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Hinter den Kulissen von Blackrock

Miriam Braun (New York)17. August 2015

Blackrock ist der weltgrößte Vermögensverwalter. Doch in die Karten schauen lässt sich der unbekannte Riese nicht. Jetzt ist das erste Buch erschienen, das den Konzern unter die Lupe nimmt. Aus New York Miriam Braun.

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USA Roboter Zentrale vom Finanzkonzern BlackRock in New York
Bild: picture-alliance/dpa/BlackRock

Es ist das erste Buch weltweit, das jemals über den "Schwarzen Felsen" aus New York geschrieben wurde. Der Name Blackrock ist oftmals nur den aufmerksamen Lesern der Wirtschaftsseiten bekannt. Auch der Finanzkorrespondentin Heike Buchter selbst ist er erst in den vergangenen Jahren vermehrt bei ihren Recherchen begegnet. "Es gab Banker, die darüber geredet haben. Oder wenn es darum ging, für Zentralbanken Portfolios zu prüfen. Larry Fink wurde erwähnt", erinnert sich die Journalistin, die seit über einem Jahrzehnt von der Wall Street berichtet.

"Auf einmal war der Name überall"

"Der Name war mir vor der Finanzkrise überhaupt nicht geläufig und plötzlich nach der Finanzkrise war er überall. Überall!" Bei einem Mittagessen mit einem Informanten habe dieser sie gebeten, leise zu reden. Er sei der Überzeugung, dass in der Küche jemand von Blackrock stünde und ihnen in die Suppe spucken könnte. In ihrem Buch bezeichnet sie Blackrock als "den mächtigsten Konzern, den keiner kennt".

Blackrock verwaltet 4,7 Billionen Dollar in seinen Fonds. Über die Analyse- und Handelsplattformen des Unternehmens fließen über 14 Billionen Dollar, das sind fünf Prozent aller Finanzwerte weltweit. Doch Blackrocks Einfluss geht über Anlagen und Wertpapiere hinaus.

"Blackrock berät Zentralbanken und auch Finanzministerien, genau wie große Anleger und Staatsfonds. Ebenso die großen Pensionskassen hier in den USA oder Versicherungen und Stiftungen", sagt Buchter. Und sie finanzieren via Anleihen und Aktien Unternehmen. "Im Grunde genommen gibt es fast nichts auf dem Finanzmarkt, wo Blackrock nicht in irgendeiner Form mit dabei ist."

Ansicht Wall Street New York
Die Wall Street in New York. Hier im Finanzdistrikt schlägt auch das Herz von Blackrock.Bild: AFP/Getty Images

Der Einfluss reicht bis um die ganze Welt

Die Beteiligungen von Blackrock sind auf der ganzen Welt zu finden. So ist die Firma zum Beispiel Großaktionär bei den US-Großbanken und hält maßgebliche Anteile von Rüstungs- und Ölkonzernen. Apple oder McDonalds Anteile werden ebenso von Blackrocks Fonds gehalten, wie Teile vom Agrarmulti Monsanto.

Auch sind die Fonds von Blackrock zusammen betrachtet die größten Eigentümer der im Deutschen Aktienindex Dax gelisteten Unternehmen. Das ist nicht per se gefährlich, räumt Buchter ein, aber doch signifikant und damit potentiell sehr mächtig: "In der heutigen Zeit, wenn man vier, fünf oder sechs Prozent Aktien an einem Unternehmen hält, dann ist man schon eine mächtige Nummer. Da kannst du anrufen und der Chef ist dran. Und das kannst du auch erwarten", sagt Buchter.

Interessenskonflikte nicht unwahrscheinlich

Wenn in Deutschland Autos produziert werden oder Bergleute in Afrika Gold abbauen, dann profitieren Blackrocks Fonds und damit seine Kunden genauso davon, wie wenn in den USA Medikamente entwickelt und vertrieben werden. Heike Buchter meint, niemand könne genau sagen, wo da Probleme auftreten könnten. Es gäbe dadurch, dass sie an so vielen Stellen mitmischen, immer irgendwo an irgendeiner Stelle auch einen Interessenskonflikt.

