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Berlin: Erstes Kolonialismus-Denkmal eingeweiht

15. November 2024

Lange existierte in Deutschland kein Denkmal, das an die Gräuel der Kolonialzeit erinnert. Jetzt ist das anders: In Berlin wurde erstmals ein Gedenkort eröffnet, der Wunden heilen soll und zum Dialog einlädt.

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Ein kegelförmiges Geflecht steht zwischen zwei Gebäuden
So sieht das erst koloniale Denkmal in Berlin aus. Sein Name: EarthNestBild: Sedat Mehder

Das "Dekoloniale Denkzeichen" ist ein Ort, um sich mit dem kolonialen deutschen Erben auseinanderzusetzen. Ein Ort für die Völker, die unter der Kolonialherrschaft leiden mussten und teilweise immer noch die Nachwehen dieser Zeit spüren. Und ein Ort, der dazu beitragen will, die Wunden der Vergangenheit zu heilen.

Symbol des Gedenkens ist eine Bronzeskulptur mit dem Titel "EarthNest", entworfen vom Künstlerkollektiv "The Lockward Collective". Der unterirdische Teil des Kunstwerks beherbergt Erde aus ehemaligen Kolonien, der in violetten Tönen beleuchteten oberirdische Kegel steht für die heilende Kraft der kolonialen Wunde. 

Das  "EarthNest" steht zwischen den beiden Hauptgebäuden des "Berlin Global Village". In dem "Eine-Welt-Zentrum", wie es sich nennt, arbeiten rund 50 verschiedene Vereine und Initiativen zu Themen wie globale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. 

Erinnern an die "Kongo-Konferenz" 

Seit dem 15. November ist die Skulptur für die Öffentlichkeit zugänglich. Dieses Datum markiert ein historisches Ereignis, das das internationale Machtgleichgewicht für immer verändern sollte: die Eröffnung der Berliner Konferenz, auch bekannt als "Kongo-Konferenz", vor 140 Jahren. Vom 15. November 1884 bis zum 26. Februar 1885 saßen die imperialistischen Mächte Europas zusammen, teilten Afrika unter sich auf, besiegelten ihre Besatzungsrechte und einigten sich auf Regeln für den Handel auf dem Kontinent.

Das Denkzeichen repräsentiert nicht nur einen physischen Ort des Gedenkens, sondern dient auch als Plattform für den Austausch und Dialog. Hier sollen Heilung und Versöhnung möglich werden. Zusätzlich lässt eine Audio-Reihe die Besucherinnen und Besucher tief in die Geschichten und Erfahrungsberichten von Communities aus ehemaligen Kolonien eintauchen.

Berlin-Konferenz: Noch immer leidet Afrika unter den Folgen

Internationaler Wettbewerb 

Die Bronzeskulptur "EarthNest" wurde aus 244 Vorschlägen als Gewinnerentwurf für das Dekoloniale Denkzeichen ausgewählt. Künstlerinnen und Künstler aus allen Erdteilen hatten sich an dem anonymen Kunstwettbewerb beteiligt, der von einem umfangreichen Bildungsprogramm zum Thema Dekolonisierung flankiert wurde. 

Die Jury unter der Leitung des nigerianischen Künstlers und Kunsthistorikers Chika Okeke-Agulu und der in Kolumbien geborenen Künstlerin Maria Linares sprach den Sieg schließlich dem Lockward Collective zu. Dahinter verbirgt sich das Künstlerkollektiv Jeannette Ehlers, eine in Kopenhagen lebende Künstlerin dänischer und trinidadischer Abstammung, und Patricia Kaersenhout, eine Multimedia-Künstlerin surinamischer Abstammung, die in Amsterdam und Frankreich zu Hause ist. Sie arbeiteten mit dem Berater Rolando Vàzquez und dem Architekten Max Bentler als technischem Berater zusammen. 
Das Kollektiv sieht seine Bronzeinstallation als "ein Werk der dekolonialen Heilung, ein Gemeinschaftstempel, der Communities zusammenbringt, um ihre Geschichte zurückzugewinnen."   

Die deutsche Kolonialgeschichte

Eine Frau umarmet einen Mann und eine Frau, alle schauen in die Kamera
The Lockward Collective: Ihr Entwurf machte das Rennen Bild: Sedat Mehder

Unterstützung aus der Politik 

Kulturstaatsministerin Claudia Roth betonte die Bedeutung des Denkmals für die deutsche Erinnerungskultur: "Das dekoloniale Denkmal wird einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung unserer kolonialen Vergangenheit und ihrer Folgen für die Gegenwart leisten, und ich bin froh, das Projekt finanziell und ideologisch unterstützt zu haben." Für die Realisierung des Kunstwerks stellte ihr Ministerium 750.000 Euro bereit, die andere Hälfte des Projekt-Budgets von 1,5 Millionen Euro kam vom Land Berlin.

"EarthNest ist ein kraftvolles Symbol für eine neue Erinnerungskultur in unserer Stadt. Berlin übernimmt eine Vorreiterrolle in der Dekolonisierung des öffentlichen Raums und wir sind stolz darauf, dieses Projekt unterstützt zu haben", sagte Sarah Wedl-Wilson, Staatssekretärin bei der Senatskulturverwaltung Berlin.

Das EarthNest sei ein "lebendiges Denkzeichen, das Menschen zusammenbringt und den dekolonialen Dialog fördert“, betonte Akinola Famson, Vorstandsmitglied des Berlin Global Village. Die Arbeit sei zudem "ein Meilenstein für die Diaspora-Communities und schafft einen Raum, der zum Nachdenken anregt und das Thema Dekolonisierung der Nord-Süd-Beziehungen langfristig in Berlin verankert."

eg/ suc /sd (Global Village, epd)