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Freude über die Wahl Gaucks

Bettina Marx18. März 2012

Die Wahl Joachim Gaucks zum Bundespräsidenten war keine Überraschung. Trotzdem zeigten sich Politiker und Kirchenvertreter erfreut über seine Wahl. Mit Zuversicht sieht man in Berlin seiner Amtszeit entgegen.

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Joachim Gauck, Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten ist am Sonntag (18.03.2012) während der Bundesversammlung auf einer Videoleinwand vor dem Reichstag zu sehen. 1240 Wahlleute bestimmen den neuen Bundespräsidenten. Foto: Matthias Balk dpa
Bild: picture-alliance/dpa

In Berlin herrschte allenthalben große Genugtuung über die Wahl von Joachim Gauck zum elften Bundespräsidenten. Politiker fast aller Parteien zeigten sich zufrieden über das Ergebnis der Wahl. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, sie sei froh, dass Gauck mit so großer Mehrheit gewählt worden sei. Die Unionsfraktion habe sich nach einer Phase des Überlegens für Gauck als Kandidaten ausgesprochen. In seiner Rede nach der Wahl habe er deutlich gemacht, dass er ein Präsident sei, der die Belange der Bürger im Auge habe. Gleichzeitig schätze und achte er die Politiker. "Ich glaube, insofern wird das auch eine gute Zusammenarbeit werden."

Das Ansehen Deutschlands im Ausland mehren

Sie werde mit Gauck, wie mit seinen Vorgängern, vertrauliche Gespräche führen und sich mit ihm austauschen, unterstrich Merkel. Dabei könne es sein, dass er etwas kritisch sehe, so wie auch sie etwas kritisch sehen könne. Dabei gehe es jedoch nicht um irgendwelche Erziehungsmethoden, sondern um Meinungsäußerungen, aus denen die Demokratie meistens gestärkt hervorgehe.

Joachim Gauck erhält von Bundeskanzlerin Angela Merkel nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten im Reichstag einen Blumenstrauß. Foto: Reuters.
Blumen von der KanzlerinBild: Reuters

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) zeigte sich zuversichtlich, dass Gauck das Ansehen Deutschlands in der Welt mehren werde. Im Interview mit der DW sagte der FDP-Politiker, dass der Bundespräsident gerade mit seiner persönlichen Freiheitsgeschichte einen wichtigen Beitrag leisten könne. Sein großes Lebensthema sei die Freiheit zur Verantwortung. Damit könne er vor allem für die Menschen ein Orientierungspunkt und Mutmacher sein, die derzeit noch um ihre Freiheit kämpften.

Präsident und nicht König

Besondere Freude herrschte bei SPD und Grünen, die den ehemaligen Bürgerrechtler und Beauftragten für die Stasi-Unterlagen Gauck schon bei der letzten Bundespräsidentenwahl vor 20 Monaten vorgeschlagen hatten. "Gauck ist der richtige Präsident zur richtigen Zeit", sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Er wisse sehr wohl, dass Gauck kein Sozialdemokrat sei und er sei sicher, dass sich viele an dem Präsidenten reiben würden. Trotzdem habe seine Partei ihn schon bei der letzten Wahl für den geeigneten Kandidaten gehalten, der nun in großer Unabhängigkeit agieren werde.

Joachim Gauck (2.v.l), neu gewählter Bundespräsidenten, nimmt bei der Bundesversammlung im Reichstag in Berlin die Glückwünsche vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier entgegen. Foto: dpa
SPD-Fraktionschef Steinmeier gratuliertBild: picture-alliance/dpa

Auch der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Jürgen Trittin, sieht Meinungsverschiedenheiten zwischen dem neuen Bundespräsidenten und seiner Partei voraus. Er freue sich aber darauf, dass man mit Gauck argumentativ streiten könne. Er sei nun mal Präsident und nicht König, sagte Trittin und fügte hinzu: "Wenn man Präsident der Bundesrepublik Deutschland ist, dann wird man nicht allen nach dem Munde reden können."

