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Blutvergießen in Syrien geht weiter

30. Dezember 2011

Ist die Beobachtermission der Arabischen Liga in Syrien ein zahnloser Tiger? Anzeichen für Veränderungen im Land gibt es bislang nicht. Bei Massenprotesten erschossen Soldaten erneut mehrere Demonstranten.

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Schussloch in der Windschutzscheibe eines Autos (Foto: AP)
In vielen syrischen Städten wird weiterhin geschossenBild: AP

Mehrere hunderttausend Menschen folgten nach Angaben der Opposition am Freitag (30.12.2011) den neuerlichen Aufrufen, gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad zu demonstrieren. Allein in den Widerstandshochburgen Idlib und Hama sollen nach den Freitagsgebeten jeweils 250.000 Menschen durch die Straßen gezogen sein. Weitere Proteste gab es unter anderem in Homs und Duma, einem Vorort von Damaskus.

Landesweit wurden dabei nach Angaben von Aktivisten auch an diesem Freitag mehrere Menschen von Sicherheitskräften erschossen. Seit der Ankunft einer Beobachtermission der Arabischen Liga am vergangenen Dienstag soll es landesweit mehr als 100 neue Tote und zahlreiche Verletzte gegeben haben.

Ein Oppositionsvertreter sagte der Nachrichtenagentur Reuters, die Protestler wüssten, dass das Blutvergießen nicht allein deswegen enden werde, weil die Beobachter im Land seien, aber "wenigstens werden sie es sehen".

Kritik an arabischer Mission

Leiter der Beobachtermission der Arabischen Liga in Syrien, General Mustafa al-Dabi (Foto: dpa)
Umstrittene Figur: General Mustafa al-DabiBild: picture-alliance/dpa

Die Zusammensetzung und das Vorgehen der Beobachtergruppe, die einen mit der Arabischen Liga ausgehandelten Friedensplan überwachen soll, ist indes äußerst umstritten. Kritiker halten den Anführer der Mission, den sudanesischen General Mustafa al-Dabi, für eine glatte Fehlbesetzung.

Er sei selbst Vertreter eines Regimes, das für die Unterdrückung von Oppositionellen bekannt sei, lautet der Vorwurf. Al-Dabi gilt als Vertrauter von Sudans Präsident Omar al-Baschir, gegen den wegen Kriegsverbrechen in der Region Darfur ein internationaler Haftbefehl vorliegt.

Der syrischen Führung wird zudem vorgeworfen, die Beobachter zu täuschen und ihnen nicht die nötige Bewegungsfreiheit einzuräumen. Bei einem Besuch in der Stadt Homs, wo die Mission am Dienstag begonnen hatte, wollten die Gesandten nichts Besorgniserregendes gesehen haben.

Regierungsgegner halten die Zustimmung des Assad-Regimes zu dem Friedensplan ohnehin für ein Ablenkungsmanöver. Der Führung in Damaskus gehe es eigentlich nur darum, zu verhindern, dass sich der Weltsicherheitsrat mit der Krise in Syrien befasst, so ihre Einschätzung.

"Dieser Freitag ist anders"

Amateuraufnahme, die Proteste in Homs zeigen soll (Foto: Shaam News Network/AP)
Die Beobachtermission gibt der Protestbewegung neuen AuftriebBild: dapd

Dennoch glauben viele, dass die Anwesenheit der Beobachter der Protestbewegung neuen Auftrieb verschafft. "Dieser Freitag ist anders als die anderen Freitage", sagte ein Aktivist in der Widerstandshochburg Hama. "Die Leute sind begierig, den Beobachtern über ihr Leiden zu berichten."

Uneingeschränkt positiv reagierte allein die russische Regierung auf die Mission. "Moskau beurteilt mit Zufriedenheit den Beginn der Aktivitäten der Arabischen Liga in Syrien", erklärte das Außenministerium in einer Stellungnahme. Dass bei der Visite in Homs keine Zusammenstöße registriert worden seien, wird lobend erwähnt. "Die Lage dort ist beruhigend", heißt die Folgerung Russlands, das zu den wenigen Verbündeten gehört, die dem syrischen Regime noch geblieben sind.

Deserteure stellen Angriffe ein

Die Deserteure der syrischen Streitkräften wollen während des Besuchs der arabischen Beobachter ihre Offensive gegen Regierungsziele aussetzen. Der Führer der Freien Syrischen Armee (FSA), Oberst Riad al Asaad, erklärte, seine Soldaten hätten ihre Angriffe mit der Ankunft der Beobachter eingestellt.

Auf diese Weise wolle die FSA zeigen, dass das Regime friedliche Demonstranten töte. Nach dem Ende der Beobachtermission werde seine Organisation die Angriffe wieder aufnehmen.

Die Beobachterteams setzen derweil ihre Tour durch die Konfliktregionen des Landes fort. Mehr als 100 Krisenorte will man bis Ende Januar inspiziert haben. An diesem Freitag gab es Gespräche mit Bewohnern der Stadt Harasta bei Damaskus, hieß es aus dem Umfeld der Mission.

Autor: Thomas Grimmer (rtr, dpa, dapd)
Redaktion: Sabine Faber