1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Auf dem globalen Vormarsch

Florian Bauer31. Oktober 2015

Heute endet die Rugby-WM, das weltweit größte Sportereignis in diesem Jahr. In den Commonwealth-Ländern eine Religion, fristet Rugby in Deutschland und anderen Staaten ein Randsport-Dasein. Das soll sich ändern.

https://p.dw.com/p/1Gw1E
Rugby WM Neuseeland gegen Südafrika
Bild: Reuters/R. Cheyne

Es ist ein sonniger Morgen in Henley-on-Thames, eine Stunde außerhalb von London. Auf einem Dutzend Spielfelder springen Kids herum. Knapp 2.000 sind es. Und sie spielen kein Fußball. Sie spielen Rugby.

In England Volkssport - in Deutschland gibt es gerade mal ein Drei-Ligen-System und keinen einzigen Rugby-Vollprofi. Aber Simon Jelowitz will das ändern. Er steht am Rande eines der Spielfelder. Er feuert an, ruft rein, korrigiert, fährt sich mit den Händen über seine Glatze. Jelowitz arbeitet für den Europäischen Rugbyverband. Er ist dort dafür zuständig, die Kluft zwischen den Rugby-Topteams wie England, Wales, Schottland, Irland oder Frankreich zu den Rugby-Entwicklungsländern wie den Niederlanden, Polen, Schweden und vor allem Deutschland kleiner werden zu lassen. Und er hat das Turnier hier in Henley-on-Thames mitorganisiert. Er sagt, die Kids lernten hier nicht nur, wie man einen Rugbyball passt oder wie man fair tackelt. Es gehe "um die Werte unseres Sports. Um Respekt, Integrität, Kameradschaft. Klar versuchen wir Rugbyspieler auszubilden, aber eben auch junge Männer, die mit diesen Tugenden im Leben Gutes tun."

Religion und Randsport

Rugby ist ein ambivalenter Sport. Ein Sport, der in Teilen der Welt wie in Deutschland kaum bekannt ist, in anderen Religion. Der in machen Ländern wie Südafrika, Australien, Neuseeland, England oder Südfrankreich große Arenen füllt und in anderen keine 1.000 Zuschauer pro Spiel anzieht.

Seit knapp sieben Wochen läuft die Rugby-Weltmeisterschaft in England und Wales und kaum jemand in Deutschland bekommt das mit. Knapp zweieinhalb Millionen Tickets wurden verkauft für die 13 Stadien, drei davon fassen je über 70.000 Zuschauer. Fast jedes Spiel war ausverkauft. Weit über eine Milliarde Menschen haben an den Fernsehschirmen zugeschaut. Übertragen wird in 209 Länder, bei der ersten WM 1987 waren es gerade mal 17. Die Rugby-WM ist das bei weitem größte Sportereignis des Jahres. Und sie ist auf der kommerziellen Überholspur.

Rugby in Deutschland
Kaum beachtet: Das Bundesliga-Finale im Rugby in Deutschland 2014: TV Pforzheim gegen den Heidelberger RuderclubBild: picture alliance/Eibner-Pressefoto

Phil Waugh ist ein gutes Beispiel dafür. 2003 stand er für Australien im Rugby-WM-Finale. Zwölf Jahre später steht er außerhalb des Mekkas der Rugby-Welt, dem Twickenham Stadium im Westen Londons und ist bei der WM Werbefigur für ein internationales Unternehmen. "Die Investitionen in den Sport", sagt er, "sind viel größer geworden. Es gibt viel mehr Geld durch die Fernsehrechte, durch multinationale Großunternehmen. Und das brauchst du, um eine WM auszubauen. So wie im Fußball."

Viertelfinale stellt sich selbst auf

Der Rugbysport hat große Ziele. Aber auch Probleme. Immer noch gibt es viel zu wenige Mannschaften in der Welt, die die großen Topnationen schlagen können. Georgien, Rumänien, Italien oder Kanada sind zwar dabei. Haben gegen die großen Nationen wie Südafrika, Australien, England, Wales, Frankreich, Argentinien oder Neuseeland aber keine Chance. Das Viertelfinale stellt sich immer noch fast von selbst auf.

Rugby-WM 2015
Volle Stadien: Rugby in den Commonwealth-StaatenBild: Getty Images/D. Mullan

Zudem sind die Regeln des Sports nicht schnell zu verstehen. 15 Mann pro Team dürfen nur nach hinten passen, nach vorne aber auch kicken. Das Ziel ist es, das Rugby-Ei hinter die gegnerische Mallinie zu bringen. Das gibt fünf Punkte, ein Erhöhungstritt durch die Stangen noch einmal zwei.

Was bringen die Olympischen Spiele

Helfen könnte Olympia. Ab nächstem Jahr wird die einfachere Siebener-Variante olympisch. Sieben gegen sieben, zwei Mal sieben Minuten lang. Das letzte Mal war Rugby 1924 olympisch.

Vor der Fanzone rund um das Olympiastadion im Osten Londons steht Ben Corbett. Er hat für den Internationalen Rugby-Verband untersucht, was Olympia für den Rugbysport insgesamt bedeutet. Glaubt man ihm, könnte der Sport sich weiter globalisieren. Aber Vorsicht. "Für den Verband geht es darum, Olympia zu nutzen, um den Sport insgesamt zu entwickeln. Und die 7er Rugby-Nationen und die Zuschauer von Olympia mit ins große 15er Rugby zu ziehen. Ob das gelingt und Rugby im globalen Markt zum globalen Sport wird, muss sich aber erst noch zeigen."

Das Finale an diesem Samstag ist auf jeden Fall ein eher unglobales. Es ist ein rein ozeanisches Aufeinandertreffen. Zwei Rugbynationen gegeneinander: Australien gegen Neuseeland. Die Welt wird zuschauen.