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Politik

Ankara und Berlin: Klima weiter angespannt

11. September 2017

Zwischen den NATO-Partnern herrscht offener Streit, nachdem die Türkei am Samstag eine "Reisewarnung" für Deutschland herausgab. Die Asylanträge türkischer Amtsträger könnten nun für eine neue Zerreißprobe sorgen.

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Deutsche und türkische Fahnen
Bild: picture-alliance/dpa/M. Murat

Die Aufregung um die "Reisewarnung" der Türkei für Deutschland ist noch nicht abgeklungen. Jetzt kritisierte auch CSU-Spitzenkandidat Joachim Herrmann diese scharf. Gegenüber der Funke Mediengruppe sprach sich Bayerns Innenminister erneut für einen sofortigen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen aus. Dagegen warb Unionsfraktionschef Volker Kauder dafür, mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan über Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Religionsverständnis zu reden. "Wenn Erdogan das ablehnen würde, dann hätte er sich aus den Gesprächen verabschiedet, und nicht wir hätten ihm den Stuhl vor die Tür gestellt", so Kauder im ZDF.

Das deutsche Auswärtige Amt hatte erst vor wenigen Tagen seine Reisehinweise für die Türkei verschärft und unter anderem auf die jüngsten willkürlichen Inhaftierungen verwiesen. Die Türkei hält nach Angaben des Auswärtigen Amtes zehn deutsche Staatsbürger aus politischen Gründen in Haft. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) wirft Erdogan vor, die Häftlinge als "Geiseln" zu halten. Die Bundesregierung fordert deren Freilassung. Die Türkei fordert ihrerseits die Auslieferung von "Terrorverdächtigen" aus Deutschland.

Hunderte Asylanträge türkischer Amtsträger

Deshalb sind die Asylanträge türkischer Amtsträger in Deutschland ein weiterer Streitpunkt: Seit dem Putschversuch im Juni 2016 haben 250 Personen mit Diplomatenpass und 365 sogenannte Dienstpassinhaber einen Asylantrag in Deutschland gestellt. Das sagte Innenminister Thomas de Mazière in der "Rhein-Zeitung". Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge würde diese Fälle "wie alle anderen auch, nach Recht und Gesetz" behandeln. Präsident Erdogan fordert dagegen die Auslieferung der Asylsuchenden, unter denen sich auch mehrere Offiziere der türkischen Armee befinden. 

Waffenexporte in Millionenhöhe

Obwohl die Bundesregierung den wirtschaftlichen Druck auf die Türkei erhöhen will, genehmigt sie weiterhin Waffenexporte nach Ankara. Das geht aus der Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Özcan Mutlu hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. So wurden seit Jahresbeginn Rüstungsgüter mit einem Gesamtwert von mehr als 25 Millionen Euro exportiert. Auch wenn damit der Wert der genehmigten Ausfuhren deutlich unter dem des Vorjahres liegen könnte, kritisierte Mutlu: "Da die Geschäfte munter weiterlaufen, nimmt Ankara Drohungen aus Berlin nicht mehr ernst."

Journalisten auf der Anklagebank

In Istanbul wird unterdessen der Prozess gegen Journalisten der Zeitung "Cumhuriyet" fortgesetzt. Insgesamt 17 Mitarbeitern des regierungskritischen Blattes wird vorgeworfen, sie hätten Terrororganisationen unterstützt. Einige von ihnen sitzen seit Monaten in Untersuchungshaft. Unter den Angeklagten ist auch der ehemalige Chefredakteur Can Dündar, der inzwischen im Exil in Deutschland lebt. Der Prozess wird international als Schlag gegen die Pressefreiheit kritisiert. Seit dem Putschversuch vor einem Jahr wurden in der Türkei mehr als hundert Journalisten inhaftiert und fast 150 Medien geschlossen. Die Verhandlung findet im Gerichtssaal gegenüber vom Gefängnis in Silivri statt, in dem auch der deutsche "Welt"-Korrespondent Deniz Yücel in U-Haft sitzt.

ie/as  (dpa, rtrd, afp)