasst werden, in denen das Opfer nur weint oder in Schockstarre verfällt.

Mit Blick auf die massenhaften Übergriffe in der Silvesternacht in Köln wollen die Länder zudem, dass der Bundestag prüft, wie sexuelle Angriffe aus Gruppen strafrechtlich besser geahndet werden können. Außerdem haben die Länder angeregt, einen neuen Straftatbestand der "sexuellen Belästigung" zu schaffen - gegen kurze, belästigende Berührungen über der Kleidung. Mit dem Gesetzentwurf muss sich nun erneut der Bundestag beschäftigen.

8000 Vergewaltigungen

Bundesweit werden pro Jahr rund 8000 Vergewaltigungen angezeigt. Experten schätzen, dass nur jedes zehnte Opfer zur Polizei geht. Und nur etwa jeder zehnte Verdächtige wird verurteilt. Die Unions-Rechtsexpertin Elisabeth Winkelmeier-Becker zeigte sich derweil skeptisch, ob die Reform daran etwas ändern wird. "Ich kann nicht versprechen, dass die Verurteilungsquoten signifikant steigen. Ich kann aber versprechen, dass Schutzlücken in konkreten einzelnen Fällen geschlossen werden", sagte sie kurz vor der Debatte im Bundesrat.

Feministinnen, Rechtsanwältinnen und Betroffenenverbände kritisieren, es gelte - bis auf Ausnahmefälle - weiterhin der Grundsatz, dass sich das Opfer physisch zur Wehr setzen oder eine Fluchtmöglichkeit nutzen müsse. Manchen Juristen geht allerdings schon der vorliegende Entwurf zu weit - es könne allzu leicht zu falschen Beschuldigungen kommen.

kle/stu (dpa, afp)