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Bildergeschichten: Banknoten im Aufwind?

Tillmann Bendikowski 12. Mai 2014

Wir stellen jede Woche ein Bild vor und erzählen seine Geschichte. Diesmal gehen wir zurück in das Jahr 1930: Kinder basteln mit wertlosem Geld.

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Vier Jungen spielen um 1930 mit einem Drachen aus Inflationsgeld (Foto: ullstein bild)
Bild: ullstein bild

Mit Geld lassen sich bekanntlich gleichermaßen sinnvolle wie weniger sinnvolle Dinge anstellen. Was das im Einzelfall ist, hängt indes in hohem Maße von der Situation ab. Was diese Kinder hier mit alten Geldscheinen anstellen, ist beispielsweise höchst sinnvoll: Sie haben ausrangierte Banknoten zu einem dekorativen Drachen zusammengeklebt, den sie nun steigen lassen können. Ein französischer Fotograf hat dieses Bild aufgenommen, vermutlich auf dem Tempelhofer Feld in Berlin. Unklar ist der Zeitpunkt der Aufnahme, wahrscheinlich entstand das Foto um das Jahr 1930. Die große Inflation der Weimarer Republik ist da zwar schon vorüber, doch die Erfahrung mit der wirtschaftlichen Katastrophe noch frisch.

Die Inflation zu Beginn der 1920er Jahre gipfelte in einer Hyperinflation: In Wäschekörben wurden schließlich die Tageslöhne direkt von den Banken abgeholt, fast täglich verlor das Geld an Wert. Es machte der Witz von einem Mann die Runde, der in einem Café zwei Tassen Kaffee trank - und für die zweite schon 500 Mark mehr bezahlen musste, weil allein während seiner Anwesenheit die Geldentwertung wieder vorangeschritten war. Erst die Einführung der "Rentenmark" setzte dem Treiben damals ein Ende, endgültig beruhigte sich die Lage mit der Einführung der Reichsmark im Jahr 1924.

Das alte Papiergeld war nun wertlos. Es wurde geschreddert oder in der Folgezeit für die Dinge des Alltags benutzt: Wer wollte, konnte sie paketweise verheizen, gegebenenfalls eine dekorative Tapete kleben oder es (gebündelt oder einzeln) als Kinderspielzeug nutzen - so wie diese Kinder mit dem Drachen. Die Generation ihrer Eltern hatte indes jegliche Leichtigkeit mit dem Thema Geld eingebüßt.

Das Krisenjahr 1923 hat sich tief in das deutsche Bewusstsein eingeprägt. Die Vorstellung, dass man jederzeit "alles verlieren" kann, wurde zu einem deutschen Trauma. Das resultierte auch aus der Tatsache, dass die Deutschen nach dem nächsten verlorenen Weltkrieg die nächste drastische Geldentwertung erlebten - wenngleich diesmal mit der Währungsreform als volkswirtschaftlichem Happy-End. Geblieben ist allerdings bis heute die Vorstellung, dass das Geld auf einer Bank doch nie ganz sicher ist. Und daran sind die Erfahrungen mit der jüngsten Bankenkrise ja durchaus anschlussfähig …