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Ahmadinedschad polarisiert mit Libanon-Besuch

14. Oktober 2010

Der iranische Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad ist für einen zweitätigen Staatsbesuch im Libanon. Dabei will er auch die Grenze zu Erzfeind Israel besuchen. Er ist das erste Mal zu Gast im Libanon.

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Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad und Libanons Ministerpräsident Saad Hariri schütteln sich die Hände (Foto: ap)
Libanons Ministerpräsident Hariri empfängt Irans Präsidenten AhmadinedschadBild: AP
Mahmud Ahmadinedschad bekommt einen Ehrendoktor von Zuheir Shuker, dem Präsidenten der Libanesischen Universitat verliehen. Ahmadinedschad hält das Ledermäppchen mit der Urkunde hoch (Foto: ap)
Zuheir Shuker, Präsident der Libanesischen Universität, verleiht einen Ehrendoktor an den iranischen PräsidentenBild: AP

Mit einer Rede vor Akademikern, Geistlichen und Anhängern der Schiiten-Bewegung Hisbollah hat der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad am Donnerstag (14.10.2010) seinen umstrittenen Besuch im Libanon fortgesetzt. Im Auditorium der Libanesischen Universität verteidigte er das iranische Atomprogramm. Er sagte, der Westen versuche, die Muslime von der technologischen Entwicklung abzuschneiden.

Nachdem Mahmut Ahmadinedschad von der Libanesischen Universität einen Ehrendoktor verliehen bekam, steht für den iranischen Präsidenten noch der Besuch von Dörfern an der Grenze zu Israel an. Diese Dörfer waren im Krieg zwischen der Hisbollah und Israel 2006 teilweise zerstört und mit iranischer Hilfe wiederaufgebaut worden.

Rosenblüten, Bonbons und Reis

Die Fahrzeug-Kolonne von Irans Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad fährt durch eine geschmückte Straße, die von Menschen gesäumt ist (Foto: ap)
Herzlich willkommen - sagen Ahmadinedschads Unterstützer an der StraßeBild: AP

Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen hatte der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad seinen Besuch in Beirut begonnen. Tausende Libanesen begrüßten den iranischen Präsidenten mit iranischen und libanesischen Fahnen und Luftballons. Sie warfen Rosenblüten, Bonbons, Reis und Blumen auf den offenen Präsidentenwagen, als er duch Beiruts Straßen fuhr. Währenddessen erklang aus Lautsprechern die iranische Nationalhymne. Die Straßen waren gesäumt von Ahmadinedschad-Plakaten. Die jubelnde Menge bestand zum größten Teil aus Anhängern der pro-iranischen Hisbollah-Miliz.

Die schiitische Hisbollah, die vom Iran Geld und Waffen erhält, hatte bereits im vorhinein angekündigt, dem iranischen Präsidenten den roten Teppich ausrollen zu wollen. Hisbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah hatte seine Landsleute aufgerufen, Ahmadinedschad einen herzlichen Empfang zu bereiten, "schließlich kommt er auf offizielle Einladung des Staates". Allerdings gab es auch kritische Stimmen. So hängten sunnitische und christliche Gegner der Hisbollah Plakate mit einem Foto von Ahmadinedschad auf. Darauf war zu lesen: "Du bist hier nicht willkommen" oder "Kein Willkommen für die Herrschaft der schiitischen Religionsführer". Sie werfen Ahmadinedschad vor, den Libanon "zu einem iranischen Stützpunk am Mittelmeer" machen zu wollen.

Ähnlich äußerte sich auch Amos Gilad, ein ranghoher Mitarbeiter des israelischen Verteidigungsministeriums. Er sagte am Donnerstag (14.10.2010), der Iran strebe danach, den Libanon zu seinem "Ableger" zu machen. Der libanesische Präsident Michel Suleiman sehe zu, wie im Süden des Landes "Hisbollastan" entstehe "das den Libanon auffrisst wie ein Krebsgeschwür". Israel betrachtet den Iran als die größte strategische Bedrohung für sich und wirft dem Land vor, die Hisbollah im Libanon mit tausenden Raketen ausgerüstet zu haben.

Heftige Kritik am Staatsbesuch

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad winkt aus der Dachluke seines schwarzen Geländewagens (Foto: ap)
Papamobil light: Ahmadinedschad winkt den Menschen am StraßenrandBild: AP

Die erste Station auf Ahmadinedschads zweitägigem Staatsbesuch war der Präsidentenpalast in Beirut. Dort traf er sich mit dem libanesischen Präsidenten Michel Suleiman und pro-westlichen sowie pro-iranischen Regierungsmitgliedern. Nach dem Besuch einer Hisbollah-Kundgebung in Süden Beiruts am Abend wird er am Donnerstag libanesische Dörfer an der Grenze zu Israel besuchen, darunter auch den Ort Bint Jbeil. Er liegt im Süden des Libanon, rund vier Kilometer von der israelischen Grenze entfernt. Zunächst war für das Besuchsprogramm ein "symbolischer Steinwurf" des iranischen Präsidenten vom ehemaligen Grenzübergang "Fatima Tor" in Richtung Israel geplant. Dieser Steinwurf soll nun wohl doch nicht stattfinden. Angeblich soll der syrische Präsident Baschar al-Assad dem iranischen Präsidenten davon abgeraten haben, da er ansonsten damit die ohnehin instabile politische Lage im Libanon noch weiter destabilisieren würde.

