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Abschiebung behindert: Taschengeld weg

12. Mai 2017

Der Asylantrag war gescheitert, er sollte abgeschoben werden: 19 mal wurde ein Kameruner vergeblich aufgefordert, den notwendigen Reisepass zu beschaffen. Dies darf mit Sanktionen geahndet werden, entschied das BSG.

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Symbolbild Bürokratie
Bild: picture alliance/JOKER

Die Behörden in der Bundesrepublik dürfen nach einem höchstrichterlichen Urteil Asylbewerbern Sozialleistungen kürzen, wenn diese die Kooperation mit ihnen verweigern. Im konkreten Fall kümmerte sich ein abgelehnter Asylbewerber für seine Abschiebung nicht aktiv um neue Passpapiere. Daraufhin wurden ihm die Sozialleistungen gekürzt. Zu recht, wie das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel jetzt urteilte. Er habe damit lediglich Anspruch auf Sachleistungen zur Deckung seines rein "physischen Existenzminimums", hieß es (AZ: B 7 AY 1/16 R). Das Urteil gilt zumindest als richtungsweisend für ähnliche Fälle.

Pflicht zur Mitwirkung 

In Kassel ging es um einen aus Kamerun stammenden Mann, dessen Asylantrag 2004 abgelehnt worden war. Seine Abschiebung scheiterte daran, dass der Mann keine Passpapiere hatte. Nach dem Ausländergesetz wäre er verpflichtet gewesen, an der Beschaffung neuer Reisedokumente mitzuwirken.

In der Zeit von 2004 bis April 2013 forderte die Ausländerbehörde den Mann daher mindestens 19 Mal auf, sich um einen neuen Pass zu kümmern. Bei Vorführungen in der kamerunischen Botschaft soll sich der Mann bei der Identitätsfeststellung in Schweigen gehüllt haben.

Nur Unterkunft und Gutscheine

Untergebracht war der heute 49-jährige Afrikaner in einer Gemeinschaftsunterkunft in Brandenburg. Wegen der verweigerten Mitwirkung wurden ihm die Asylbewerberleistungen gekürzt. Er erhielt lediglich Kleidung als Sachleistung und Wertgutscheine in Höhe von 167 Euro monatlich für das Allernötigste wie die Nahrung. 

Der Asylbewerber sah mit der Kürzung sein Existenzminimum gefährdet. Ihm stehe auch das soziokulturelle Existenzminimum zu. Ihm müssten daher weitere Barleistungen in Höhe von monatlich bis zu 137 Euro zur Deckung seiner persönlichen Bedürfnisse wie Telekommunikation oder Freizeitaktivitäten gewährt werden. Dieses Taschengeld wurde ihm jedoch stufenweise gekürzt und schließlich ganz gestrichen.

Das BSG urteilte, dass der Mann nur Anspruch auf das "unabweisbar Gebotene" habe. Der Gesetzgeber sei nicht daran gehindert, Sozialleistungen mit ausländerrechtlichen Pflichten zu verknüpfen. Dies sei auch mit dem Grundgesetz vereinbar. Hier hätte der Kläger jederzeit höhere Leistungen erhalten können. Voraussetzung hierfür wäre nur gewesen, dass er aktiv an der Beschaffung seiner Passpapiere mitwirkt.

SC/qu (epd, afp, dpa)