Als Politiker lässt es sich leben
22. September 2017Das System, nach dem Berufspolitiker in Deutschland bezahlt werden, ist nicht gerade übersichtlich. Abgeordnete erhalten hierzulande für ihre Tätigkeit offiziell keine Gehälter, sondern Aufwandsentschädigungen, auch "Diäten" genannt. Mit einer mageren Diät hat das Ganze allerdings nichts zu tun: So erhalten Bundestagsabgeordnete 9542 Euro monatlich. Hinzu kommt eine monatliche Kostenpauschale von 4318 Euro, die nicht versteuert werden muss. Sie dient zur Deckung von Kosten, die im Rahmen des politischen Mandats anfallen, also zum Beispiel eine Unterkunft nahe des Bundestags, Verpflegung oder Fahrtkosten.
Aber das ist noch nicht alles: Für maximal 12.000 Euro pro Jahr können Bundestagsabgeordnete ihre Büro- und Geschäftsausstattung auf den neuesten Stand bringen, wozu auch neue Smartphones oder Kaffeemaschinen zählen. Allerdings erhalten die Parlamentarier das Geld dafür nur im Nachhinein und gegen Belege.
Die Diäten der Bundestagsabgeordneten wurden zuletzt im Juli diesen Jahres angehoben. Sie bekommen jedes Jahr eine automatische Gehaltserhöhung, welche sich seit 2016 an der allgemeinen Entwicklung der Löhne in Deutschland orientiert.
Landtagsabgeordnete verdienen etwas weniger
Und wie sieht es mit den Abgeordneten der Länder aus? Auch sie erhalten Diäten und Kostenpauschalen, die sich aber in der Höhe recht stark unterscheiden können. So verdienen Abgeordnete in Hamburg lediglich 2641 Euro zuzüglich einer Pauschale von 350 Euro. Dagegen verdienen Mitglieder des Landtags in Nordrhein-Westfalen 9.500 Euro im Monat und bekommen gar keine Kostenpauschale.
Zu den richtig großen Fischen im deutschen Politikbetrieb: Was beziehen Angela Merkel, Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier & Co? In der folgenden Infografik sind die Spitzenpolitiker zusammen mit den Bundes- und Landtagsabgeordneten aufgelistet:
Angela Merkel erhält monatlich 17.732 Euro zuzüglich knapp 1000 Euro Ortszuschlag und Stellenzulage. Am besten verdient aber - obwohl er eher repräsentative Aufgaben hat - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Und das hat auch seine Richtigkeit. Auf der Website des Bundespräsidenten ist nachzulesen: Er erhält stets zehn Neuntel des Gehalts der Bundeskanzlerin. Damit springen für Steinmeier inklusive Zuschüssen 19.719 Euro im Monat heraus. Die Bundesminister verdienen gut 15.000 Euro monatlich inklusive Zuschüssen.
Die Bezüge all dieser Spitzenpolitiker setzen sich aus einem Grundgehalt und verschiedenen Zuschlägen zusammen. Die Höhe orientiert sich nach § 11 des Bundesministergesetzes an den Bezügen von Beamten. Zusätzlich kommen beim Bundeskabinett noch die Aufwandsentschädigungen hinzu, auf die sie als Abgeordnete des Deutschen Bundestags ein Recht haben: Das sind 12.270,96 Euro im Jahr für die Kanzlerin sowie jeweils 3.681,36 Euro für die Bundesminister.
Obwohl sie dem Protokoll zufolge erst nach dem Bundespräsidenten und dem Präsidenten des Bundestages kommt, hat Angela Merkel faktisch das politisch mächtigste Amt Deutschlands inne. Da stellt sich die Frage, wie sie verglichen mit anderen Regierungschefs abschneidet. In einem Ranking des Statistikportals Statista spielt sie auf jeden Fall im oberen Mittelfeld mit.
Deutlich besser als die deutsche Bundeskanzlerin verdienen nur wenige, unter anderem der amerikanische Präsident mit einem Jahresgehalt von umgerechnet gut 333.000 Euro, und - für alle anderen unerreichbar - der Premierminister Singapurs, Lee Hsien Loong, der es auf fast 1,5 Millionen Euro im Jahr bringt!
Kritik an Diäten und Nebeneinkünften
Die Deutschen sehen freilich die Bezüge ihrer Politiker nicht im Vergleich zu anderen Ländern, sondern vor allem im Kontext hiesiger Gehälter. Die Entlohnung der Kabinettsmitglieder, aber auch die der einfachen Abgeordneten liegt weit über dem deutschen Durchschnittseinkommen. Dafür wurden Politiker in der Öffentlichkeit immer wieder kritisiert.
Wobei zu sagen ist: An die Einkünfte von Spitzenverdienern reichen die meisten Politikergehälter in Deutschland bei weitem nicht heran. So kann ein Sparkassenvorstand, so eine Auswertung des Portals correctiv.org, schon mal über 850.000 Euro im Jahr verdienen. Das ist mehr als dreimal so viel wie die Kanzlerin, die immerhin einen der zeit- und verantwortungsintensivsten Knochenjobs überhaupt hat.
Umstritten ist neben der Höhe auch die Tatsache, dass die Abgeordneten ihre Diäten selbst beschließen. Letzteres ist im "Diätenurteil" des Bundesverfassungsgerichts 1975 so festgelegt worden. Was außerdem für Unmut sorgt: Jeder vierte Bundestagsabgeordnete verdient sich laut einer Studie der Otto Brenner Stiftung in Zusammenarbeit mit der Transparenzinitiative abgeordnetenwatch.de in einem gut bezahlten Nebenjob mehr als 10.000 Euro jährlich zu seiner Diät dazu.