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Portrait Beppe Grillo

Marcus Luetticke27. Februar 2013

Er ist das "Enfant-Terrible" der italienischen Politik-Szene. Beppe Grillo macht vor allem durch seine derbe Ausdrucksweise Schlagzeilen. Und könnte nun die entscheidende Rolle bei der Regierungsbildung spielen.

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Portrait von Beppe Grillo (Foto: REUTERS)
Italien Wahlen Parteien Bewegung fünf Sterne Beppe GrilloBild: Reuters

Grillini werden seine Mitstreiter genannt, kleine Grillos. Und tatsächlich, so scheint es, ist Beppe Grillo eine Art Vaterfigur für viele seiner Anhänger. Er schreit sie auf den Plätzen des Landes heraus, die Wut, die Verachtung gegenüber dem politischen Establishment Italiens, die viele Italiener nach den Politskandalen der letzten Jahre teilen. Und er nutzt erfolgreich das Internet zur direkten und ungefilterten Kommunikation mit seinen Wählern.

Grillo, der in Italien als Schauspieler und Satiriker bekannt wurde, kam erst spät in die aktive Politik. 2009 gründete der heute 64-Jährige seine Partei, die 5-Sterne-Bewegung (Movimento 5 Stelle). Schon 2007 brachte er mit seinen Aktionen Zehntausende im ganzen Land zu Protesten gegen die herrschenden Politiker Italiens auf die Straße. Er betreibt einen der erfolgreichsten politischen Blogs in Italien, fast eine Million Menschen folgen ihm bei Twitter.

Drittstärkste politische Kraft

Die 5-Sterne-Bewegung wurde bei der Parlamentswahl aus dem Stand zur drittstärksten politischen Kraft des Landes. Eine Regierungsbildung ohne zumindest ihre Duldung scheint unmöglich, da keines der Parteienbündnisse über eine eigene Mehrheit in beiden Kammern verfügt. Eine Zusammenarbeit der beiden stärksten politischen Kräfte, dem Mitte-Links-Bündnis von Pier Luigi Bersani und dem von Silvio Berlusconi organisierten Mitte-Rechts-Bündnis scheint ausgeschlossen. Inzwischen gibt es auch ein zaghaftes Aufeinander-Zugehen von Bersani und Grillo. Dieser erklärte nach Bekanntwerden der ersten Hochrechnungen: "Es gibt keine Strategie, wir werden Ideen unterstützen, die mit den unseren auf einer Linie liegen, von Gesetz zu Gesetz."

Source News Feed: EMEA Picture Service ,Germany Picture Service Democratic Party (PD) leader Pierluigi Bersani arrives to cast his vote at a polling station in Piacenza, northern Italy December 2, 2012. The two finalists in a primary to choose the centre-left candidate for prime minister in next year's Italian elections face judgement day on Sunday in a run-off primary after a bitter campaign. The contest will decide whether Bersani, 61, or Matteo Renzi, 37, stand in national elections early next year against a still-to-be-chosen centre-right candidate to take over from Prime Minister Mario Monti. REUTERS/Alessandro Garofalo (ITALY - Tags: POLITICS ELECTIONS)
Pierluigi Bersani hat mit Grillo wenig gemeinsamBild: Reuters

Schwierige Allianz

Und es gibt durchaus Überschneidungen von Bersanis Partito Democratico und der 5-Sterne-Bewegung. "Beppe Grillo ist in die Politik gegangen vor dem Hintergrund seines persönlichen Konfliktes mit Silvio Berlusconi. Das ist eine Grundmotivation, mit der auch der Partito Democratico etwas anfangen kann. Da gibt es eine Interessengemeinschaft", sagt Roman Maruhn vom Goethe-Institut in Palermo.

Gleichwohl liegen Grillo und Bersani keinesfalls auf einer Linie, vor allem auch persönlich. Für Grillo ist Bersani Teil der politischen Elite Italiens und trägt eine Mitverantwortung für die Politik der letzten Jahre. Luca Verzichelli, Politikwissenschaftler der Universität Siena, spricht im Interview mit der Deutschen Welle daher auch von einer "Mission Impossible" was ein Bündnis der beiden angeht.

Sollten sich die Politiker jedoch über ihre gegenseitigen Vorbehalte hinwegsetzen und einen ernsthaften Dialog führen, so sei es zumindest möglich, in einigen wichtigen Punkten eine gemeinsame Strategie zu entwickeln. "Ein neues Wahlsystem einführen, die Wirtschaft stabilisieren, gegen Kartelle vorgehen und öffentliche Ausgaben, vor allem Zuwendungen für Politiker, zurückfahren könnten gemeinsame Projekte sein. Viel mehr aber auch nicht", meint Verzichelli.

Portrait von Roland Maruhn, Programmabteilung Goethe-Institut Palermo. (Foto: Goethe-Institut Palermo) Bild geliefert von Roman Maruhn für DW/Marcus Lütticke.
Roland Maruhn vom Goethe-Institut in PalermoBild: Goethe-Institut Palermo

Ein zweiter Berlusconi?

Größtes Feindbild von Grillo bleibt Silvio Berlusconi. Und trotz dieser Abneigung gibt es doch auch Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Politikern. Die Bündnisse, die sie anführen, sind stark auf eine Person fokussiert. Beide benutzen eine derbe Sprache, gelten als Populisten, die die Massen mitreißen können. Und beide schafften es aus dem Stand eine neu gegründete politische Bewegung ins Parlament zu führen.

Viel weiter würde Roman Maruhn vom Goethe-Institut diesen Vergleich aber nicht führen. "Soweit man weiß verhält sich Grillo gegenüber dem weiblichen Geschlecht weitgehend korrekt. Er hat soweit man weiß auch ein normales Privatleben." Und politisch sei Grillo eine Reaktion auf Berlusconi, die eher Leute aus dem Mitte-Links-Lager rekrutieren würde.

Eine Gemeinsamkeit mit Berlusconi gibt es doch noch: beide sind bereits in massiver Weise mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Berlusconi wurde unter anderem wegen Steuerbetrugs verurteilt, weitere Verfahren gegen ihn laufen noch. Grillo ist vorbestraft - wegen fahrlässiger Tötung. In den Achtzigern verursachte er einen Autounfall, bei dem mehrere Menschen starben.

Silvio Berlusconi bei der Stimmabgabe (Foto: REUTERS)
Berlusconi bei der StimmabgabeBild: REUTERS