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PolitikAsien

70 Jahre nach dem Koreakrieg: Wackelige Sicherheit in Asien

Mu Cui
26. Juli 2023

Drei Jahre lang dauerte der Krieg zwischen Nord- und Südkorea. Sie kämpften mit Unterstützung ihrer Alliierten um Territorien und Macht. Ein Waffenstillstand wurde vor 70 Jahren vereinbart, aber bis heute kein Frieden.

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Der nordkoreanische Marschall Kim Il Sung (l) unterzeichnet 1953 in Pjöngjang das Waffenstillstandsabkommen
Der nordkoreanische Marschall Kim Il Sung (l) unterzeichnet 1953 in Pjöngjang das WaffenstillstandsabkommenBild: picture-alliance/dpa

Offiziell herrscht heute auf der Koreanischen Halbinsel immer noch der Kriegszustand. Mit dem Abkommen, das am 27. Juli 1953 im kleinen Grenzdorf Panmunjom unterzeichnet wurde, vereinbarten die Kriegsparteien lediglich eine Feuerpause. Eine innerkoreanische Grenze wird weder von Nord- noch von Südkorea anerkannt.

Nach dem zweiten Weltkrieg in Asien haben sich die Siegermächte, die USA und die Sowjetunion, darüber verständigt, dass Korea - davor für fast ein halbes Jahrhundert eine japanische Kolonie - geteilt werden sollte, wie in Europa West- und Ostdeutschland. Aber Pjöngjang und Seoul wollten beide über die gesamte Halbinsel herrschen. Nach Kriegsvorbereitung und in Abstimmung mit den kommunistischen "Brüdern" startete Nordkorea unter der Führung von Kim Il Sung, dem Großvater des heutigen Diktators Kim Jung Un, im Juni 1950 den Krieg gegen den Süden.

Südkorea Demarkationslinie in Panmunjom 2007
Bild: Andrea Bienert/lmzbw/picture alliance

Schnell entwickelte sich die bewaffnete Auseinandersetzung zu einem Stellvertreterkrieg. Die USA setzten sich in den Vereinten Nationen durch, denen die junge Volksrepublik China noch nicht angehörte, sondern die Republik China auf Taiwan, und formten mit einer Resolution im Sicherheitsrat eine UN-Truppe aus insgesamt 16 Ländern. Die USA stellten mehr als 300.000 Soldaten. Es beteiligten sich auch viele europäische Länder wie England, Frankreich, Belgien, Luxemburg, Italien, Griechenland und die Niederlande. Die Veto-Macht Sowjetunion war bei der Abstimmung abwesend, da sie die Vertretung Chinas durch die Regierung auf Taiwan infrage stellte. Diese hatte für die USA gestimmt.

US-General Douglas MacArthur, Oberbefehlshaber der in Korea eingesetzten UN-Streitkräfte
US-General Douglas MacArthur, Oberbefehlshaber der in Korea eingesetzten UN-StreitkräfteBild: picture-alliance/dpa

Stellvertreterkrieg

Auf der anderen Seite entsandte das kommunistische China - ein Jahr nach der Staatsgründung durch Mao Zedong - bis zu 1,5 Millionen Soldaten nach Nordkorea, um sich "gegen die amerikanischen Aggressoren" zu wehren. Während des dreijährigen Krieges fielen insgesamt etwa 900.000 Soldaten. Schätzungsweise drei Millionen Zivilisten kamen ums Leben. 

"Es gab für alle Kriegsbeteiligten etwas zu gewinnen", sagt der Historiker und Koreaexperte Werner Pfennig von der FU Berlin im Interview mit der DW. Während beide Koreas die Herrschaft über die ganze Halbinsel beanspruchten, betrieben andere Kriegsparteien vor dem Hintergrund des Kalten Kriegs ihre eigenen Spielchen. Die USA wollten durch den Militäreinsatz den Einfluss der Sowjetunion zurückdrängen und direkt vor der Grenze zur UdSSR Präsenz zeigen. Moskau wollte erreichen, dass die US-Streitkräfte am Atlantik und Pazifik herausgefordert werden.

"Der Krieg endete mit einem Waffenstillstand. Keiner hatte wirklich einen totalen Sieg, aber beide Supermächte, auch Nord- und Südkorea, blieben intakt und verloren nicht ihre Positionen", so Pfennig.

Spionagesatellit aus Nordkorea stürzt ins Meer

Spätfolgen

Im Koreakrieg war die junge Volksrepublik lediglich der Stellvertreter des "großen Bruders" Sowjetunion. Nach Entsendung von Streitkräften Chinas wurden die USA allerdings auf die politische Zukunft der Insel Taiwan aufmerksam, wo die Kuomintang-Regierung nach dem verlorenen Bürgerkrieg gegen Mao 1949 Zuflucht fand. So instrumentalisierte Washington die Insel Taiwan, die sich offiziell Republik Taiwan nannte und seinerzeit einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat innehatte, als Brückenkopf gegen die Kommunisten auf dem Festland - und das bis heute.

Auch heute profitiere China von dem Koreakrieg trotz der großen Verluste, sagt Maximilian Ernst, Ostasien-Experte vom Centre for Security, Diplomacy and Strategy (CSDS) in Brüssel: "Die kommunistische Führung in Peking verfolgte das Ziel, China als regionale Hegemonialmacht zu etablieren. Das machte es notwendig, die Machtprojektion der USA auf der koreanischen Halbinsel bereits im Jahr 1950 zurückzudrängen."

(Archiv) Familienzusammenführungen zwischen Nord- und Südkorea 2009
(Archiv) Familienzusammenführungen zwischen Nord- und Südkorea 2009Bild: AP

Nach dem Koreakrieg wurden viele Familien in Korea getrennt. "Die meisten Südkoreaner, die ich kenne, haben entfernte Verwandte in Nordkorea, die sie nicht treffen können", sagt Ernst. "Und es dauerte wirklich Jahrzehnte, bis Südkoreaner die Armut überwinden konnten." Der kommunistische Norden ist derzeit aufgrund der wiederholten Atom- und Raketentests international isoliert. Die Menschen leben in purer Armut. Nur China unterstützt das Regime des Diktators Kim Jung Un.

Für die ausgebliebene Konjunktur sei auch der Koreakrieg ein ausschlaggebender Faktor, sagt Ernst. "Der Krieg endete offiziell nie. Der fortwährende Kriegszustand, der offiziell vom Waffenstillstandsabkommen 1953 nur unterbrochen ist, verstetigt das totalitäre Regime der Kims, unter denen bis heute Millionen von Nordkoreanern leiden."  

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Ernst glaubt aber nicht, dass in Asien wieder bewaffnete Konflikte zwischen China und den USA auf der koreanischen Halbinsel ausgetragen würden, denn "jeder Akteur interessiert sich für den Status quo in Korea". Denkbare Schauplätze für Kriegshandlungen gebe es möglicherweise in der Taiwan-Straße oder im Südchinesischen Meer. "Aber sobald China und die USA militärisch gegeneinander kämpfen, würde die Halbinsel sehr schnell betroffen, weil Peking die in Südkorea stationierten US-Truppe angreifen könnte."