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Bieterkampf um Hamburger Hafenbetreiber HHLA?

13. September 2023

Aufregung in Deutschlands größtem Hafen: Der Großreederei MSC will die Mehrheit beim Hafenbetreiber HHLA übernehmen. Das verärgert die einheimische Konkurrenz um den Hapag-Lloyd-Großaktionär Klaus-Michael Kühne.

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Luftbild Containerterminal im Hamburger Hafen
Container-Terminals von HHLA und Eurogate im Hamburger HafenBild: picture alliance

Im Hamburger Hafen bahnt sich eine Neuordnung der Machtverhältnisse an: Die Schweizer Großreederei MSC will beim Hafenbetreiber HHLA einsteigen, über den ein Großteil der Container in der Hansestadt umgeschlagen werden. Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sprach am Mittwoch von einer strategischen Partnerschaft, die den Hafen im Wettbewerb mit Rotterdam und Antwerpen stärken solle. Deutschlands größte Containerreederei Hapag-Lloyd reagierte verärgert auf die Einigung mit MSC. Ihr Großaktionär Klaus-Michael Kühne sprach von einem Affront und erwägt ein Gegenangebot.

Ist erbost: Klaus-Michael Kühne, Großaktionär bei Hapag-Lloyd und Chef des Logistikkonzerns Kühne und Nagel
Ist erbost: Klaus-Michael Kühne, Großaktionär bei Hapag-Lloyd und Chef des Logistikkonzerns Kühne und NagelBild: Axel Heimken/dpa/picture alliance

"Ich kann Hapag-Lloyd nur dringend raten, selbst und sofort ein Übernahmeangebot für 49,9 Prozent der HHLA-Aktien abzugeben", sagte der Milliardär der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Wenn Hapag-Lloyd dies nicht selbst tun sollte, erwäge er über seine Kühne Holding AG, es "kurzfristig" selbst zu tun. Es könnte also zu einem Bieterkampf um die HHLA kommen. Kühne ist über seine Holding mit 30 Prozent an Hapag-Lloyd beteiligt, der weltweit fünftgrößten Containerreederei. Die 1847 gegründete Reederei stellt zusammen mit ihren Allianz-Partnern mehr als 50 Prozent des Containerumschlags in Hamburg. In der Konzernzentrale am traditionsreichen Ballindamm reagierte man überrascht auf die Vereinbarung mit MSC. "Das ist eine super-kalte Dusche für uns", sagte ein Insider. Man fühle sich wie vor den Kopf gestoßen.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat vorerst keine Bedenken gegen die Einstiegspläne beim Hamburger Hafen. Habeck sagte in Berlin, dies seien erst einmal ökonomische Entscheidungen von Firmen. Er sei nicht mit einer Prüfung befasst. Anders als etwa bei Einstiegsplänen chinesischer Konzerne müsse es hier nicht wegen der allgemeinen Sicherheit eine Überprüfung des Deals geben. "Sie können aber prüfen lassen, um ganz sicherzugehen. Ob diese Karte gezogen wird, das weiß ich nicht."

Konkurrenz vor der eigenen Haustür

Hamburg ist der Heimathafen von Hapag-Lloyd. Die Containerreeder lässt ihre großen Containerschiffe am HHLA-Terminal Burchardkai be- und entladen, dem größten in der Hansestadt. "Da zahlen wir nun die Teminalgebühren an unseren größten Wettbewerber", sagte der Insider. Das Unternehmen verwies auf die milliardenschweren Dividendenzahlungen, die in den beiden zurückliegenden Rekordjahren an Hamburg geflossen seien. "Es kann gut sein, dass es die Heimatreederei nach Wilhelmshaven treibt", sagte ein Branchenkenner. Hapag-Lloyd hatte sich im vergangenen Jahr am Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven beteiligt, Deutschlands einzigem Tiefseehafen.

Containerschiff der Reederei MSC, festgemacht am Hafen Bremerhaven
Containerschiff der Reederei MSC, festgemacht am Hafen BremerhavenBild: Sina Schuldt/dpa/picture alliance

Weltmarktführer MSC bietet den HHLA-Eignern, darunter als größtem der Stadt Hamburg, 16,75 Euro je börsennotierter A-Aktie. Damit wird das Hafen- und Logistikunternehmen mit 1,2 Milliarden Euro bewertet. Einschließlich Schulden sind es laut einem Bankeninsider 2,6 Milliarden Euro. Die Schweizer haben nach eigenen Angaben mit Hamburg eine verbindliche Vereinbarung getroffen, die die Bedingungen des Übernahmeangebots sowie die gemeinsamen Absichten bei der HHLA regelt. Diese sieht vor, dass Hamburg knapp ein Fünftel seiner Anteile an der Hamburger Hafen und Logistik AG abgibt und seine Beteiligung damit auf 50,1 Prozent verringert. MSC soll mit 49,9 Prozent am Grundkapital der HHLA beteiligt werden.

Finanzsenator Andreas Dressel betonte, Hamburg wolle die Mehrheit behalten. "Wir müssen die Mitsprache behalten." MSC garantiert Hamburg ab 2031 eine Umschlagmenge von mindestens einer Million Standardcontainern (TEU) im Jahr. Beginnend im Jahr 2025 soll der Containerumschlag bis dahin in mehreren Schritten steigen. MSC werde seine Deutschlandzentrale in Hamburg errichten. Konzernchef Sören Toft kündigte an, die Zahl der Arbeitsplätze auf über 700 mehr als zu verdoppeln.

Container der Reederei Hapag-Lloyd im Hamburger Hafen
Container der Reederei Hapag-Lloyd im Hamburger HafenBild: Christian Charisius/dpa/picture alliance

Die HHLA schlägt an ihren drei Hamburger Terminals im Schnitt fast sieben Millionen Container im Jahr um. Davon entfallen auf den Burchardkai (CTB) und den Terminal Altenwerder (CTA) im Schnitt je drei Millionen TEU. Etwa eine Million sind es am Terminal Tollerort (CTT). Wieviele davon auf Hapag-Lloyd entfallen, sagte eine Unternehmenssprecherin nicht.

Nach Daten von LSEG hält die Hansestadt Hamburg 69,25 Prozent an HHLA. Deren Aktien stiegen um mehr als 49 Prozent auf 17,24 Euro und notierten damit über der MSC-Offerte, da Anleger offenbar auf eine Gegenofferte spekulieren.

Kühne ausgebootet

Auch der Logistikunternehmer Kühne hatte zuletzt sein Interesse an der HHLA geäußert. Er wollte den Hamburger Hafenbetreiber gerne im Schulterschluss mit Hapag-Lloyd übernehmen, hatte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gesagt. Demnach wäre er bereit, rund eine halbe Milliarde Euro für die Aktienmehrheit der HHLA auszugeben und in die Modernisierung der Anlagen zu investieren

Im Mai hatte die Bundesregierung nach zähem Ringen den Einstieg der chinesischen Staatsreederei Cosco in den HHLA-Terminal Tollerot mit einem Anteil von unter 25 Prozent genehmigt. Ursprünglich hatte der chinesische Konzern eine Beteiligung von 35 Prozent angestrebt, was das Kabinett aber bereits im Oktober abgelehnt hatte.

Die deutschen Häfen stehen Experten zufolge vor großen Herausforderungen. Die Chefin des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), Angela Titzrath - zugleich Vorstandschefin der HHLA - fordert von der Bundesregierung massive Hilfen. "Wir müssen in den kommenden Jahren große Summen investieren, um die Häfen zu modernisieren und auszubauen", sagte sie zuletzt der "Süddeutschen Zeitung".

hb/ku (rtr)