Ein Unternehmen könne zudem Anleihen haben, die von Blackrock gehalten werden und gleichzeitig Aktien ausgegeben haben, die von Blackrock gehalten werden. "Und wer will sich mit einem der größten und einflussreichsten Großaktionäre anlegen und gleichzeitig mit jemanden, der auch noch dein Gläubiger ist", sagt Heike Buchter.

Der Aufstieg des Larry Fink

Angefangen hat es in den späten 1980er Jahren, als Nebengeschäft einer Private Equity-Gesellschaft. Damals wurde Larry Fink, der sich vorher als Trader bei der Investmentbank First Boston durch falsche Zinsvorhersagen und einen Verlust von 100 Millionen Dollar seinen Ruf ruiniert hatte, für den Aufbau des Geschäfts mit Anleihen und Rentenpapieren angeheuert.

Buchter schreibt über Fink in ihrem Buch: "Der einflussreichste Mann der modernen Finanzwelt sieht auf den ersten Blick aus wie sein eigener Buchhalter." Larry Fink habe ihrer Meinung nach etwas geschafft, was kein anderer in dieser Zeit geschafft hat. "Er hat sich sein eigenes Wall Street-Imperium gezimmert. Innerhalb von nicht mal drei Jahrzehnten", so die Finanzkorrespondentin. "Um das zu schaffen, muss man schon ein ziemlich kräftiges Ego haben und unheimlich viel Ehrgeiz."

USA Roboter Laurence Fink Chef vom Finanzkonzern BlackRock
Blackrock-Chef Larry Fink kam von First Boston und gründete 1988 mit Rob Kapito BlackrockBild: picture-alliance/dpa/F. Robichon

"Ghostbusters der Wall Street"

Ausgerechnet die Finanzkrise mit dem Fall der Investmentbank Lehman Brothers war für Blackrock ein Beschleuniger des eigenen Geschäfts. Sie waren bekannt für ihre Expertise: Nämlich die Portfolios der Hypothekenpapiere auseinander zu nehmen, als es um Schadensbegrenzung ging. Von der kleinen Verwaltungsklitsche wurden sie zu den "Ghostbusters der Wall Street", schreibt Buchter in ihrem Buch. Anrufe von der US-Notenbank folgten. Der damalige Finanzminister Timothy Geithner und Blackrock Chef Fink waren miteinander per Du.

"Es wäre schon gut, sich das alles mal anzuschauen", sagt Buchter. Zwar habe ihrer Meinung nach bisher bei den Regulierern nicht der Wille gefehlt, das Problem sei die Komplexität und dass Blackrock in so vielen Bereichen mitmischt. "Jeder Bereich für sich genommen ist kein Problem", sagt Buchter. "Aber wenn man das aufaddiert, dann haben wir plötzlich ein Bild, wo man sagen muss: Oh, was haben wir denn hier eigentlich geschaffen?"

Das Blackrock-Puzzle

Heike Buchter hat sich das angeschaut und dem Finanzkonzern mehr als 280 Seiten gewidmet. Von den Beteiligungen an deutschen Unternehmen bis hin zur Beratung bei der Rettung Griechenlands hat sie das komplexe Mosaik der Blackrock-Geschäfte zusammengesetzt. Dabei ging es ihr nicht darum, den Zeigefinger zu heben und anzuklagen, sondern aufzuklären und die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf den Finanzkoloss zu lenken. Der irgendwie für sie auch ein Ergebnis dessen ist, wie die Finanzwelt funktioniert:

"Die Leute hätten immer gerne, dass es wie in anderen Branchen ist, dass man weiß, wer wer ist und wie das alles funktioniert“, resümiert sie. Das sei es, was die Leute so in Rage bringt und wo es noch viel Unverständnis gäbe. Aber ihr sei bei ihren Recherchen mehr denn je aufgefallen, "dass sich das Finanzsystem ständig verändert und immer in Bewegung ist. Und es ist nicht immer klar zu erkennen, wer welche Funktion ausübt", sagt Buchter.