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Bildergeschichten: Der Wahrheit eine Bresche

Tillmann Bendikowski27. Mai 2014

Wir stellen jede Woche ein Bild vor und erzählen seine Geschichte. Diesmal gehen wir zurück in das Jahr 2001: Die überarbeitete "Wehrmachtsausstellung" wird eröffnet

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Deutschland Geschichte Ausstellung Wehrmachtsausstellung in den Kunst-Werke Berlin
Bild: ullstein bild/Zöllner

Diese Ausstellung war für viele Deutschen ein regelrechter Schock: Die Präsentation der "Verbrechen der Wehrmacht" des Hamburger Instituts für Sozialforschung räumte ein halbes Jahrhundert nach Weltkrieg und Holocaust mit der letzten Lebenslüge der Deutschen auf, nach der die deutschen Soldaten in die NS-Verbrechen nicht verwickelt gewesen seien. Tatsächlich hat es die "saubere Wehrmacht" nie gegeben. Das zeigte die Ausstellung, die im November 2001 in Berlin erneut präsentiert wurde – wieder unter großer Beachtung der Öffentlichkeit und der Medien.

Als sie 1995 in Hamburg erstmals zu sehen war, zeigten die Reaktionen, dass sie einen wunden Punkt der Erinnerung traf. Die Wehrmacht hatte im kollektiven Gedächtnis der Deutschen eine besondere Stellung, weil in ihr Millionen auch ganz normaler Männer gedient hatten. Nach 1945 war die Schuld an den Verbrechen der NS-Zeit den Führern und Eliten der Diktatur zugeschoben worden. Die Soldaten hingegen erschienen vor allem als Opfer, schließlich fanden Millionen von ihnen den Tod, wurden verwundet oder gerieten in Gefangenschaft. Aber, so die weitverbreitete Meinung, sie bewahrten insgesamt ihre "soldatische Ehre".

Dieses Bild zerstörte die Hamburger Ausstellung mit ihrer These, wonach die Wehrmacht im Osten am deutschen Vernichtungskrieg beteiligt und unmittelbar in das mörderische System des "Dritten Reichs" verstrickt war. Dieses historische Wissen war nicht neu, wurde aber jetzt öffentlich zur Schau gestellt. Die Resonanz war enorm, fast eine Million Menschen besuchten in den nächsten fünf Jahren die Ausstellung in verschiedenen deutschen Städten. Zugleich hielt sich hartnäckige Kritik aus konservativen und soldatischen Kreisen. Überdies machten Rechtsextreme Front gegen die Präsentation, 1999 verübten sie einen Sprengstoffanschlag auf das Veranstaltungsgebäude.

Den Kritikern schien schließlich ein Erfolg beschieden, als 1999 Fehler bei Auswahl und Beschriftung von Ausstellungsfotos erkennbar wurden. Diese änderten indes nichts an der Grundaussage der Ausstellung; sie wurde überarbeitet und 2001 in Berlin wiedereröffnet. Noch drei Jahre war sie an verschiedenen Orten zu sehen. Mit Erfolg: Keine andere historische Ausstellung hat das Geschichtsbewusstsein der Deutschen in einem solchen Maße verändert wie die sogenannte "Wehrmachtsausstellung".