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Asian Cup: Kalter Krieg am Golf

Ronny Blaschke
18. Januar 2019

Das kleine Katar gilt nach dem Sieg gegen das große Saudi-Arabien als Favorit der Fußball-Asienmeisterschaft. Dabei steht der WM-Gastgeber von 2022 wegen einer Handelsblockade massiv unter Druck.

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AFC Asian Cup group E - Saudi Arabien vs Katar
Bild: Getty Images/AFP/K. Desouki

Mit Inbrunst brachten die Fans von Saudi-Arabien ihre Abneigung gegenüber Katar zum Ausdruck, doch in der 80. Spielminute herrschte Stille im weitläufigen Zayed-Sports-City-Stadion von Abu Dhabi. Almoez Abdulla hatte das 2:0 für Katar geschossen, bei diesem Spielstand sollte es bleiben. Unter normalen Umständen hätten 2000, vielleicht 3000 katarische Zuschauer den Außenseiter bejubelt, doch nun waren nur vereinzelte Freudenrufe zuhören. Die katarischen Spieler schien das nicht zu stören. Es war ihr dritter Sieg im dritten Spiel bei der Asienmeisterschaft in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Ihre Torbilanz: 10:0. Trotz großer Einschränkungen.

Das Spiel war in Medien mit der Schlagzeile "Kalter Krieg am Golf" überschrieben worden. Im Juni 2017 hatte Saudi-Arabien über Katar eine Handelsblockade verhängt. Die Gründe: eine angebliche Nähe zu Terrororganisationen und ein zu enges Verhältnis zum Iran. Ägypten, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate schlossen sich an und setzten ihre diplomatischen Beziehungen mit Doha aus. Viele katarische Bürger mussten die Emirate verlassen, das Gastgeberland der Asienmeisterschaft.

Ohne Unterstützung aus der Heimat

Die Konsequenzen: Die katarische Mannschaft musste auf der kurzen Anreise in Kuwait zwischenlanden, da direkte Verbindungen ausgesetzt sind. Einer ihrer wichtigsten Funktionäre wurde zunächst an der Einreise gehindert, ebenso wie etliche Journalisten. Die wenigen Reporter, die nun für katarische Medien berichten, gehören anderen Nationalitäten an. Die Mannschaft spielt praktisch ohne Unterstützung aus der Heimat. Besonders deutlich wurde das bei ihrem zweiten Vorrundenspiel in Al Ain gegen Nordkorea, als der Organisator die Zuschauerzahl mit 452 angab. Gegen Saudi-Arabien waren es 16.000. Viele Einheimische und Saudis sangen gemeinsam gegen Katar.

AFC Asian Cup group E - Saudi Arabien vs Katar
Ein einsamer Fan des katarischen Teams beim Spiel gegen Saudi-ArabienBild: Getty Images/AFP/K. Desouki

Ein weiterer Streitpunkt sind die Fernsehübertragungen. „In vielen Hotels des Gastgeberlandes ist es unmöglich, die Asienmeisterschaft zu verfolgen", sagt Tariq Panja, der für die New York Times über das Turnier berichtet. Rechteinhaber ist nämlich der Bezahlsender "beIN-Sports", der aus dem katarischen Sendernetzwerk Al Jazeera hervorgegangen war. Seit Monaten schwelt ein Konflikt wegen des Piratensenders "beoutQ", der Fußball illegal in Saudi-Arabien und anderen Ländern überträgt.

Pläne der Fifa erscheinen unrealistisch

Angesichts dieser Spannungen scheinen die Aussagen von Gianni Infantino unrealistisch zu sein. Der Fifa-Präsident möchte mit einem ominösen Angebot von 25 Milliarden Dollar aus Saudi-Arabien neue Wettbewerbe schaffen. Überdies wünscht er sich für 2022 eine WM mit 48 statt 32 Mannschaften. Doch aus Mangel an Stadien, Trainingsstätten und Hotels bräuchte Katar Unterstützung aus der Nachbarschaft. "In dieser Region gibt es Spannungen, und es liegt an den jeweiligen Führungskräften, sich damit auseinanderzusetzen", sagte Infantino in Dubai. "Aber vielleicht ist es einfacher, über ein gemeinsames Fußballprojekt zu sprechen als kompliziertere Dinge."

