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Zu Gast im Studio: Dr. Kurt Rohrig, Energieforscher

27. August 2010

Kurt Rohrig beschäftigt sich seit 20 Jahren mit der Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen. Er forscht am Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik in Kassel.

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Dr. Kurt Rohrig, Energieforscher (Foto: DW-TV)
Dr. Kurt Rohrig, Energieforscher

DW-TV: Herr Rohrig, das Super-Grid, ein Ökostrom-Netzwerk durch ganz Europa und Nordafrika, ist das eine überteuerte Megaleitung, die zu einem Energiemonopol führt, oder eine clevere Idee?

Kurt Rohrig: Das Super-Grid ist ein ganz wichtiges Stück im Puzzle, das wir aufbauen müssen, um Europa ohne Kohlenstoffe und ohne CO2-Emissionen energetisch versorgen zu können. Wir brauchen in Zukunft einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien und die müssen miteinander vernetzt werden. Da spielt das Super-Grid eine zentrale Rolle.

Dr. Kurt Rohrig, Energieforscher im gespräch bei projekt zukunft (Foto: DW-TV)
Im Gespräch: "Ja, wir können ohne fossile Brennstoffe auskommen."

Können wir denn wirklich ohne fossile Brennstoffe auskommen?

Ja, wir haben das in verschiedenen Studien und Simulationen genau berechnet. Wir haben berechnet, wie viel Transportkapazität, wie viele Stromnetze und wie viel Speicher erforderlich sind, um Lücken zu schließen, wenn ich eine längere Flaute überbrücken muss und wenn - zum Beispiel nachts - die Sonne nicht scheint.

Das ist ja genau das Problem. Wie kann man denn Windenergie beispielsweise verlässlich machen? Anders gefragt, können sie mir garantieren, dass mein Kühlschrank auch funktioniert, wenn Flaute ist?

Wir können bis zu acht Stunden europaweit durch ein starkes Stromnetz ausgleichen. Wenn wir durch Tiefdruckgebiete in Spanien oder Norddeutschland eine Flaute haben, dann wird Strom aus Spanien, der dort vorher in Überschüssen produziert wird, bis nach Deutschland geleitet, oder umgekehrt. Deshalb können wir kleinere oder mittlere Flauten leicht überbrücken. Größere Flauten müssen dann mit Speicherkraftwerken und anderen Medien ausgeglichen werden.

Wie würden sie denn Europa mit Strom versorgen? Was halten sie für ideal?

Für ideal halte ich auf jeden Fall die Windenergie. Der Großteil der Energie wird durch Windenergie gedeckt werden können. Die Windenergieanlagen sind heute von allen erneuerbaren Energien am weitesten entwickelt. Danach kommt die Photovoltaik, die auch wieder wichtige Lücken schließen kann und an dritter Stelle die Biogaserzeugung. Erst dann brauchen wir Netze und Speicher.

Wie teuer wird denn Strom in Zukunft für uns sein, wenn er ökologisch ist und durch so teure Leitungen fließen muss?

Die Leitungen machen auch heute schon einen kleinen Teil vom Strompreis aus. In Zukunft wird es so sein, dass die erneuerbaren Energien immer günstiger werden, weil der Brennstoff nichts kostet. Wind steht zur Verfügung, Solarstrom steht zur Verfügung. Wir müssen nichts dafür bezahlen, wir müssen nur die Geräte, die Aggregate, bezahlen und die werden immer billiger je mehr man davon produziert.

Können sie einen Zeithorizont nennen, wann Europa seinen Bedarf vollständig aus erneuerbaren Energiequellen decken wird?

Wir werden das vielleicht schon Mitte dieses Jahrhunderts erleben. Etwas später oder früher, das sind Prognosen, da scheiden sich die Geister. Wenn aber die jetzigen Ausbaugeschwindigkeiten in einzelnen Ländern so weiter gehen und wenn andere Länder mitziehen, dann werden wir 2050 die Vollversorgung erreichen können.

Kurt Rohrig, ganz herzlichen Dank für ihren Besuch!

Interview: Daniela Levy

Redaktion: Andreas Ziemons