Die Kritik an Mahmud Ahmadinedschads erstem Staatsbesuch im Libanon wird derweil immer lauter. Der Vorsitzende der libanesischen Christen-Partei "Forces Libanaises", Samir Geagea, zeigte seinen Unmut: "Ahmadinedschad wäre im Libanon willkommen, wenn er als Präsident des Irans käme und nicht als Präsident von Teilen Libanons." Besorgt äußerte sich auch ein Sprecher des israelischen Außenministeriums. Jigal Palmor sagte, Ahmadinedschad bringe eine Botschaft von Gewalt und Extremismus mit. Dies müsse große Besorgnis bei jenen hervorrufen, die sich für Frieden und Stabilität im Nahen Osten einsetzen. Auch die Art und Weise des Auftritts von Ahmadinedschad kritisierte er: "Ahmadinedschad ist in den Libanon gekommen wie ein Gutsherr, der seinen Grund und Boden inspiziert." Der iranische Staatschef habe seine Absicht demonstriert, Israel vom Libanon aus zu provozieren.

Auf einem riesigen Plakat ist Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad vor einer Vielzahl iranischer Flaggen abgebildet. Zwei Arbeiter in dem Korb eines Steigers geben dem Plakat den letzten Schliff (Foto: ap)
Überall im Libanon hängen Plakate, von denen Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad lachtBild: AP

Ahmadinedschad gefährdet Libanons Stabilität

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad zeigt das Victory-Zeichen und lacht (Foto: ap)
Ein Freund plakativer Gesten: Ahmadinedschad in seinem ElementBild: AP

Der Libanon ist ohnehin tief gespalten. Die schiitische Hisbollah-Miliz erhält von Iran sowohl Geld- als auch Waffenlieferungen und feiert den iranischen Präsidenten daher wie einen Helden. Die Sunniten und die Christen, die jeweils rund ein Drittel der libanesischen Bevölkerung ausmachen, sehen Ahmadinedschad dagegen als Unheilsbringer. Sie sind verärgert darüber, dass er die Schiiten-Bewegung so stark unterstützt, dass diese ihre militärische Stärke mittlerweile nicht nur gegen Israel einsetzt, sondern sie auch innenpolitisch als Druckmittel nutzt. Dies hat dazu geführt, dass die Regierung mittlerweile ohne die Hisbollah nichts mehr entscheiden kann, obwohl die Hisbollah nur über zwei Minister im Kabinett verfügt.

Das UN-Tribunal und der Staatsbesuch


Die Sunniten um Ministerpräsident Saad Hariri suchen inzwischen verstärkt Schutz bei Ägypten, Saudi-Arabien und den USA. Am Montag (11.10.2010) sprach Hariri in Kairo mit dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak über die schwierige Lage. Nach dem Teffen gab die ägyptische Regierung bekannt, dass sie sehr besorgt sei über die Unruhe im Libanon, die die gesamte Nahost-Region destabilisieren könnte.

Soldaten sperren den Ort des Bombenanschlags auf Rafik Hariri ab. Hinter ihnen befinden sich brennende Trümmer (Foto: ap)
Bei dem Bombenanschlag 2005 starben Rafik Hariri und mehr als 20 weitere MenschenBild: AP

Die Unruhe rührt vor allem daher, dass in den kommenden Wochen die Anklageschrift des UN-Tribunals für die Aufklärung des Mordes an Rafik Hariri veröffentlicht werden soll. Der Milliardär und frühere Regierungschef des Libanon, der auch der Vater des derzeitigen Regierungschefs Saad Hariri war, wurde im Februar 2005 ermordet. Es wird vermutet, dass unter den Mordverdächtigen auch mehrere Hisbollah-Funktionäre sind. Diese sollen angeblich einem Flügel der Bewegung angehören, der seine Befehle nicht von Hisbollah-Generalsekretär Nasrallah erhält, sondern direkt aus dem Iran. Die Hisbollah bemüht sich bereits seit Wochen darum, das UN-Tribunal in Den Haag zu diskreditieren und es als "israelisches Projekt" darzustellen. Sie soll angeblich sogar Ministerpräsident Saad Hariri aufgefordert haben, zu behaupten, das Tribunal sei "politisiert" und der israelische Geheimdienst habe seinen Vater ermorden lassen. Hariri soll das allerdings abgelehnt haben.

Autor: Marco Müller (dpa, ap, rtr, afp)
Redaktion: Diana Hodali