Wirklich? Die letzten Panarabischen Spiele fanden zum Beispiel 2011 in Doha statt, seitdem konnte sich die Region nicht auf einen Gastgeber einigen. Und der Publizist James M. Dorsey beschrieb in seinem Blog "Mideastsoccer", wie Funktionäre aus Saudi-Arabien und den Emiraten die WM-Pläne Katars hintertreiben wollen.

Fußball als Teil der Sicherheitspolitik

So scheint die langfristige Strategie Katars spätestens jetzt aufzugehen. "Katar betrachtet Sportveranstaltungen als eine Art Lebensversicherung", sagt der Politikwissenschaftler Danyel Reiche von der Amerikanischen Universität Beirut und erinnert an 1990. Damals marschierte der übermächtige Irak in das kleine Kuwait ein, die USA befreiten das Land. "Die Katarer möchten durch Sport so stark wahrgenommen werden, dass ihnen so etwas nicht widerfährt", sagt Reiche.

Die Fläche Saudi-Arabiens ist 200 Mal so groß wie die Katars. Doha verfügt über die zweitkleinste Armee im Mittleren Osten, mit 12.000 Soldaten. 500.000 hat dagegen Saudi-Arabien. Katar beherbergt zwar eine der größten Militärbasen der USA, doch das muss in Zeiten der unberechenbaren Politik Donald Trumps nicht von Dauer sein. Daher investiert Doha in "Soft Power", eine Strategie, die nicht auf militärische Maßnahmen setzt, sondern auf einen Kulturaustausch. Dazu gehören neben der WM viele andere Sportereignisse, auch der Kauf von Paris Saint-Germain oder der Sponsoreneinstieg beim FC Barcelona und beim FC Bayern.

AFC Asian Cup | Saudi Arabien v Katar
Sportlich läuft es rund für Katar beim Asien Cup: Doppel-Torschütze Almoez Ali (r.) jubeltBild: picture-alliance/Newscom/U. Pedersen

Viele Kataris fürchten, dass der Fußball ihr Land zu sehr öffnet

Von den zweieinhalb Millionen Einwohnern Katars sind nur rund zehn Prozent Staatsbürger des Landes. In Bildung oder Gesundheitsvorsorge genießen sie Privilegien, ihr Pro-Kopf-Einkommen ist eines der höchsten weltweit. Viele von ihnen fürchten, dass die Debatten rund um die WM ihr Land zu sehr liberalisieren könnte, zum Beispiel die internationale Kritik an Arbeits- oder Menschenrechtsverletzungen.

"Sie haben Angst, dass ihre alten Rituale verwässert werden", sagt Florian Bauer, der für die ARD mehrfach in Katar recherchiert hat. Vor kurzem wurden in Katar die Alkoholpreise durch neue Steuern massiv erhöht. Ein Zugeständnis an konservative Kreise, denn nur mit innenpolitischer Stabilität lässt sich außenpolitische "Soft Power" vorantreiben. Ob Frauenrechte, Arbeitsbedingungen oder Pressefreiheit - die katarische Monarchie muss Fortschritte vorweisen, wenn sie von der westlichen Welt anerkannt werden will.

Doch größere Reformen könnten konservativere Nachbarn wie Saudi-Arabien, Iran oder Bahrain unter Zugzwang bringen. Katar möchte durch Fußball-Popularität Investoren anlocken und seinen Tourismus stärken. Doha hat sich mit neuen Transportwegen für Lebensmittel auf die Blockade eingestellt. Nun bei der Asienmeisterschaft wehren Trainer und Spieler alle politischen Fragen höflich ab. Sie scheinen den Sport für sich sprechen lassen zu wollen. Und bislang funktioniert das: Das Team hat ein Durchschnittsalter von 24 Jahren, fast alle Spieler wurden in Katar geboren. Und auch die Aufgabe im Achtelfinale, in dem es am Dienstag gegen Irak geht, scheint lösbar zu sein.