25 Jahre NATO-Russland-Grundakte
Am 27. Mai 1997 wurde die NATO-Russland-Grundakte unterschrieben. Lange Zeit sicherte sie eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Die Geschichte der Beziehungen zwischen Russland und der NATO - und ihres Niedergangs.
Vertrauen und Zusammenarbeit
Zufriedene Gesichter: Der italienische Admiral Giampaolo Di Paola (Vorsitzender des NATO-Militärausschusses) und der russische General Nikolaj Makarow (Chef des Generalstabs der russischen Streitkräfte) unterschrieben im Mai 2011 ein Dokument zur vertieften Zusammenarbeit. Das Fundament dazu legte die NATO-Russland-Grundakte - und der Weg dahin begann kurz vor Ende des Kaltes Krieges.
Die ersten Schritte aufeinander zu
Die erste Annäherung gab es noch in der Sowjetzeit. Im Juli 1990 erklärten die NATO-Mitglieder in London, dass sie die Staaten des Warschauer Pakts nicht länger als Gegner betrachten - eine politische Kehrtwende. Wenige Tage später reiste NATO-Generalsekretär Manfred Wörner, ehemals deutscher Verteidigungsminister, zu Gesprächen mit Michail Gorbatschow, dem Präsidenten der UdSSR, nach Moskau.
Die Feindschaft für immer begraben
Paris, 27. Mai 1997: Unterzeichnung der NATO-Russland-Grundakte über gegenseitige Beziehungen, Zusammenarbeit und Sicherheit. Über den Beginn der neuen Ära freuen sich US-Präsident Bill Clinton, Russlands Präsident Boris Jelzin, Frankreichs Staatschef Jacques Chirac und NATO-Generalsekretär Javier Solana (vorne v.l.n.r.). Zwischen 1999 und 2020 traten 14 osteuropäische Staaten der NATO bei.
Nächster Meilenstein: NATO-Russland-Rat
Der 2002 gegründete NATO-Russland-Rat wurde die wichtigste Plattform, um die Zusammenarbeit zu koordinieren und militärpolitische Probleme zu erörtern. Im August 2008, im Russland-Georgien-Krieg, unterbrach die NATO die Zusammenarbeit, nahm sie aber knapp ein Jahr später wieder auf. Bei dieser Ratssitzung im April 2011 in Berlin standen Libyen und Afghanistan im Fokus der Außenminister.
Putin bekam, was er wollte...
Kurz zuvor, im April 2008, hatten die NATO-Mitglieder beschlossen, den Beitritt der Ukraine und Georgiens auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Vor allem Deutschland und Frankreich hatten Einwände vorgebracht. Genau das wollte Russlands Präsident Wladimir Putin erreichen. Hoch zufrieden wirkte er darum bei der Pressekonferenz des NATO-Russland-Rates, der an Rande des NATO-Gipfels getagt hatte.
... und der NATO-Chef fühlte sich wie zuhause
Ein Morgen im Juli 2011. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen joggt in Sankt Petersburg. Am Vorabend verliefen die Gespräche des NATO-Russland-Rates in Sotschi über Raketenabwehr und Atomwaffen schwierig. Aber die Suche nach einvernehmlichen Lösungen ging weiter. Rasmussen hielt an jenem Tag in der Stadt an der Newa eine Rede vor Kadetten der russischen Marineakademie.
Rüstungsexport Richtung Russland
Welches Vertrauen die NATO-Staaten damals zu Russland gefasst hatten, zeigt der im Juni 2011 zwischen Paris und Moskau geschlossene Vertrag: Frankreich verkaufte zwei Hubschrauberträger der Mistral-Klasse, die als Angriffsschiffe gelten. Erst nach der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim im Jahr 2014 stoppte Paris die Lieferung und verkaufte die Schiffe später an Ägypten.
Gemeinsam gegen Piraten
Die Sicherheit der internationalen zivilen Seeschifffahrt zu garantieren: auch dabei arbeiteten Russland und die NATO zusammen, hier zum Beispiel im Golf von Aden zwischen Jemen und Somalia. Im Februar 2013 übten die Matrosen der "Seweromorsk", eines Schiffes der Nordflotte der russischen Marine, gemeinsam mit der Besatzung des italienischen Hubschrauberträgers "San Marco" Taktiken gegen Piraten.
Kommerzielle Kooperation gekippt
Ein großes Projekt der kommerziellen Zusammenarbeit sollte die Nutzung des Flughafens Wostotschny in Uljanowsk an der Wolga mit seiner extrem langen Start- und Landebahn werden. Die NATO-Luftstreitkräfte wollten hier Fracht zwischen Westeuropa und Afghanistan umschlagen. Das Vorhaben stieß jedoch auf breiten Protest der russischen Öffentlichkeit und wurde 2012 aufgegeben.
Noch lächeln die Verteidigungsminister
Im Oktober 2013 trafen sich die Verteidigungsminister des NATO-Russland-Rates regulär in Brüssel. Die Beziehungen zwischen Moskau und dem Westen hatten sich schon verschlechtert, doch Sergej Schoigu (l) und sein US-Kollege Chuck Hagel (r) zeigten sich noch gut gelaunt. Vier Monate später änderte die russische Militäroperation zur Eroberung der ukrainischen Halbinsel Krim alles.
NATO: Für die Ukraine - gegen Russland
Nachdem Russland im März 2014 die Krim annektiert und den Krieg in der Ostukraine begonnen hatte, fror die NATO die Zusammenarbeit ein. Zum NATO-Gipfel im September 2014 lud sie den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko (2.v.l.) nach Newport, Großbritannien. Beide Seiten verurteilten das Vorgehen Putins und gaben "ein festes Bekenntnis zur Weiterentwicklung einer besonderen Partnerschaft" ab.
Letzter Versuch: Den Krieg verhindern
Ende 2021 konzentrierte Russland Truppen an der Grenze zur Ukraine. Moskau fordert von der NATO, ihre Truppen aus Osteuropa abzuziehen und keine neuen Mitglieder aufzunehmen. Am 12. Januar 2022 traf sich - nach Jahren der Funkstille - der NATO-Russland-Rat. Ohne Ergebnis. Am 24. Februar machte Russland mit dem Angriff auf die Ukraine 25 Jahre Zusammenarbeit mit der NATO zunichte.