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Der Pianist aus den Trümmern

Stefan Dege28. Oktober 2015

Er stellte sein Klavier in die Ruinen von Damaskus - und spielte. So wurde Aeham Ahmads Musik zum Soundtrack der Zerstörung seiner Heimat. Nun lebt er als Flüchtling in Deutschland und ist eine wachsende Berühmtheit.

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Syrien Pianist Aeham Ahmad in Damaskus
Bild: Johannes-Wasmuth-Gesellschaft e.V./Niraz Saied

Das Bild des Pianisten, der inmitten des zerbombten Damaskus am Klavier sitzt und singt, ging um die Welt. Fernsehreportagen über den jungen Palästinenser finden sich auf Youtube im Internet. Aeham spielte und sang für die Hoffnungslosen und Elenden. Sein Mut bewegte die Menschen, denn er gab dem Leid in Syrien ein Gesicht und setzte Zeichen der Hoffnung. Dann bedrohte der IS ihn und seine Familie. Musik gilt bei den Islamisten als haram, als unrein. Aeham musste fliehen.

Der IS zündete sein Klavier an

Jarmuk, das Stadtviertel von Damaskus, in dem er geboren wurde, ist von Bombeneinschlägen verwüstet, viele Häuser zu Betongerippen geschunden, Straßen unter dem Schutt zerstörter Häuser begraben. Anfang April hat der IS dort die Kontrolle übernommen. Einer der Terroristen zündete Aehams Klavier an. Der Künstler hatte das schneeweiße Instrument in Rot und Grün überbemalt, den Farben der Palästinenser. Ein älteres Youtube-Video zeigt ihn, wie er für eine Handvoll Kinder spielt, die mit ihm singen: eine herzzerreißende Szene.

München Benefiz Konzert WIR Stimmen für geflüchtete Menschen
Aeham Ahmad auf einem Benefizkonzert in MünchenBild: picture-alliance/dpa/M. Müller

Seine beiden Söhne Kinan und Ahmad und seine Frau hat er in der Heimat zurücklassen müssen. Er will sie nachholen, sobald das möglich ist. Jeden Schritt seiner kostspieligen Flucht über die Türkei und Österreich nach Deutschland hat Aeham mit seinem Handy fotografiert und gefilmt. Aehams Mut, die Wahl seines Mittels hat den Pianisten zum Liebling der Medien werden lassen. Ein Flüchtling, der sein Schicksal in die eigenen Hände nimmt, der den Beweis antritt, dass Kunst und Kultur das Böse besiegen können? Diese Botschaft verkörpert der junge Pianist aus Syrien. Seine Geschichte ist deshalb wie gemacht für Seite-Drei-Reportagen im europäischen Blätterwald.

Das verstummte Klavier aus Jarmuk

Aeham Ahmad ist gelernter Musiker, hat das Konservatorium in Damaskus besucht, wo er Chopin, Beethoven, Mozart übte. Später schaffte er es auf die Musikalische Fakultät im syrischen Homs. Zwar lebt er jetzt in einem Flüchtlingsheim in München. Doch immer häufiger tritt er bei Veranstaltungen auf, wie neulich bei dem großen Münchner Benefizkonzert "Wir. Stimmen für geflüchtete Menschen". In Bonn soll Aeham Ahmad nun eine erste Würdigung erhalten - den von einer Musikerinitiative vergebenen "Internationalen Beethovenpreis für Menschenrechte, Frieden, Freiheit, Armutsbekämpfung und Inklusion".