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Politik

Öffnet sich die SPD für ein Linksbündnis?

9. Juni 2019

Die Sozialdemokraten suchen nach Wegen aus der Krise. In der schwer angeschlagenen Partei denkt man über Alternativen zur großen Koalition nach. Für Vizechef Stegner ist ein rot-rot-grünes Bündnis eine Option.

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Berlin Bundesparteitag der SPD
Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner (Artikelbild) hält ein Linksbündnis im Bund für möglich. Er sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", eine Koalition mit Grünen und Linkspartei sei für die SPD die "strategische Alternative diesseits der Union". Ziel sei es, "wieder die stärkste Kraft diesseits von CDU und CSU zu werden". Im "Handelsblatt" nannte er Bedingungen für ein Linksbündnis: "Die Grünen müssen entscheiden, ob sie Jamaika-Koalitionen oder soziale und progressive Bündnisse präferieren, und die Linkspartei muss sich von linksnationalen Positionen trennen und Regierungsverantwortung auch wollen." Dann könne eine rot-grün-rote Regierungskoalition wie in Bremen gelingen.

Die SPD müsse in einigen Punkten wie schon beim Sozialstaatskonzept programmatische Klarheit herstellen und die anstehenden organisatorischen und personellen Fragen lösen, sagte der Parteivize. "Dazu gilt es, mit besserer Kommunikation auf der Höhe der Zeit und mit neuem Selbstbewusstsein eine klare Alternative zu Konservativen und Liberalen und gegen die rechten Populisten zu formulieren."

Dreyer sieht Option

Der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert und der Chef der „Parlamentarischen Linken", Matthias Miersch, hatten sich ebenfalls offen für ein solches Linksbündnis gezeigt. Auch Malu Dreyer, eine der drei kommissarischen SPD-Vorsitzenden, schloss ein Bündnis ihrer Partei mit Grünen und Linken im Bund nicht aus. "Ich kämpfe für eine starke SPD und Mehrheiten jenseits der CDU/CSU", sagte die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz der "Süddeutschen Zeitung": "Eine Option kann da natürlich auch eine Koalition aus SPD, Grünen und Linken sein, wie das in Bremen ausgelotet wird." Nach dem Rücktritt von Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles führen übergangsweise die Vize-Vorsitzenden Malu Dreyer, Manuela Schwesig, und Thorsten Schäfer-Gümbel die SPD.

Die SPD liegt dem aktuellen RTL-ntv-Trendbarometer zufolge mit zwölf Prozent gleichauf mit der AfD, die einen Punkt hinzugewinnt. Damit rangiert die SPD weit hinter CDU/CSU, die um zwei Punkte auf 24 Prozent sinken, und den Grünen, die abermals mit 27 Prozent an der Spitze liegen. In der Forsa-Umfrage für die Fernsehsender RTL und ntv verbessert sich die Linke um einen Punkt auf acht Prozent. Die FDP kommt wie in der Vorwoche ebenfalls auf acht Prozent. Die Grünen hatten zum ersten Mal in der Woche nach der Europawahl den Spitzenplatz im Trendbarometer übernommen.

Debatte über große Koalition

Derweil geht bei den Sozialdemokraten die Diskussion weiter, ob sie die große Koalition fortsetzen soll oder nicht. Dreyer versicherte, ihre Partei sei vertragstreu, und verwies aber auch auf die Revisionsklausel im Koalitionsvertrag. Der kommissarische Parteivorsitzende Thorsten-Schäfer Gümbel sagte dazu: "Dass wir auf dem Bundesparteitag über die Halbzeitbilanz reden, ist aus meiner Sicht völlig klar." Allerdings werde nicht nur in der SPD über diese Frage nachgedacht, sondern auch in der CDU. Er nehme zur Kenntnis, "dass Teile der Union die Koalition infrage stellen und uns die Verantwortung in die Schuhe schieben", so Schäfer-Gümbel.

Er sprach sich dagegen aus, den Parteitag vorzuziehen. "Es kann klug sein, den Dezembertermin für den Parteitag beizubehalten". "Wenn man Beteiligung ernstnimmt, sollte man die Übergangsphase nutzen, um die unterschiedlichen Fragen zu klären." Gemeinsam mit Dreyer und Schwesig will er bis zum 24. Juni Verfahrensvorschläge für die Wahl der Parteispitze erarbeiten. "Vorstellbar ist alles Mögliche: Regionalkonferenzen, Mitgliederentscheid, Vorwahlen", sagte Schäfer-Gümbel. Es gebe "im Moment kein Denkverbot".

"Nicht aus der Verantwortung stehlen" - Gespräch mit Michael Roth (SPD)

Gute Erfahrungen in Bayern

Die bayerische Landesvorsitzende Natascha Kohnen schlug vor, wie in Bayern die Basis zu befragen. "Ich kann mir ein Mitgliedervotum gut vorstellen", sagte sie. Dort hatten die Mitglieder über insgesamt sechs Kandidaten abgestimmt. Für den Fall, dass keiner eine Mehrheit gewonnen hätte, wäre eine Stichwahl auf einem Parteitag vorgesehen gewesen. "Das ist ein echt gutes Verfahren, das auch funktioniert", so Kohnen. 

Andere in der Partei, etwa der Chef des eher konservativ ausgerichteten "Seeheimer Kreises", Johannes Kahrs, sind für eine Vorwahl, an der auch Nichtmitglieder teilnehmen könnten. "Ich fände es gut, wenn Menschen, die sich als Sympathisanten der SPD sehen, an dieser Wahl teilnehmen könnten, auch wenn sie nicht Parteimitglieder sind", sagte Kahrs. Das gebe es schließlich auch in Amerika und Frankreich. Um die Ernsthaftigkeit der Nichtmitglieder zu prüfen, könnte man einen Obulus von ihnen nehmen: "Eine Summe von zwei bis fünf Euro, die auch dazu beiträgt, die Kosten zu decken." 

kle/jv (dpa, rtr, afp, FAS)