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Arabische Skepsis

19. März 2010

Ob das Nahost-Quartett in Moskau einen entscheidenden Beitrag liefern kann bei dem Versuch, auch nur indirekte Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern in Gang zu bringen, daran zweifelt die arabische Welt.

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US-Außenministerin Clinton bei Gesprächen in Moskau (Foto: dpa)
Mit Worten und Gesten präsent: US-Außenministerin Clinton in MoskauBild: picture alliance/dpa

Denn der Ruf dieser Gruppe bestehend aus der EU, den USA, der UNO sowie Russlands, ist kein guter. "Das Quartett hat jede Glaubwürdigkeit verloren", sagt der geachtete Kolumnist Rami Khouri. Es reiche nicht, das Instrument in der gegenwärtigen Form wieder zu beleben, das Nahost-Quartett müsse sich selbst komplett neu erfinden, um wirksam werden zu können. Bislang sei es eine amerikanische Marionette, deren Bewegungen hinter den Kulissen von Israel gesteuert würden, so Khouri.

Israels Marionette

Ein Blick auf die Siedlung Har Homa in Ost-Jerusalem (Foto: dpa)
Zeichen für verfehlte Nahost-Politik? Jüdische Siedlung im WestjordanlandBild: picture-alliance/ dpa

Der ehemalige Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretärs, Alvaro de Soto, hatte im Mai 2007 in einem vertraulichen Bericht zum Abschluss seiner Mission das Quartett als einen "reinen Freundeskreis der Amerikaner" charakterisiert. Er beschuldigte die amerikanische Regierung, sich in der Regel nicht mit ihren Partnern abzustimmen. Washington und Brüssel würden das Quartett lediglich gelegentlich als Feigenblatt nutzen, um eine breite internationale Unterstützung für ihre verfehlte Nahost-Politik zu suggerieren.

Die Erwartungen in der arabischen Welt an die gegenwärtigen diplomatischen Nahost-Initiativen sind denkbar niedrig. Wenn es um den Friedensprozess gehe, habe sich bei den Menschen in der Region eine gewisse Apathie breit gemacht, betont Osama Safa vom Lebanese Center for Policy Studies. "Der Friedensprozess ist für sie etwas Theoretisches geworden, während Israel weiter Siedlungen baut, die militärischen Übergriffe fortsetzt und die Besatzung andauert. Auf diese Tatsachen kommt es an." Die Araber hätten nach 17 Jahren direkter Friedensgespräche längst Ergebnisse erwartet, doch die blieben aus, so Safa. Deshalb seien die Menschen jetzt wütend, frustriert und voller Zynismus.

US-Präsident Barack Obama vor einer amerikanischen Flagge (Foto: AP)
Vertrauen verspielt? Präsident ObamaBild: AP

Glaube an Obama schwindet

Der Glaube daran, dass US-Präsident Barack Obama Israelis und Palästinenser als ehrlicher Makler wieder an einen Tisch bringen könnte, schwindet in der Region. Erst in den letzten Tagen musste man wieder zusehen, wie Washington untätig blieb angesichts der israelischen Arroganz in der Siedlungsfrage. Der Kolumnist Rami Khouri fordert von Israel eine Grundsatzentscheidung: "Entweder verhalten sie sich wie Kriminelle oder wie Mitglieder der internationalen Gemeinschaft, die sich Recht und Gesetz beugen." Es herrsche nur über wenige Dinge internationaler Konsens, so Khouri. Aber dazu zähle, dass die Kolonialisierung besetzten Gebietes inakzeptabel, unmoralisch und illegal sei.

Keine Alternativen

Dass vor allem die so genannten moderaten Staaten der Arabischen Liga trotz allem ein Interesse an der Fortsetzung eines Friedensprozesses selbst in einer Minimal-Form haben, liegt nicht daran, dass sie sich Illusionen hingeben, sondern dass sie keine Alternative sehen. Osama Safa meint, alle bräuchten die angestrebten indirekten Gespräche als eine Art Rettungsboot. "Sie sind aber nur ein Pflaster, das man auf eine Wunde klebt, die eigentlich dringend Antibiotika benötigt. Es wird nicht wirklich helfen."

Iran Präsident Mahmoud Ahmadinedschad (Foto: Mehr)
Profitiert er vom Stillstand der Verhandlungen? Irans Präsident AhamdinedschadBild: Mehr

Dass jede Form von Stillstand oder Rückschritt von den Radikalen genutzt wird, um ihre Agenda des militärischen Kampfes gegen die israelische Besetzung palästinensischen Landes voranzutreiben, wurde beim gestrigen Raketenbeschuss auf Israel der al-Qaeda nahe stehenden Salafistengruppe Ansar al-Sunna aus dem Gazastreifen deutlich. Dabei kam ein thailändischer Landarbeiter ums Leben. Die Alternative zum Friedensprozess laute "Keine Verhandlungen", sagt Paul Salem von der amerikanischen Carnegie-Stiftung für Internationalen Frieden in Beirut. Und das bedeute sehr bald bewaffneter Widerstand oder Ähnliches. Davon könnten vor allem die Hamas und der Iran profitieren, warnt Salem.

Zeit gewinnen

Angesichts wachsender Spannungen zwischen dem Westen und dem Iran in der Nuklearfrage kann daran aber kaum jemand ein Interesse haben. Im Gegenteil, es geht der internationalen Gemeinschaft und den moderaten arabischen Staaten darum, wenigstens die israelisch-palästinensische Front ruhig zu halten und Zeit zu gewinnen. Ob das Nahost-Quartett in seiner gegenwärtigen Form dazu einen entscheidenden Beitrag leisten kann, bleibt allerdings fraglich.

Autorin: Birgit Kaspar

Redaktion: Stephanie Gebert

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