Zurückhaltung bei der Linken

Lediglich bei der Linken war man zurückhaltend. Die Partei hatte mit Beate Klarsfeld eine eigene Kandidatin aufgestellt, die bei der Wahl in der Bundesversammlung 126 Stimmen erhielt, drei mehr als die Linksfraktion Wahlleute hatte. Parteichefin Gesine Lötzsch äußerte die Erwartung, dass Gauck in seinem neuen Amt vieles hinzulernen und seine Ansichten teilweise ändern werde. Auch sie zollte ihm aber Hochachtung dafür, dass er ihre Fraktion besucht habe, um sich mit den Abgeordneten der Linken auszutauschen. Damit habe er sich von denen unterschieden, die ihn vorgeschlagen hätten und die die Kandidatin der Linken nicht zu einem Gespräch empfangen hatten.

Beate Klarsfeld zwischen dem Linken-Fraktionschef Gregors Gysi, links, und Parteichefin Gesine Lötzsch, rechts im Bild. Foto: Reuters
Die Kandidatin der Linken Klarsfeld zwischen Fraktionschef Gysi und Parteichefin LötzschBild: Reuters

Glückwünsche aus den Religionsgemeinschaften

Auch Vertreter der Kirchen in Deutschland zeigten sich erfreut über die Wahl des evangelischen Theologen Joachim Gauck zum Bundespräsidenten. Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) erklärte, er freue sich auf neue Impulse. Nach den Auseinandersetzungen um das Amt des Bundespräsidenten unter Gaucks Vorgängern sei die Sehnsucht nach einer Persönlichkeit groß, die das Amt wieder in ruhige Fahrwasser geleite, so der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider in einem Schreiben an Gauck. "Gottes Segen möge Sie leiten und begleiten, heute und an allen Tagen Ihres Lebens", heißt es in dem Brief der EKD.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, bescheinigte Gauck "hohe Glaubwürdigkeit und breite Akzeptanz durch die Menschen". Er zeigte sich überzeugt, dass ihm seine besondere Fähigkeit, den Menschen nahe zu sein, in seinem neuen Amt helfen werde.

Auch der Koordinationsrat der Muslime gratulierte dem neuen Staatsoberhaupt zu seiner Wahl und drückte die Erwartung aus, dass er für die Akzeptanz und Anerkennung des Islam und der Muslime in Deutschland eine förderliche Rolle spielen werde. Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, sagte, er wünsche sich, dass Gauck sich gegen Rassismus und Antisemitismus einsetze.

Erste Interviews nach der Wahl

Gauck selbst äußerte sich nach seiner Wahl in Fernseh-Interviews. Dabei dämpfte er Erwartungen an seine Präsidentschaft. Er sei kein Heilsbringer, sagte er in einem Interview mit dem Fernsehsender ntv. "Die Öffentlichkeit muss mich so nehmen, wie ich bin. Ich bin ein Typ mit Ecken und Kanten."

Joachim Gauck, Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten, winkt am Sonntag (18.03.2012) während der Bundesversammlung von einem Balkon auf der Ostseite des Reichstages in Berlin zu den Schaulustigen zu. Foto:dpa/lbn
Bundespräsident Joachim Gauck grüßt in Berlin die BürgerBild: picture-alliance/dpa

In der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" sagte Gauck, er sei sehr glücklich über das Wahlergebnis und stolz, dass er der erste Präsident aus Ostdeutschland sei. Er sei auch nicht enttäuscht, dass er nicht alle Stimmen aus den Fraktionen bekommen habe, die ihn vorgeschlagen hatten. Eine noch größere Mehrheit hätte die Bundesversammlung in die Nähe von DDR-Wahlen gerückt. Der Bundespräsident kündigte an, dass er seine erste Reise nach Polen machen werde. Dort werde er wegen seiner Freiheitsliebe manchmal schneller verstanden als in Deutschland. "Unsere polnischen Nachbarn haben ein starkes Sensorium für Freiheit", sagte er.

Gauck wehrte sich gegen Vorwürfe, sein Freiheitsbegriff sei eingeengt und er blende soziale Probleme aus. Für ihn bedeute Freiheit auch Verantwortung und daraus entwickle sich die Sozialstaatsverpflichtung. Die soziale Gerechtigkeit spiele für ihn eine große Rolle. Schließlich stehe in der Verfassung, dass die Bundesrepublik ein sozialer Rechtsstaat sei.

Viele politische Fragen wollte Gauck in seinen ersten Äußerungen nach der Wahl nicht beantworten. Stattdessen verwies er auf die Rede, die er bei seiner Vereidigung im Bundestag am kommenden Freitag halten werde. Dort werde er Stellung beziehen.