Studierende in Deutschland werden immer unpolitischer – das ist das Ergebnis einer Studie der Universität Konstanz. Woran liegt das? Und was ist diesen jungen Menschen heute wirklich wichtig?
Studierende in Deutschland sind inzwischen eher unpolitisch. Das zeigen Befragungen, die von der Universität Konstanz seit Anfang der 1980er Jahre regelmäßig durchgeführt werden. 2001 bezeichneten noch 45 Prozent der Befragten ihr politisches Interesse als sehr stark. 2013 waren es nur noch 32 Prozent. Auch nahmen nur etwa 5000 Studierende an der letzten Befragung teil – so wenige wie noch nie. „Es gibt […] eine gewisse Umfragemüdigkeit“, meint Michael Ramm, Soziologe an der Universität Konstanz und verantwortlich für die Studie.
Wer heute studiert, will später vor allem einen sicheren Arbeitsplatz bekommen und gut verdienen. Deshalb sind den Studierenden gute Noten besonders wichtig. Die Befragung zeigt außerdem, dass sich die Studierenden immer mehr auf Privates konzentrieren. „Wenn wir danach fragen, was den Studierenden wichtig ist, dann werden Familie und Freundeskreis fast immer an erster Stelle genannt“, sagt Michael Ramm. Das Interesse für Politik ist zweitrangig.
Die Studentin Isabella Albert ist selbst politisch aktiv. Sie kennt das Problem, Studierende für hochschulpolitische Aufgaben zu begeistern. „Wenn man die Leute im ersten Semester nicht gewinnt, dann wird es sehr schwer“, sagt sie. Denn die meisten Bachelor-Studiengänge haben eine Regelstudienzeit von nur sechs bis sieben Semestern. Danach hat man grundsätzlich keinen Anspruch mehr auf finanzielle Unterstützung durch den Staat.
Isabella Albert erklärt: „Viele Studierende haben Angst, ihr Pensum in der Zeit nicht zu schaffen, und wollen sich deshalb nicht zusätzlich durch politisches oder hochschulpolitisches Engagement binden.“ Die Studentin wünscht sich mehr Unterstützung von der Universität: Die Hochschulen sollten die Erstsemester stärker dazu auffordern, mitzumachen. Außerdem sollte es ihrer Ansicht nach keine so strengen Konsequenzen haben, wenn ein Studium länger dauert als die Regelstudienzeit.
Glossar
Engagement, -s (n.) – hier: der persönliche Einsatz für etwas, das man wichtig findet
Studie, -n (f.) – eine wissenschaftliche Untersuchung
eher – hier: (im Verhältnis) mehr
Befragung, -en (f.) – eine → Studie, bei der viele Menschen dasselbe gefragt werden
etwas bezeichnen als – etwas nennen; etwas beschreiben als
Soziologe, -n/Soziologin, -nen – jemand, der das Zusammenleben einer Gesellschaft wissenschaftlich untersucht
gewiss – nicht genauer bestimmt
Umfragemüdigkeit (f., nur Singular) – gemeint ist hier: die Tatsache, dass man keine Lust mehr hat, an einer Befragung teilzunehmen
Arbeitsplatz, -plätze (m.) – die berufliche Tätigkeit; der Job
zweitrangig – so, dass etwas nicht das Wichtigste ist
jemanden für etwas begeistern – dafür sorgen, dass jemand etwas toll findet
jemanden gewinnen – dafür sorgen, dass jemand etwas gut findet/bei etwas mitmacht
Studiengang, -gänge (m.) – ein Fach, das man an einer Hochschule studieren kann
Regelstudienzeit, -en (f.) – die Zeit, wie lange man für sein Studium brauchen soll
Anspruch, -sprüche (m.) – hier: das Recht
Pensum, Pensen (n.) – die Menge an Arbeit, die man in einer bestimmten Zeit tun muss
zusätzlich – auch noch; außerdem
sich binden – hier: versprechen, dass man etwas tut; sich festlegen
Erstsemester (nur Plural) – jemand, der im ersten Semester ist/anfängt, zu studieren
streng – hier: hart; stark
Fragen zum Text
1. Welche Aussage steht im Text?
a) 2013 hatten sich nur 32 Prozent der Studierenden an der Umfrage beteiligt.
b) Nur ungefähr 5000 Studenten engagieren sich politisch.
c) 2001 sagten mehr Befragte, dass sie sich für Politik interessieren, als 2013.
2. Wie begründet Michael Ramm die geringe Beteiligung an der Umfrage?
a) Die Studenten hatten keine Lust.
b) Die Studenten hatten sehr wenig Zeit.
c) Die Studenten hatten zu wenig geschlafen.
3. Was passiert, wenn Studenten länger als die Regelstudienzeit studieren?
a) Sie bekommen schlechtere Noten.
b) Sie müssen Gebühren zahlen.
c) Sie werden nicht mehr so einfach vom Staat unterstützt.
4. Wie lautet dieser Satz im Plusquamperfekt? „Es nehmen nur etwa 5000 Studierende an der Umfrage teil.“
a) Es nahmen nur etwa 5000 Studierende an der Umfrage teil.
b) Es haben nur etwa 5000 Studierende an der Umfrage teilgenommen.
c) Es hatten nur etwa 5000 Studierende an der Umfrage teilgenommen.
5. Wie lautet dieser Satz im Perfekt? „Viele Studierende sind vor allem an ihren Freunden interessiert.“
a) Viele Studierende waren vor allem an ihren Freunden interessiert.
b) Viele Studierende sind vor allem an ihren Freunden interessiert gewesen.
c) Viele Studierende waren vor allem an ihren Freunden interessiert gewesen.
Arbeitsauftrag
Was könnten die Hochschulen eurer Meinung nach tun, damit Studierende sich mehr politisch engagieren? Sammelt in Gruppen Ideen und stellt sie dann den anderen vor.