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Asien für alle

Rafael Heiling20. Januar 2004

Japan exportiert nicht bloß Autos und Fernseher - sondern auch seine Kultur, denn die finden Europäer cool. Und zum Ausgleich beglücken sie Japan mit Winnie the Pooh und Louis-Vuitton-Taschen.

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"Hello Kitty" findet sich auf Jacken, Taschen und sonstwoBild: AP

Sushi, Sony, Anime - mit Pop-Gütern aus Japan ist man in Europa ganz weit vorn. Es dürfen, nein, müssen Handtaschen mit weißen "Hello-Kitty"-Kätzchen und Mode mit Manga-Aufdruck sein. Das Phänomen beobachten Trendforscher schon seit einiger Zeit, "wobei es vor allem durch das Fernsehen getragen wird ", sagt Wibke Fleischer vom Trendbüro Hamburg. Denn da laufen die japanischen Zeichentrickserien rauf und runter. Und die Popsängerin Ayumi Hamasaki (zwar Koreanerin, aber in Japan ein Star) hatte schon einen nächtlichen Auftritt beim Musiksender MTV.

"Captain Future" und kleine Katzen

Ganz etabliert hat sich der Nippon-Pop in Europa noch nicht. Aber wer will, kann CDs kaufen von J-Pop-Künstlern wie "Gackt" oder der Fünfer-Boygroup "Smap". Auch den Soundtrack zur Anime-Serie "Captain Future" kann man sich in die Stereoanlage legen und dann "Hurra, wir fliegen" mitpfeifen.

Ayumi Hamasaki Porträtfoto, Japanische Pop-Sängerin
Ayumi Hamasaki, Pop-SängerinBild: AP

Nicht nur Kinder mögen sowas, sagt Trendforscherin Fleischer. "'Hello Kitty', würde man eigentlich sagen, ist was für Mädchen von sechs bis zehn" - trotzdem würden eher junge Frauen um die 20 alles kaufen, auf dem die kleine Katze prangt. "Es ist niedlich zum einen, exotisch zum anderen", sagt Fleischer. Japan werde gern assoziiert mit der Darstellung von sympathischen Traum- und sonstigen Ersatzwelten.

Tulpe in Tokio

Ausgefallenes ist anziehend, auch bei der Kleidung, "wo Japan 2003 quasi die Leitkultur gewesen ist", sagt Fleischer: "Entweder auf die romantische Spielart oder auf der Pop-Schiene, mit Manga-Motiven." Wahren Fans reicht das bloße Tragen nicht: Sie nähen sich Kostüme aus Mangas oder Animes nach und spielen die Geschichten in der Realität weiter. Das heißt dann frei übersetzt Kostümspiel: "Cosplay" - und mitunter steht plötzlich eine Kriegerin im bundesdeutschen Parkhaus.

Aber das Leben ist Geben und Nehmen. Also exportieren die Europäer auch nach Japan. "Winnie the Pooh" zum Beispiel, den philosophischen Bären. Oder T-Shirts mit deutscher Beschriftung: "Der Mond ist aufgegangen" soll beispielsweise schon in Tokio gesichtet worden sein. Auch ein Klamotten-Geschäft namens "Tulpe". Im Sommer 2003 waren außerdem französische Handtaschen von Louis Vuitton en vogue. Und Fleischer weiß, dass auf deutsch getrimmte Haushalts-Ratgeber im Fernsehen der Schlager sind.

Asien-Atmosphäre von "Möbel-Muji"

In Britannien sind es asiatische Möbel. Wer seine Schrankwand in "Eiche brutal" endlich rauswerfen möchte, kann auch leichten japanischen Chic einziehen lassen. Die Kaufhauskette "Muji", die nicht nur Einrichtungen, sondern auch Kleidung verkauft, hat mittlerweile etliche Filialen in Großbritannien und eine in Paris. Die Philosophie: Billig ist bestens. Das passt zum Trend, sagt Fleischer: "Früher war es teurer exotischer Chic für eine Elite." Heute gibt es Japan für jedermann.

Auch beim Sushi. Das legen sich immer mehr Deutsche auf die Zunge, sagt Fleischer - wie überhaupt die asiatische Küche. Aber die Menschen würden mehrere Trends auf einmal verkraften, die amerikanischen Burger-Brater müssten sich also nicht fürchten. "Man isst mal das eine, mal das andere. Da wird fröhlich gesampelt aus allen Weltkulturen."