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Bayern will Flüchtlinge schneller abschieben

20. Juli 2015

Bayern will künftig zwischen Migranten mit Aussicht auf Bleiberecht und solchen ohne Chance unterscheiden - noch bevor sich die zuständigen Behörden mit dem jeweiligen Fall befassen. Die SPD reagiert empört.

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Eine syrische Migrantin in einem Notquartier in Passau - ihr Fingerabdruck wird gescannt (Foto: dpa)
Eine syrische Migrantin in einer Notaufnahme in Passau - ihr Fingerabdruck wird gescanntBild: picture-alliance/dpa/A. Weigel

Schon bei ihrer Ankunft in dem südlichen Bundesland sollen Migranten nach einer Entscheidung der bayerischen Staatsregierung in zwei Gruppen unterteilt werden: diejenigen mit Schutzbedürftigkeit und diejenigen ohne Bleibeperspektive. Für letztere Gruppe sollen zwei neue Erstaufnahmeeinrichtungen möglichst in Grenznähe entstehen. Dorthin sollen Menschen aus "sicheren Herkunftsländern" und den Balkan-Staaten gebracht werden, wie Ministerpräsident Horst Seehofer am Rande der Klausurtagung des Kabinetts in St. Quirin am Tegernsee mitteilte.

"Beratung zur freiwilligen Ausreise"

Nach dem Beschluss sollen Asylsuchende mit geringer Chance auf Anerkennung in diesen neuen Einrichtungen vorranging mit Sachleistungen versorgt werden. In den ersten drei Tagen würden sie registriert, medizinisch untersucht und ihre Asylantrage gestellt. Gegebenenfalls würden sie an andere Bundesländer weitergeleitet.

Ein Arzt untersucht in einem Aufnahmelager in Bayern einen Flüchtling (Foto: dpa)
Ein Arzt untersucht in einem Aufnahmelager in Bayern einen FlüchtlingBild: picture-alliance/dpa/A. Weigel

"Innerhalb von zwei Wochen wird entschieden"

In den Einrichtungen setze sofort "die Beratung zur freiwilligen Ausreise" ein, heißt es weiter. Über die Asylanträge soll innerhalb von zwei Wochen entschieden werden - bei offensichtlich unbegründeten Anträgen soll innerhalb von zwei weiteren Wochen die Gerichtsentscheidung folgen. Die Abschiebung erfolge "unmittelbar und kontinuierlich". Das jetzt beschlossene Vorgehen sei mit dem Bund abgestimmt, erklärte Seehofer.

Bayerns Regierungschef Seehofer will unerwünschte Flüchtlinge innerhalb von zwei Wochen abschieben (Foto: dpa)
Bayerns Regierungschef Seehofer will unerwünschte Flüchtlinge innerhalb von zwei Wochen abschiebenBild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

Man müsse man "klar benennen, um was es geht, wenn Menschen ohne Schutzanspruch nach Deutschland kommen", sagte Seehofer. Ein solcher "Asylmissbrauch" schmälere die Akzeptanz in der Bevölkerung für Flüchtlinge und auch die vorhandenen Kapazitäten "für Menschen mit Schutzanspruch".

Forderungskataloge an Bund und EU

Zugleich richtete das bayerische Kabinett einen Forderungskatalog an den Bund: So seien die Verfahren für Asylbewerber generell zu beschleunigen. Dazu müsse das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in diesem und im kommenden Jahr jeweils 1.000 zusätzliche Mitarbeiter einstellen.

Auch an die Europäische Union stellte das Seehofer-Kabinett Bedingungen: So führe die Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU "nach wie vor zu einer einseitigen Belastung einiger weniger" Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland. Zudem hält die bayerische Staatsregierung "die Rückführung von Asylsuchenden in neu zu schaffende europäische Asylzentren in Nordafrika" für sinnvoll. Dort sollte dann ein "europäischen Standards entsprechendes Prüfverfahren" vorgenommen werden.

Ein Aufnahmelager für Migranten in Passau (Foto: dpa)
Ein Aufnahmelager für Migranten in Passau an der Grenze zu ÖsterreichBild: picture-alliance/dpa/A. Weigel

40 Prozent der Migranten stammen aus Westbalkan-Staaten

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums kommen derzeit rund 40 Prozent der Asylbewerber in Deutschland aus Staaten des Westbalkans. Die deutschen Behörden hatten Ende 2014 Serbien, Mazedonien und Bosnien-herzegowina zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt. Die Zahl der Flüchtlinge aus diesen Ländern ging seither aber nicht zurück. Die CSU fordert seit längerem, auch Albanien, das Kosovo und Montenegro zu sicheren Herkunftsländern zu erklären. Der rot-grün dominierte Bundesrat sperrte sich bisher dagegen.

"Stimmungsmache gegen Flüchtlinge"

Neben den Sozialdemokraten warf auch die Opposition Seehofer Stimmungsmache gegen Flüchtlinge vor. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi bezeichnete Seehofers Aussagen als "schwer erträglich". Der Regierungschef hatte bereits am Wochenende "rigorose Maßnahmen" gegen die große Zahl von Asylbewerbern vom Balkan angekündigt. "Wir müssen diesen 40-prozentigen Missbrauch, man kann sagen den massenhaften Missbrauch, zurückführen und einstellen", sagte Seehofer.

Die Grünen hielten dem Ministerpräsidenten daraufhin ein "gehässiges Gepolter" gegen Asylbewerber vom Balkan vor. "Im verbalen Wettstreit mit der AfD zieht Horst Seehofer immer neue Register der Rücksichtslosigkeit", sagte Grünen-Chefin Simone Peter.

Linke-Chef Bernd Riexinger warf der CSU vor, in der Asylfrage zu einem billigen Populismus zurückgekehrt zu sein. Damit würden in der Flüchtlingsdebatte nur Rassisten bedient.

se/rb (dpa, kna, epd, afp)